​​​​​​​Pressemitteilungen ​​​​​​ ​

Unsere Pressemitteilungen informieren Sie über aktuelle Ereignisse aus der Universität. Dazu zählen neue Forschungsergebnisse, universitäre Themen und Veranstaltungsankündigungen. Sie wollen regelmäßig über Neuigkeiten aus der Goethe-Universität informiert werden? Abonnieren Sie unsere Pressemitteilungen.

Pressestelle Goethe-Universität

Theodor-W.-Adorno Platz 1
60323 Frankfurt 
presse@uni-frankfurt.de

 

Dez 17 2020
15:12

​Goethe-Universität und Universitätsklinikum rufen vor Weihnachten zu Spenden für Goethe-Corona-Fonds auf

Last-Minute-Geschenk im Shutdown

FRANKFURT. Die Pandemie-Lage ist in diesen Weihnachtstagen so ernst wie nie zuvor. Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt rufen deshalb dazu auf, eine Spende für den Goethe-Corona-Fonds zu verschenken. Bürgerinnen und Bürger können somit ihre Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor Ort unterstützen und Hoffnung auf ein gesünderes und fröhlicheres Jahr 2021 verbreiten. Jede Goethe-Corona-Weihnachtsspende kommt neuen wissenschaftlichen Projekten an Goethe-Universität und Universitätsklinikum zugute. 
 
Unter dem Motto „Aus Forschung wird Gesundheit“ hilft der Corona-Fonds Goethe-Universität und Universitätsklinikum seit Beginn der Pandemie, wirksame Medikamente und Therapien zu erforschen und die Patientenversorgung zu verbessern. Bislang wurden knapp 40 Forschergruppen aus Virologen und Infektiologen, Intensivmedizinern, pharmazeutischen Biologen, Chemikern und Toxikologen unterstützt. Gefördert wurde ebenso die Anschaffung von Geräten für die intensivmedizinische Forschung, Intensivschulungen von Personal sowie die Erforschung der psychischen und sozialen Folgen der Pandemie.
 
Die weihnachtlich gestaltete Spendenurkunde zum Verschenken kann nach dem Spenden auf https://www.goethe-corona-fonds.betterplace.org selbst ausgedruckt werden.
 
Weitere Spendenmöglichkeit:
Spendenkonto: Landesbank Hessen-Thüringen
IBAN: DE95 5005 0000 0001 0064 10
Verwendungszweck: Goethe-Corona-Fonds.

 

Dez 17 2020
11:31

„Forschung Frankfurt“ zum Klimawandel erschienen: Wie Frankfurt weiterhin lebenswert bleiben soll

Die überhitzte Stadt

40,2 °C – mit dieser Temperaturmessung ist die Stadt Frankfurt 2019 zur „heißesten Stadt Hessens“ erklärt worden. Ein wenig erfreulicher Titel, denn er zieht viele Fragen nach sich: Welche Hitzerekorde sind noch zu erwarten? Wie kann man gegensteuern? Und werden die Menschen auf lange Sicht noch in Frankfurt leben wollen?

FRANKFURT. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir in Frankfurt mailändische Verhältnisse bekommen“, sagt die Frankfurter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig im Gespräch mit „Forschung Frankfurt“, dem Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität, dessen aktuelle Ausgabe zum Schwerpunktthema Klimakrise gerade erschienen ist. Doch wie könnte man gegensteuern? Mehr Bäume sind innerstädtisch kaum zu realisieren, wo viele Plätze eine Tiefgarage beherbergen. Gute Ideen müssen her, die Bevölkerung soll von Anfang an einbezogen werden. Der Goethe-Platz im Herzen Frankfurts ist für die Umweltdezernentin eine Art Freilabor, in dem sich Klimaanpassung erproben lässt.

Dass Frankfurt besonders vom Klimawandel betroffen ist, hängt mit der Lage der Stadt am Nordende der Oberrheinischen Tiefebene zusammen. Das Klima ist hier von Natur aus mild, der Jahresniederschlag eher gering. Ausgeprägt sind hochsommerliche Wetterlagen mit hohen Mittel- und Extremtemperaturen und wenig natürlichem Luftaustausch. Dazu nun noch der Klimawandel. „Vom Grün her denken“ ist eine Strategie, die der Umweltdezernentin am Herzen liegt. Pflanzen aus wärmeren und trockeneren Regionen in Frankfurt dürften es künftig leichter haben als die hessische Originalvegetation. „Das sehen wir auch bei den Pflanzen, die auf natürliche Weise nach Frankfurt einwandern“, sagt der Botaniker Prof. Dr. Georg Zizka vom Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität. Zizka kann die Entwicklung der Frankfurter Vegetation über Jahrzehnte zurückverfolgen. Für Jutta Deffner vom ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung nimmt das Thema Mobilität und Verkehr eine besondere Rolle in der Auseinandersetzung mit dem Klima ein. Die Mobilitäts- und Stadtforscherin sucht deshalb nach praxistauglichen Alternativen zu aktuellen Mobilitätsformen und Verkehrsinfrastrukturen.

Wie die Stadt Frankfurt die spezifischen Probleme meistern und sich sogar um eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaanpassung bemühen will, das lesen Sie im Beitrag von Stephan Hübner, der in der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (2/2020) erschienen ist. Die Ausgabe kann von Journalisten kostenlos bestellt werden bei: ott@pvw.uni-frankfurt.de.

Im Web: www.forschung-frankfurt.de.

 

Dez 17 2020
11:05

​Forscher der Universitäten Frankfurt und Tübingen entwickeln erfolgreiche Unterrichtssequenz für das Schulfach Physik

Neues Konzept für den Physik-Unterricht: Stromkreise besser verstehen

Das Thema Elektrizität bereitet vielen Schülerinnen und Schülern im Physikunterricht Schwierigkeiten. Physikdidaktiker der Goethe-Universität und der Universität Tübingen haben ein neues, intuitives Lehrkonzept entwickelt und in einer großen Vergleichsstudie an Schulen getestet. Das Ergebnis: Nicht nur die Schülerinnen und Schüler verstanden elektrische Schaltkreise besser, auch die Lehrkräfte waren mit ihrem Unterricht zufriedener.

FRANKFURT / TÜBINGEN. Ein Leben ohne Elektrizität ist heute kaum mehr vorstellbar. Egal ob Smartphone, Haartrockner oder die Deckenlampe – unsere liebgewonnenen technischen Errungenschaften benötigen Elektrizität. Zwar lernt jedes Kind in der Schule, dass Strom nur bei einem geschlossenen Stromkreis fließen kann, aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen Strom und Spannung? Warum ist eine Steckdose lebensgefährlich, eine einfache Batterie hingegen nicht? Und warum wird eine an eine Mehrfachsteckdose angeschlossene Lampe nicht dunkler, wenn eine zweite Lampe an die Mehrfachsteckdose angeschlossen wird?

Die physikdidaktische Forschung hat gezeigt: Vielen Schülerinnen und Schülern gelingt es nach der 10. Jahrgangsstufe trotz intensiver unterrichtlicher Bemühungen ihrer Lehrkräfte oftmals nicht, grundlegende Fragen zu einfachen Stromkreisen zu beantworten. Vor diesem Hintergrund entwickelte Jan-Philipp Burde, inzwischen Juniorprofessor an der Universität Tübingen, im Rahmen seiner von Prof. Thomas Wilhelm betreuten Promotion an der Goethe-Universität ein innovatives Unterrichtskonzept zu einfachen Stromkreisen, das gezielt an die Alltagserfahrungen der Lernenden anknüpft. Anders als bisherige Ansätze fokussiert das neue Unterrichtskonzept von Anfang an darauf, den Lernenden ein intuitives Verständnis für die elektrische Spannung zu vermitteln. Analog zum Luftdruckunterschied, der z.B. bei einer aufgeblasenen Luftmatratze die Ursache für das Ausströmen der Luft durch das Ventil ist, wird die elektrische Spannung als „elektrischer Druckunterschied“ eingeführt.  Eine Vergleichsstudie mit 790 Schülerinnen und Schülern an Frankfurter Gymnasien zeigte, dass das neue Konzept zu einem deutlich besseren Verständnis elektrischer Stromkreise führt als der traditionelle Physikunterricht. Ferner gaben auch die Lehrkräfte an, das Konzept als wesentliche Verbesserung ihres Unterrichts wahrgenommen zu haben.

Die beiden Forscher aus Frankfurt und Tübingen haben nun eine ausführliche Beschreibung der dem Unterrichtskonzept zugrundeliegenden theoretischen Überlegungen in dem international höchst angesehenen Journal „Physical Review Physics Education Research“ im Rahmen der „Focused Collection: Theory into Design“ veröffentlicht. Für seine Dissertation erhielt Burde von der „Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik“ den „GDCP-Nachwuchspreis“, der jährlich für die beste Dissertation oder Habilitation in der Chemie- und Physikdidaktik im deutschsprachigen Raum vergeben wird. Zum Wintersemester 2019/20 wurde Burde auf eine von der Vector-Stiftung geförderte Juniorprofessur für Didaktik der Physik an die Universität Tübingen berufen. Aufbauend auf seinen Arbeiten hat sich ein grenzüberschreitendes Konsortium bestehend aus den Universitäten Tübingen, Frankfurt, Darmstadt, Dresden, Graz und Wien konstituiert mit dem Ziel, das Unterrichtsthema „einfache Stromkreise“ durch einen höheren Alltagsbezug interessanter und verständlicher zu gestalten. Um die oftmals beklagte Kluft zwischen Praxis und Forschung zu überwinden, richtete der Tübinger Forscher zudem die Internetseite www.einfache-elehre.de ein, auf der Lehrkräfte sich das Unterrichtskonzept kostenfrei herunterladen können.


Publikationen:
Jan-Philipp Burde and Thomas Wilhelm (2020). Teaching electric circuits with a focus on potential differences. In: Phys. Rev. Phys. Educ. Res. 16, 020153, DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevPhysEducRes.16.020153
Jan-Philipp Burde (2018): Konzeption und Evaluation eines Unterrichtskonzepts zu einfachen Stromkreisen auf Basis des Elektronengasmodells. Studien zum Physik- und Chemielernen, Band 259, Logos-Verlag, Berlin, ISBN: 978-3-8325-4726-4, http://doi.org/10.30819/4726


Bilder zum Download:

http://www.uni-frankfurt.de/95652331
Bildtext: Unterrichtskonzept: Eine Batterie erzeugt einen elektrischen Druckunterschied (links), der bei Anschluss eines Lämpchens zu einem elektrischen Strom durch dieses führt (rechts). Grafik: Jan-Philipp Burde, Universität Tübingen

http://www.uni-frankfurt.de/95652319
Bildtext: Jun.-Prof. Dr. Jan-Philipp Burde, Universität Tübingen. Foto: Friedhelm Albrecht für Universität Tübingen

http://www.uni-frankfurt.de/95652342
Bildtext: Prof. Dr. Thomas Wilhelm, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: Felix Richter


Weitere Informationen:
Prof. Dr. Thomas Wilhelm
Geschäftsführender Direktor
Institut für Didaktik der Physik
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: +49 69 798-47845
wilhelm@physik.uni-frankfurt.de

Prof. Dr. Jan-Philipp Burde
Juniorprofessor
AG Didaktik der Physik
Universität Tübingen
Tel.: +49 7071 29 78651
jan-philipp.burde@uni-tuebingen.de

 

Dez 16 2020
16:29

​Wissenschaftsmagazin „Forschung Frankfurt“ der Goethe-Universität zum Thema Klimawandel erschienen – Erfindung von Horst Schmidt-Böcking soll Ökostrom in Tagebauseen speichern

Unterwasser-Stromspeicher fürs Hambacher Loch

Bevor nach dem Ende des Braunkohletagebaus aus den riesigen Gruben Seen werden, könnten auf ihrem Grund Pumpspeicherkraftwerke installiert werden. Die Idee: Zwischenspeicher für Sonnen- und Windstrom zu schaffen, etwa im Hambacher Loch in Nordrhein-Westfalen. Wie es zu diesem Projekt kam, berichtet die aktuelle Ausgabe von Forschung Frankfurt. Unter dem Titel „Klimakrise“ versammelt das Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität ein facettenreiches Spektrum von Forschungsprojekten, Einschätzungen und Analysen von Forscherinnen und Forschern der Goethe-Universität. Das Heft ist online verfügbar unter www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de und kann (für Journalisten kostenfrei) bestellt werden über ott@pvw.uni-frankfurt.de.
 
FRANKFURT. Wenn ab 2038 Schluss sein wird mit dem Tagebau Hambach in Nordrhein-Westfalen, wird das Hambacher Loch geflutet werden und ein großer See entstehen. Geht es nach Horst Schmidt-Böcking, emeritierter Professor der Goethe-Universität, und seinem Saarbrücker Kollegen Gerhard Luther, soll dann auf dem Grund des Sees ein Unterwasser-Pumpspeicherkraftwerk überschüssige Sonnen- und Windenergie zwischenspeichern. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Hohlkugeln auf dem Grund des Sees werden über elektrische Pumpen leergepumpt, wenn gerade zu viel Strom aus Wind und Sonne erzeugt wird. Bei Flaute oder nachts lässt man Wasser in die Hohlkugeln strömen und dabei Turbinen antreiben, die wieder Strom erzeugen. Bei entsprechender Größe könnte so Deutschlands gesamter Kurzspeicherbedarf für erneuerbare Energien gedeckt werden – und man könnte viel klimaschädliches CO2 einsparen.
 
In weiteren Beiträgen der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität über ihre Forschungsprojekte rund um den Klimawandel, wie zum Beispiel die knappe Ressource Wasser bereits heute als Waffe in Konflikten eingesetzt wird, wie der Klimawandel zum dramatischen Artenschwund beiträgt oder wie Klimamodelle von Warmzeiten der Erdgeschichte präzisere Voraussagen unserer Klimazukunft erlauben. Sie gehen aber auch der Frage nach, warum es uns so schwerfällt, unsere Lebensweise zu verändern.
 
Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (2/2020) kann von Journalisten kostenlos bestellt werden bei: ott@pvw.uni-frankfurt.de.
 
Alle Beiträge sind online erhältlich unter: www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de

 
Weitere Informationen

Prof. em. Dr. Horst Schmidt-Böcking
über

Dr. Markus Bernards
Wissenschaftskommunikation

Goethe-Universität Frankfurt

Tel. 069 798-12498

bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Dez 16 2020
13:53

​Katharina Hoppe wird mit dem Cornelia Goethe Preis 2020 für ihre Dissertation zum Gesamtwerk Donna Haraways ausgezeichnet.

Mit Donna Haraway durch die Krise(n)

FRANKFURT. Den diesjährigen Cornelia Goethe Preis für herausragende wissenschaftliche Forschung im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung erhält Dr. Katharina Hoppe für ihre Dissertation „Die Kraft der Revision. Epistemologie, Politik und Ethik im Werk Donna Haraways“. Sie legt mit ihrer Dissertation nicht nur die erste Monographie vor, die einen Überblick über das Gesamtwerk einer der interessantesten Theoretiker*innen der Gegenwart liefert. Sie zeigt außerdem eindrücklich die Aktualität ihrer Arbeiten am Beispiel zeitgenössischer Krisen.

Dr. Katharina Hoppe ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihre Dissertation lotet die Potentiale der Theoriebildung der Biologin und feministischen Theoretikerin Donna Haraway aus. Haraways Werk ist derzeit von besonderer Bedeutung, weil sie innovative Zugänge zur Auseinandersetzung mit den großen Krisen unserer Zeit anbietet. Die Arbeit zeigt auf, dass es einer anti-zynischen und anti-apokalyptischen Haltung bedarf, um Wahrheit angesichts der Rede vom post-faktischen Zeitalter zu verteidigen und in Anbetracht des nahenden Klimakollapses handlungsfähig zu bleiben. Aktuell beschäftigt sich Katharina Hoppe mit feministischen und soziologischen Perspektiven auf Abhängigkeitsverhältnisse. Sie verfolgt die These, dass gegenwärtige Krisendynamiken, besonders die ökologische Krise, aber auch die Covid-19 Pandemie im Kern auf verleugnete Abhängigkeiten verweisen, die in Krisenzuspitzungen schlagartig sicht- und spürbar werden. Im Juni 2021 erscheint Hoppes Dissertation als Buch im Campus-Verlag.

Der Cornelia Goethe Preis wurde dieses Jahr zum 15. Mal durch den Förderkreis des Cornelia Goethe Centrums vergeben und ist mit 2000 Euro dotiert. Ausgezeichnet wird eine hervorragende wissenschaftliche Leistung, die die Bedeutungen der Geschlechterverhältnisse, die symbolischen Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit oder die erkenntniskritische Perspektive der Frauen- und Geschlechterforschung in der Wissenschaft reflektiert und neue Denkanstöße gibt.
 

Kontakt
Katharina Hoppe
Tel. (69) 798-36704
k.hoppe@em.uni-frankfurt.de

Cornelia Goethe Centrum für Frauenstudien und die Erforschung der Geschlechterverhältnisse
Tel. (069) 798-35100; cgcentrum@soz.uni-frankfurt.de

 

Dez 16 2020
12:40

Die indische Schriftstellerin ist virtuell zu Gast in der Vorlesungsreihe In Transit|ion.

Arundhati Roy liest an der Goethe-Universität

FRANKFURT. Am 22. Januar wird die indische Schriftstellerin Arundhati Roy in der renommierten „In Transit|ion“ -Vorlesungsreihe der Goethe-Universität Frankfurt zu Gast sein. Die Reihe ist ein internationales und transdisziplinäres Angebot des Instituts für England- und Amerikastudien der Goethe-Universität Frankfurt. In der
 
Zoom-Veranstaltung „The Syntax of Everyday Injustice“ am 22.01.2021
10:00h – 12:00h CET (Central European Time) | 

14:30h – 16:30h IST (India Standard Time)
 
wird Roy aus ihrem neuen Werk lesen, welches dann auch die Basis für das anschließende Gespräch bildet, das von Dr. Pavan Malreddy, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für England- und Amerikastudien, moderiert wird. Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

Arundhati Roy ist Autorin des 1997 veröffentlichten, preisgekrönten Bestsellers „Der Gott der kleinen Dinge“, in dem sie die Beziehungen zwischen Kastensystem, Klassengesellschaft, Kapitalismus und Imperialismus thematisiert. In den Jahren zwischen der Veröffentlichung ihres ersten und zweiten, von der Kritik gelobten Romans, der zwei Jahrzehnte später erschien, schrieb sie vor allem literarische und politische Essays und konfrontierte die indische Gesellschaft zu unterschiedlichen Themen: religiöse Verfolgung, wirtschaftliche Ungleichheiten, Kasten- und Klassenhierarchien, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und die damit einhergehende Enteignung von Kleinbauern unter dem Deckmantel der Entwicklung.

Ihr umfangreiches non-fiktionales Werk – „Die Politik der Macht“, „Aus dem Workshop der Demokratie“ unter anderen – sowie ihr zweiter Roman „Das Ministerium des äußersten Glücks“ legen dar, wie Kapitalismus und Privatisierungen die Demokratie unterminieren, die Umwelt zerstören und den Klimawandel unumkehrbar vorantreiben. Sowohl ihre Romane als auch ihr non-fiktionales Werk sind Inhalt lebendiger, zum Teil hitziger, wissenschaftlicher Debatten sowohl innerhalb als auch außerhalb Indiens. Ihre Werke werden heute in mehr als vierzig Sprachen gelesen.

Roy ist eine fortwährende Kritikerin von Kommunalismus und Majoritarismus in der indischen Politik. Ihr prägnante Analyse des Graswurzelfaschismus und des ideologischen Nährbodens den dieser bedarf, um in der indischen Gesellschaft und andernorts zu gedeihen, bildet die Grundlage für ihr jüngstes Werk „Azadi – Freedom, Fascism, Fiction“ (2020).
 
Die Vorlesungsreihe „In Transit|ion – Frankfurt Lectures in Literary and Cultural Studies“ ist ein internationales und transdisziplinäres Angebot des Instituts für England- und Amerikastudien der Goethe-Universität Frankfurt. Zweimal pro Semester präsentieren führende Wissenschaftler der englischsprachigen Welt ihre neuesten Forschungsergebnisse aus den Bereichen Amerikastudien, Englandstudien und Anglophone Literaturen und Kulturen. Seit sie 2016 ins Leben gerufen wurde, waren Forscher aus international erstklassigen Universitäten in Großbritannien (Oxford, Cambridge), den USA (Columbia, Chicago), Australien (Monash University) und Indien (North Bengal) zu Gast.
 
Bitte melden Sie sich per E-Mail für die Veranstaltung an: pavanmalreddy@protonmail.com
 
Weitere Informationen:
Dr. Pavan Malreddy, Neue Englischsprachige Literaturen und Kulturen (NELK) &
Frankfurt Memory Studies Platform (FMSP), Goethe-Universität Frankfurt am Main. malreddy@em.uni-frankfurt.de; https://www.uni-frankfurt.de/72041247/In_Transition

 

Dez 15 2020
13:25

Neue AIWG-Projektwerkstatt bringt Umweltingenieur und islamische Theologin zusammen

Studierende der Islamischen Theologie und Religionspädagogik als Umweltbotschafter  

An der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft der Goethe-Universität ist im Dezember der Startschuss für die neue Projektwerkstatt „Umweltbildung für den Islamischen Religionsunterricht“ gefallen. Die Projektwerkstatt wird ein zusätzliches Studienmodul entwickeln, das sich an Studierende der Islamischen Theologie und Religionspädagogik richtet und die diese fit machen soll für eine theologisch angebundene Vermittlung von Umweltschutzthemen im Religionsunterricht.

FRANKFURT. Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Im Umweltschutz spielen Religionen mit ihren religiös-kulturellen Werten eine immer wichtigere Rolle. Doch was sagen Islam und Koran zum Umweltschutz? Wie umweltbewusst sind Muslime und Musliminnen hierzulande?

Asmaa El Maaroufi zufolge fehlt es der muslimischen Gesellschaft hierzulande bislang an theologischen Grundgedanken, die den Klimawandel aus umweltethischer Perspektive darlegen. Zudem benötigten muslimische Gemeinschaften Modelle, die zeigen, wie Umweltschutz in der Praxis konkret gelingen kann. El Maaroufi ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster.

Gemeinsam mit Tanju Doğanay, Wirtschaftsingenieur, Manager und Vorstandsvorsitzender im Ehrenamt vom Verein NourEnergy, wird El Maaroufi ein Bildungsformat erarbeiten, das die Lücke zwischen Wissenschaft und Praxis schließen soll. „Wie können wir muslimische Glaubensgemeinschaften für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisieren? Welche Rolle können der Islamische Religionsunterricht und angehende Religionslehrerinnen und -lehrer dabei spielen? Und wie lassen sich mithilfe theologisch-pädagogischer Bildungsmaterialien Umweltschutzkonzepte umsetzen, die ethisch-religiös begründetet sind?“ Das seien nur einige der Fragen, mit denen sich die Projektwerkstatt beschäftigen wird, so El Maaroufi.

Studierende werden zu Multiplikatoren in Sachen Umweltschutz
Die islamische Theologin will in der Projektwerkstatt die Quellen des Islams kritisch zu umweltethischen Fragen untersuchen. Tanju Doğanay bringt seine langjährigen Erfahrungen aus der Praxis in die Projektwerkstatt ein. Sein gemeinnütziger Verein „empowert“ seit zehn Jahren durch Umweltbildung die muslimische Community in Deutschland und international. Hierzu zählen unter anderem Formate wie die Kampagne „RamadanPlasticFast“. Zudem bietet seine Organisation technische Beratung bei der energetischen Aufwertung von Moscheen, um auch bei der Gebäudenutzung einen positiven Beitrag zu leisten, wie zum Beispiel durch den Einsatz von Solaranlagen.

In der auf ein Jahr angelegten Projektwerkstatt wollen die Wissenschaftlerin und der Praktiker einen Kurs für Studierende der Islamischen Theologie und Religionspädagogik entwickeln. Dieser soll den Studierenden Grundlagen zu Umweltbildung und zu islamisch-theologischen Umweltkonzepten vermitteln. Zugleich erproben die Studierenden im Kurs das Erlernte in der Praxis. Das vermittelte Wissen, die erlernten Fähigkeiten und Kompetenzen können die Teilnehmenden später im Religionsunterricht, in Moscheen und in anderen Einrichtungen einsetzen.

„Noch vor zehn Jahren schien in der muslimischen Community in Deutschland weder die Brisanz der Umweltkrise noch die Relevanz des Umweltschutzes aus islamischer Sicht besonders verbreitet zu sein. Die eigene Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass sich ein Wandel vollzieht. Immer mehr Akteurinnen und Akteure der muslimischen Zivilgesellschaft, einschließlich Moscheen, organisieren Vorträge und Events zum Thema Umweltschutz. Neben der Bildungsarbeit sind Praxisbeispiele vonnöten. Für diesen Prozess sind Personen notwendig, die den religiös-kulturellen Kontext kennen und zielgruppenspezifisch kommunizieren können. Wirkungsräume sind unter anderem Moscheen und Religionsunterrichte, weshalb hierbei den Studierenden eine wichtige Rolle zu kommt“, berichtet Doğanay.

Über die Projektverantwortlichen:
Asmaa El Maaroufi ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Systematische Islamische Theologie, Islamische Philosophie und Mystik des Zentrums für Islamische Theologie in Münster. Sie wurde 2020 im Fach Islamische Theologie zum Thema „Ethik des Mitseins. Grundzüge einer islamischen Tierethik“ promoviert. Aktuell beschäftigt sie sich als Postdoktorandin mit Fragen zur Ethik in der islamischen Geistesgeschichte, insbesondere aber mit praktischen (sozial-, bio-, umweltethischen) Fragstellungen.

Tanju Doğanay hat Wirtschaftsingenieurwesen in Darmstadt studiert und arbeitet seit knapp zehn Jahren als Manager in der Industrie- und Immobilienbranche. Er gründete 2010 die Organisation für Umweltschutz NourEnergy e. V. Dort berät er unterem anderem Moscheen im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele und unterstützt entsprechende Vorhaben mit Kampagnen und Konzepten.

Über die AIWG-Projektwerkstätten:
Die AIWG Projektwerkstätten ermöglichen Angehörigen der islamisch-theologischen Studien gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern oder Akteuren und Akteurinnen aus der Praxis Vorhaben über einen Zeitraum von zwölf Monaten umzusetzen. Damit können die Forschenden größere wissenschaftliche Projekte, Publikationen oder Partnerschaften anstoßen. Die einjährigen Vorhaben werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.

Über die AIWG:
Die AIWG ist eine universitäre Plattform für Forschung und Transfer in islamisch-theologischen Fach- und Gesellschaftsfragen. Sie ermöglicht überregionale Kooperationen und Austausch zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der islamisch-theologischen Studien und benachbarter Fächer sowie Akteuren und Akteurnnen aus der muslimischen Zivilgesellschaft und weiteren gesellschaftlichen Bereichen. Die AIWG wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und durch die Stiftung Mercator.


Weitere Informationen
Stefanie Golla 
Koordinatorin Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit 
Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft
Goethe-Universität
Telefon 069 79822-459
E-Mail golla@aiwg.de
Homepage https://aiwg.de/

 

Dez 14 2020
09:57

​Universitätsbibliothek erwirbt das allererste in Frankfurt am Main gedruckte Buch.

Latein lernen mit Tricktrack – vor 500 Jahren

FRANKFURT. Die Frankfurter Universitätsbibliothek konnte jetzt das allererste in Frankfurt am Main gedruckte Buch erwerben: Der „Ludus studentum Friburgensium“ des Franziskanermönchs Thomas Murner von 1511 galt bislang als empfindliche Lücke in der hiesigen Sammlung Frankfurter Drucke. Die Unterstützung der „Freunde der Universitätsbibliothek“ machte den antiquarischen Kauf möglich.

Johannes Gutenberg erfand in Mainz um 1450 den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Erst über 50 Jahre später entstand in Frankfurt am Main die erste Druckerei – reichlich spät, sollte man denken. Der Grund dafür könnte in der unmittelbaren Nachbarschaft zu Mainz liegen, das seit Gutenbergs Erfindung der „Schwarzen Kunst“ eine führende Rolle im Buchdruck einnahm. Somit gab es für Druckereien und Verlage in Frankfurt im 15. und frühen 16. Jahrhundert wohl noch keinen Bedarf.


Die Situation änderte sich erst, als 1511 der aus dem Elsass stammende Franziskaner Thomas Murner (1475 ‒ 1537) nach Frankfurt kam und für rund zwei Jahre im dortigen Franziskanerkloster lebte. Das Kloster befand sich da, wo heute die Paulskirche steht. Murner war Doktor der Theologie und Rechtswissenschaft, Humanist, Satiriker und ein leidenschaftlicher Gegner Martin Luthers. Mit ihm kam sein jüngerer Bruder, der Buchdrucker Beatus Murner nach Frankfurt. In dessen Druckerei entstanden in den Jahren 1511 und 1512 die ersten neun nachweislich in Frankfurt gedruckten Bücher. Verfasser ist jeweils, mit einer Ausnahme, Thomas Murner. Dabei handelt es sich allerdings nicht um umfangreiche Werke, sondern eher um kleine Broschüren.

Das allererste dieser neun Bücher ist der 1511 erschienene „Ludus studentum Friburgensium“, ein Lehrbuch für lateinische Prosodie und Metrik. Thomas Murner erhoffte sich, aufbauend auf Erfahrungen an der Freiburger Universität, dass die Studenten mit Hilfe von Spielen Elemente der lateinischen Silben- und Verslehre auswendig lernen. Bei diesen Spielen handelt es sich u.a. um ein Radspiel, Schach und Tricktrack, den Vorgänger von Backgammon. Enthalten sind acht Holzschnitte, darunter zwei, die sich aufklappen lassen, und einer mit einem drehbaren Rad, einer sogenannten Volvelle.

Im Altbestand der Frankfurter Stadtbibliothek, der sich heute als städtische Dauerleihgabe in der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg befindet, waren bislang lediglich sechs der neun Frankfurter Murner-Drucke vorhanden. Glücklicherweise konnte die Bibliothek jetzt den „Ludus studentum Friburgensium“ mit Unterstützung der Freunde der UB erwerben. Er stellt eine sehr wertvolle Ergänzung und Bereicherung des Bestands dar.
 
Das höchst seltene Büchlein wurde komplett digitalisiert:
http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/inc/content/titleinfo/11109108  
 
Information: Dr. Bernhard Tönnies, Abteilung Handschriften und Inkunabeln, Universitätsbibliothek J. C. Senckenberg, Bockenheimer Landstraße 134-138, 60325 Frankfurt am Main, Tel: +49 (69) 798 39236, E-Mail: b.toennies@ub.uni-frankfurt.de
 
Kontakt für Pressefragen allgemein:
Bernhard Wirth, Stabsstelle Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit der Bibliothek, Tel. +49 (69) 798 39223; Mail: pr-team@ub.uni-frankfurt.de  

 

Dez 11 2020
11:47

​Internationales Forscherteam entdeckt Verschiebungen bei kleinen regulatorischen RNAs

tRNA-Fragmente sind an Immunreaktion nach Schlaganfall beteiligt

Ein Schlaganfall ist ein gravierender Eingriff in das körperliche Gleichgewicht (Homöostase). Unter anderem löst das Immunsystem eine Entzündungsreaktion aus, die in eine Immunschwäche umschlagen kann. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Goethe-Universität konnte jetzt erstmals zeigen, dass in dieser Immunantwort tRNA-Fragmente eine Rolle spielen. Fragmente von tRNAs, die während der Proteinsynthese Aminosäuren transportieren („transfer RNA“), galten lange nur als Abfallprodukte in der Zelle. Ziel der Untersuchungen ist es, neue Zielstrukturen für Therapeutika zu finden.

FRANKFURT. Dr. Sebastian Lobentanzer untersucht an der Goethe-Universität schon länger die Dynamik kleiner RNAs in verschiedenen Kontexten mit Methoden der Bioinformatik. Die kleinen RNAs sind in jüngster Zeit vor allem wegen ihrer regulatorischen Eigenschaften für die Forscher immer interessanter geworden. Um ihre Funktion im Schlaganfall zu ergründen, untersuchte Lobentanzer zusammen mit Katarzyna Winek von der Hebrew University, Jerusalem, microRNAs und tRNA-Fragmente aus dem Blut von Schlaganfall-Patienten, die an einer Studie der Charité Berlin teilnahmen. „Bei tRNA-Fragmenten, die man bisher lediglich für Abfallprodukte der Aminosäure transportierenden tRNAs gehalten hat, mehren sich seit kurzem Hinweise auf eine biologische Funktion. Das hat uns natürlich interessiert“, erklärt der Pharmakologe.

Die Idee zu diesem internationalen Kooperationsprojekt hatten Hermona Soreq (Hebrew University of Jerusalem) und Andreas Meisel (Charité Berlin). Beide erforschen gemeinsam, mit Unterstützung der Einstein-Stiftung Berlin, die Rolle der kleinen RNAs bei der Regulation bestimmter Signalwege in Blutzellen von Schlaganfallpatienten. In der Konzeption und Auswertung der Studie waren Katarzyna Winek am Edmond and Lily Safra Center of Brain Science (Hebrew University) und Sebastian Lobentanzer vom Institut für Pharmakologie und Klinische Pharmazie (AK Jochen Klein) an der Goethe-Universität federführend.

Tatsächlich konnte das internationale Forscherteam erstmals zeigen, dass tRNA-Fragmente in Monozyten an der Immunantwort nach einem Schlaganfall beteiligt sind. „Es könnte - vereinfacht gesagt - zu einer 'Wachablösung' kommen, bei der die tRNA-Fragmente die microRNAs in den Monozyten ersetzen“, erklärt Lobentanzer. „Bioinformatische Netzwerkanalysen zeigen, dass die beiden kleinen RNA-Spezies höchst unterschiedliche Rollen in der Immunregulation einnehmen, und deshalb an der Homöostase beteiligt sein könnten.“ Langfristig wollen die Forscher Therapeutika finden, die in diese Vorgänge regulierend eingreifen können. Denn wenn sich der Status der Immunität eines jeden Patienten nach einem Schlaganfall individuell bestimmen ließe, könnte man viele Komplikationen vermeiden.

 
Publikation: Katarzyna Winek, Sebastian Lobentanzer, Bettina Nadorp, Serafima Dubnov, Claudia Dames, Sandra Jagdmann, Gilli Moshitzky, Benjamin Hotter, Christian Meisel, David S Greenberg, Sagiv Shifman, Jochen Klein, Shani Shenhar-Tsarfaty, Andreas Meisel, Hermona Soreq: Transfer RNA fragments replace microRNA regulators of the cholinergic post-stroke immune blockade. PNAS https://doi.org/10.1073/pnas.2013542117

Weitere Informationen
Dr. Sebastian Lobentanzer,
Institut für Pharmakologie und klinische Pharmazie
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: +49 69 798-29370
lobentanzer@em.uni-frankfurt.de

 

Dez 11 2020
10:44

​Wirtschaftsinformatiker der Goethe-Universität untersuchen Einflussfaktoren auf die Bereitschaft, die Warn-App zu installieren

„Es gibt viel Halbwissen über die Corona-Warn-App“

Mehr als die Hälfte aller Deutschen ist laut Umfragen bereit, die deutsche Corona-Warn-App anzuwenden. Aber nur rund knapp ein Viertel der Bevölkerung hat die App auch installiert. Von welchen Faktoren es abhängt, ob Bürgerinnen und Bürger die Warn-App ablehnen, befürworten oder tatsächlich installieren, hat nun ein Team von Wirtschaftsinformatikern an der Goethe-Universität untersucht.

FRANKFURT. Die Corona-Warn-App der Bundesregierung hat Sympathie in der deutschen Bevölkerung: Rund 55 Prozent der Bürgerinnen und Bürger geben laut einer Studie der Goethe-Universität an, dass sie grundsätzlich bereit seien, die App zu installieren. Diese Sympathie motiviert aber nicht unbedingt zum Handeln: Nur 23 Prozent der möglichen Nutzerinnen und Nutzer haben die Warn-App aktuellen Downloads zufolge in der Anwendung.

Zwei Faktoren beeinflussen die Einstellung zur deutschen Corona-Warn-App und den Entschluss, sie zu installieren: die Lebenssituation der Befragten und ihr Wissen über die App. Dies hat nun eine repräsentative Umfrage unter mehr als 1.000 Teilnehmern unter der Leitung des Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Dr. Oliver Hinz an der Goethe-Universität ergeben. Grundsätzlich bereit, die Warn-App zu installieren, sind etwa Menschen, die einer Risiko-Gruppe angehören (ca. 80 Prozent), häufig mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind (ca. 40 Prozent) oder die Einkäufe der Familie erledigen (ca. 73 Prozent). Auch wenn Familienangehörige und Freunde die App befürworten, steigert sich der App-Sympathie-Wert eines Probanden um den Faktor vier. Wer allerdings meint, das SARS-CoV-2-Virus könne ihm nichts anhaben, die Krankheit sei „wenig greifbar und wenig real“, ist auch nicht bereit, die App zu installieren.

Große Unsicherheit besteht in Bezug auf das gesicherte Wissen über die Warn-App, so ein Resultat der noch unveröffentlichten Studie. Dies gilt auch für Probanden, die gegenüber der App positiv eingestellt sind: Die Befragten wussten nicht, ob bei der Kontaktverfolgung GPS eingesetzt wird, ob sie zum Teilen eines positiven Testergebnisses verpflichtet sind oder ob ihre Daten auch für andere Zwecke verwendet werden können.

Wer darüber hinaus glaubt, die Corona-Warn-App diene der Kontrolle der Bevölkerung, sie verarbeite nicht nur anonymisierte Daten und greife auf private Daten des Smartphones zu, lehnt die App vermehrt ab. Oft gehen diese falschen Annahmen mit technischen Unkenntnissen einher oder auch mit dem Fehlen eines Geräts, das die technischen Voraussetzungen zur Installation der App erfüllt. Allein die Tatsache, dass die Probanden technisch in der Lage sind, die App zu installieren, erhöht ihre Bereitschaft um nahezu 74 Prozent.

Was hält nun Corona-Warn-App-Befürworter davon ab, ihre Bereitschaft in Handeln umzusetzen? Auch hier spielt das Wissen bzw. Nichtwissen über die App eine entscheidende Rolle. Viele App-Befürworter befürchten, dass die Funktion eine große Menge mobiler Daten verbraucht, sie beim Einhalten von Kontaktverboten oder einer verordneten Quarantäne kontrolliert oder ihnen die Kontakte vorschreibt, die sie im Fall eines positiven Tests informieren müssen.

Führt also mehr Information über die Warn-App zu einer größeren Akzeptanz und mehr tatsächlichen Anwendungen? Diese Annahme haben die Wissenschaftler selbst überprüft: Dazu führten sie Probanden, die die App ablehnen, 1- bis 2-minütige Info-Videos über die Warn-App vor. Ob die Clips nun über Datenschutzbedenken aufklärten, die Benutzung der App erläuterten oder an den emotionalen Zusammenhalt während der Pandemie appellierten – nach Ansicht der Videos änderte knapp ein Drittel der Probanden seine Einstellung zur App dahingehend, dass sie die Corona-App installieren wollten.  

„Es gibt viel Halbwissen über die App“, sagt Wissenschaftliche Mitarbeiterin Valerie Carl. „Die Ergebnisse unserer Studie legen es nahe, dass eine weitere Informationskampagne der Bundesregierung die Bereitschaft für die Warn-App erhöhen könnte. Dabei sollte auch gezielt auf die Missverständnisse und Falschannahmen eingegangen werden, die viele davon abhält, die App zu nutzen.“

Dem Forschungsteam um den Wirtschaftsinformatiker und Informationsmanager Prof. Dr. Oliver Hinz gehörten Cristina Mihale-Wilson und K. Valerie Carl an.

 
Weitere Informationen
Prof. Dr. Oliver Hinz
Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement
Telefon 069/798-34675
E-Mail: hinz@wiwi.uni-frankfurt.de

Cristina Mihale-Wilson
E-Mail: mihale-wilson@wiwi.uni-frankfurt.de
Goethe-Universität

K. Valerie Carl
E-Mail: kcarl@wiwi.uni-frankfurt.de
Goethe-Universität

 

Dez 11 2020
09:42

Einsatz für die Campus-Station: Universitätspräsidentin Birgitta Wolff, der stellvertretende AStA-Vorsitzende Sebastian Heidrich sowie 11.326 Unterstützende einer U4-Petition

U-Bahnlinie U4: Anbindung des Campus Westend verkehrspolitisches Muss

FRANKFURT. Das Präsidium der Goethe-Universität und der AStA begrüßen die gegenwärtig vom Verkehrsdezernat initiierten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und Umweltverträglichkeitsprüfung für eine unterirdische Linienführung der verlängerten U-Bahn-Linie U4 über den Campus Westend: „Wir sind überzeugt, dass sich die Linienführung über den Campus Westend trotz Mehrkosten letztlich als eine der wirtschaftlichsten Varianten herausstellen wird“, sagt die Präsidentin der Goethe-Universität, Prof. Dr. Birgitta Wolff.
 
Angesichts von bis zu 42.000 Personen, die im Jahr 2030 – im Gegensatz zu heute etwa 30.000 Personen – den stetig weiterwachsenden Campus Westend täglich besuchen werden, ist eine Streckenvariante unter Einschließung des Campus Westend verkehrspolitisch absolut geboten“. Zu diesen und weiteren Ergebnissen waren Untersuchungen des Verkehrswissenschaftlers Prof. Dr. Martin Lanzendorf gekommen. Dossier zum Download unter:
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/wp-content/uploads/2019/03/PraesentationU4-2_nl.pdf
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/wp-content/uploads/2019/03/GU-Factsheet-U.pdf
 
Es sei begrüßenswert, dass Verkehrsdezernent Klaus Oesterling, die Stadt Frankfurt sowie die meisten politischen Fraktionen im Römer die Pläne zum U4-Ausbau mit Campushaltestelle inzwischen unterstützen, so Wolff.
 
Sebastian Heidrich, stellvertretender AStA-Vorsitzender, ergänzt: „Wem es mit der Verkehrswende in Frankfurt ernst ist, der kommt um einen direkten Anschluss des Campus Westend an den Hauptbahnhof nicht herum.“ Der Campus Westend sei trotz seiner Größe heute einer der am schlechtesten erschlossenen Universitätscampi Deutschlands. Heidrich verwies auf die vom AStA initiierte Petition zum U4-Ausbau, die inzwischen 11.326 Unterstützerinnen und Unterstützer aus Universität und Stadtgesellschaft gefunden hat – ein sehr beeindruckendes Votum für die U4-Campushaltestelle.
Link zur Petition: http://chng.it/M4RGkPkPvT

 

Dez 10 2020
12:21

​„JuCo2“: Zweite bundesweite Befragung zum Befinden von Jugendlichen in der Pandemie veröffentlicht

Verlorene Zeit der Corona-Jugend? 

FRANKFURT. Die Erfahrungen der Corona-Pandemie machen jungen Menschen Angst vor der Zukunft. Vor allem junge Erwachsene, die die Schule abgeschlossen haben und nun an der Schwelle zur Berufsausbildung oder zum Studium stehen, sorgen sich um die langfristigen, auch ökonomischen Folgen der Pandemie.
 
Nahezu die Hälfte aller Jugendlichen äußert dies im Rahmen der am 10. Dezember veröffentlichten, zweiten bundesweiten Online-Befragung „JuCo2“: Mehr als 7.000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 30 Jahren gaben Auskunft darüber, welche Konsequenzen die Pandemie für ihren Alltag hat und mit welchen Sorgen sie auf ihr persönliches Leben und die gesellschaftliche Entwicklung blicken. Durchgeführt wurde die Umfrage von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Forschungsverbunds „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ der Goethe-Universität Frankfurt und Stiftung Universität Hildesheim.
 
Anders als bei der ersten Online-Befragung im Frühjahr 2020 beteiligten sich an der Befragung mehr junge Menschen in einer biographischen Übergangssituation: Etwa zwei Drittel der Befragten besuchten zum Zeitpunkt der Befra­gung nicht die Schule, befanden sich in Ausbildung oder im Studium. Rund 10 Prozent der Befragten waren in Freiwilli­gendiensten aktiv. Ein Drittel der jungen Menschen gab an, sich in der Pandemie einsam und belastet zu fühlen; rund 80 Prozent betonen, wie sehr ihnen der Ausgleich zum Lernen durch soziale Kontakte und Freizeitaktivitäten fehle. Auch sprechen sie ihre Ängste vor einer Zukunft ohne Nebenjobs und finanzielle Unterstützung im Studium an.
 
In 1.400 Kommentaren nehmen die Jugendlichen die Gelegenheit wahr, sich mitzuteilen: Manche empfinden das Jahr 2020 als Zeitverschwendung, als ein Jahr im Wartezustand; andere schreiben vom Lernen allein zu Hause, das ihnen „unglaublich schwergefallen“ sei; von belastenden psychischen Problemen in der Familie; wie „emotional ermüdend“ es sei, sich in der Schule ohne ausreichend Abstand unter Vielen bewegen und dabei konzentriert für die nächste Klassenarbeit lernen zu müssen; wie einsam sie ohne ihre Freunde seien und „ohne alles, was Spaß macht“. „Unter diesen Bedingungen den Schulabschluss zu machen, war echt unfassbar hart für mich.“
 
Die Studie macht deutlich: Die geäußerten Ängste führen aber keineswegs dazu, dass die Jugendlichen die Maßnahmen zum Infektionsschutz mehrheitlich ablehnen und nicht bereit sind, sich daran zu halten. Im Gegenteil: Nur zehn Prozent der jungen Menschen äußern Zweifel an den Einschränkungen, mehr als zwei Drittel hält sie für sinnvoll und folgt ihnen. Allerdings wünschen sich die jungen Erwachsenen, dass von ihnen nicht nur erwartet wird, sich zu qualifizieren. Sie fordern auch, dass ihre Bedürfnisse bei politischen Maßnahmen gesehen werden und sie bei der Gestaltung miteinbezogen werden. Fast 65 Prozent der Jugendlichen haben eher nicht oder gar nicht den Eindruck, dass die Sorgen junger Menschen in der Politik gehört werden.
 
Die Jugendlichen haben nämlich – auch das zeigt die Befragung - nicht nur ihre eigene Lebenssituation im Blick: Sie machen sich ebenso Gedanken über die globalen Folgen der Pandemie für die Gesellschaft. Einige berichten aber auch davon, mehr sozialen Zusammenhalt zu erleben und sich bewusst zu werden, wie wichtig Zuwendung für ihre soziale und emotionale Entwicklung sowie ihr Wohlbefinden sei.
 
„Für manche Jugendliche ist das Verwiesen-Sein auf die Familie und den häuslichen Raum ein Geschenk“, sagt Prof. Dr. Sabine Andresen, Familienforscherin an der Goethe-Universität. „Für andere kann die Situation aber sehr belastend sein, vor allem wenn auch für die Eltern das soziale Umfeld wegfällt und Unterstützungsnetzwerke nicht mehr wie bisher funktionieren“.
 
Die Rede von der „Coro­na-Jugend“, für die die Pandemie zu einer „prägenden Erfahrung für die ganze junge Generation“ werden könnte, lehnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Studie jedoch vehement ab. „Wir halten diese Einschätzung für verfrüht, wenn nicht für politisch fatal. Denn noch haben wir es jugendpolitisch in der Hand, ob junge Menschen die Zeit der Corona-Pandemie als verlorene Zeit ansehen werden und ob sie sich als verlorene Jugendzeit in ihre generationale Erfahrung einschreiben wird.“
 
Dem Team des Forschungsverbunds „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ gehören Prof. Dr. Sabine Andresen und Johanna Wilmes vom Institut für Sozialpädagogik und Familienforschung an der Goethe-Universität an sowie Prof. Dr. Wolfgang Schröer, Dr. Tanja Rusack, Dr. Severine Thomas, Anna Lips und Lea Heyer vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim.
 
Der Fragebogen wurde diesmal auch in einfacher Sprache angeboten – diese Variante wurde in der „JuCo 2“-Studie von knapp zehn Prozent der Befragten genutzt.
 
Publikation: https://dx.doi.org/10.18442/163
 
Weitere Informationen
Prof. Dr. Sabine Andresen
Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung
Goethe-Universität
s.andresen@em.uni-frankfurt.de

 

Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachbereiche der Goethe-Universität und das Gymnasium Riedberg haben ihre bereits seit 2013 bestehende Kooperation nun verstetigt. Am gestrigen Mittwoch unterzeichneten dafür der Dekan Prof. Dr. Sven Klimpel und Schulleiter Helmut Kühnberger im Beisein des Schülersprechers André Karavilovski und des Schulelternbeiratsvorsitzenden Dr. Sascha Peter die Kooperationsvereinbarungen. Den Kooperationspartnern war es wichtig, in diesen unruhigen, von der Sars-CoV-2-Pandemie geprägten Zeiten Kontinuität zu gewährleisten und in die Zukunft zu blicken.
 
FRANKFURT. Mit der erneuten Unterzeichnung wird die erfolgreiche Zusammenarbeit beider Institutionen nicht nur fortgesetzt, sondern weiter vertieft und verstetigt. Die Unterzeichnenden betonten dabei das starke beiderseitige Interesse an einer optimalen Vorbereitung der Schüler*innen auf ein mathematisch-naturwissenschaftliches Studium. So können Schüler*innen des Riedberg-Gymnasiums nicht nur die naturwissenschaftlichen Schülerlabore der Universität nutzen, sondern auch an geeigneten Vorlesungen teilnehmen oder sich im Rahmen der Begabtenförderung an ausgewählten Forschungsprojekten beteiligen.
 
„Neben der Breitenförderung liegt uns auch die Begabtenförderung sehr am Herzen“, betonte Kühnberger. „Besonders begabten Jugendlichen bieten wir durch diese Kooperation eine ihren Talenten entsprechende Ausbildung auf höchstem Niveau. Wichtig sei auch, so Kühnberger weiter, die emotionale Seite. „Die vielen sympathischen Professorinnen und Professoren, die mit Begeisterung ihren Beruf ausüben, hinterlassen oft einen tiefen Eindruck bei den Schülerinnen und Schülern und ermutigen sie, ihren naturwissenschaftlichen Weg weiterzugehen. Umgekehrt macht natürlich auch das große Interesse und die Begeisterungsfähigkeit der einzelnen Schülerinnen und Schüler viel Freude.“
 
„Besonders gut haben mir das Genetikprojekt und das Fließgewässerprojekt ‚Urselbach' gefallen, weil wir einen Einblick in echte Forschung bekommen haben. Auch dass wir die Theorie, die wir im Unterricht gelernt haben, praktisch umsetzen konnten, fand ich sehr spannend“, berichtet die 17-jährige Schülerin Niya.
 
Neben zielgerichteten Lehrkräftefortbildungen der beteiligten Fachbereiche (Geowissenschaften/Geographie (11), Informatik/Mathematik (12), Physik (13), Biochemie, Chemie und Pharmazie (14) und Biowissenschaften (15)) wird z.B. die Möglichkeit geboten, an ausgewählten Institutsvorträgen des Fachbereichs Biowissenschaften teilzunehmen und sich so bei unterrichtsrelevanten Themen auf den neuesten Stand der Forschung zu bringen. Im Gegenzug erklärt sich das Gymnasium Riedberg beispielsweise bereit, fachdidaktische Forschungsvorhaben, die häufig mit den gemeinsamen Projekten verbunden sind, zu unterstützen. Lehramtsstudierende können ihr Praktikum an der Schule absolvieren und Examenskandidaten haben die Möglichkeit, innovative Unterrichtskonzepte zu erproben.  „Ein großer Gewinn für alle Beteiligten“, freut sich Kühnberger.
 
Dies bestätigte auch der Elternbeiratsvorsitzende Herr Dr. Peter: „Die gesamte Schulgemeinde des Gymnasium Riedberg freut sich sehr, dass die äußerst erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Goethe Universität nun dauerhaft weitergeführt wird. Eine Riesenchance für die Kinder und Jugendlichen.“
 
Neben den freudigen Tönen wurden aber auch problematische Punkte bei der Förderung des naturwissenschaftlich-mathematischen Nachwuchses an den weiterführenden Schulen in Frankfurt angesprochen. So äußerte sich Prof. Dr. Klimpel kritisch gegenüber dem geänderten Verfahren der Platzvergabe an weiterführenden Schulen. Demnach dürfen Schulen mit Schwerpunkten in den sog. MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) ihre Schüler*innen nicht mehr nach dem diesbezüglichen Wunsch der Eltern auswählen. Die Auswahl nach den Schwerpunkten Musik und Sport soll dagegen weiterhin gelten. „Dies widerspricht dem Prinzip der individuellen Begabtenförderung und erscheint gerade im MINT-Bereich fatal“, erklärte Klimpel. „Denn gerade die in den Technologiebranchen beschäftigten MINT-Fachkräfte sichern mit ihren zukunftsfähigen Innovationen die Wettbewerbsfähigkeit in einer globalisierten Welt und stellen damit die Basis unseres Wohlstandes dar. Hier gilt es insbesondere von unserer Seite her, Schülerinnen und Schüler und somit angehende Studierende für MINT-Fächer zu begeistern und zu qualifizieren“, resümierte Klimpel. „Daher sollte grundsätzlich der Schwerpunkt ‚MINT-Schule' als besonderer Schwerpunkt vom Kultusministerium bestätigt werden“, so Klimpel und führt an, dass er und seine Kollegen dies bereits im Dezember 2019 in einen gleichlautenden Brief an den hessischen Kultusminister Herrn Prof. Dr. Lorz gefordert hatten. Eine Rückmeldung stünde bis heute aus. „Auch unser diesbezüglicher Brief vom November 2019 an das HKM wurde bis heute nicht beantwortet“, ergänzt Kühnberger. „Ein bisschen mehr Unterstützung für die Menschen, die sich für die naturwissenschaftliche Bildung in Hessen engagieren, wäre schon wünschenswert. Zumal wir in den letzten Jahren durchweg äußerst positive Erfahrungen mit der naturwissenschaftlichen Förderung ab der 5. Klassen gemacht haben.“
 
Vor diesem Hintergrund ist es umso erfreulicher, dass mit der Erneuerung, Intensivierung und nun auch Verstetigung der Kooperation zwischen der Goethe-Universität und dem Gymnasium Riedberg in Frankfurt der MINT-Bereich nachhaltig gestärkt wird. Schüler*innen, Lehrkräfte und Wissenschaftler*innen freuen sich jedenfalls schon auf die weitere, dauerhafte Zusammenarbeit.
 
 
Bild zum Download:
http://www.uni-frankfurt.de/95382031
 
Bildtext: Nach der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarungen. André Karavilovski (Schülersprecher), Prof. Dr. Sven Klimpel (Dekan Goethe-Universität), Dr. Sascha Peter (Schulelternbeiratsvorsitzender), OStD Helmuth Kühnberger (Schulleiter), Emma Seitz (stellvertretende Schülersprecherin) Foto: Dorian Dörge, Goethe-Universität
 
Weitere Informationen

Prof. Dr. Sven Klimpel

Dekan des Fachbereichs Biowissenschaften (15)
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. 069 798 42237

Klimpel@bio.uni-frankfurt.de



OStD Helmuth Kühnberger
Direktor Gymnasium Riedberg
Konrad-Zuse Straße 34, 
60438 Frankfurt

Tel. 069 212 44001
poststelle.gymnasium-riedberg@stadt-frankfurt.de

 

Dez 9 2020
17:20

​Forschungsteam der Goethe-Universität und der TU München beteiligt

Wie Materie zusammenhält: Forscher und Forscherinnen von ALICE bereiten den Weg für Präzisionsstudien zur starken Wechselwirkung

Extrem dichte Neutronensterne enthalten in ihrem Inneren möglicherweise instabile Hyperonen, die wie die stabilen Hadronen des Atomkerns, Protonen und Neutronen, durch die starke Wechselwirkung zusammengehalten werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Forschungskollaboration ALICE am Beschleunigerzentrum CERN haben jetzt eine Methode entwickelt, wie die starke Wechselwirkung zwischen instabilen Hadronen erstmals präzise im Experiment vermessen werden kann. An der Entwicklung waren Forschungsteams der Goethe-Universität um Prof. Harald Appelshäuser und der TU München um Prof. Laura Fabbietti beteiligt.
 
FRANKFURT. In einem heute in Nature veröffentlichten Artikel beschreibt die ALICE-Kollaboration eine neuartige Methode, welche künftig Präzisionsmessungen der starken Wechselwirkung zwischen Hadronen am Large Hadron Collider (LHC) Beschleuniger des CERN in Genf erlauben wird.
 
Hadronen – zu denen Protonen und Neutronen gehören – sind zusammengesetzte Teilchen aus zwei oder drei Quarks, die durch die starke Wechselwirkung zusammengehalten werden. Die Wechselwirkung ist jedoch nicht auf das Innere des Hadrons beschränkt, sondern reicht darüber hinaus. Sie führt zu einer sogenannten Restwechselwirkung, aufgrund derer auch Hadronen Kräfte aufeinander ausüben. Bekanntestes Beispiel ist die Kraft zwischen Protonen und Neutronen, die für den Zusammenhalt der Atomkerne verantwortlich ist. Eine der großen Herausforderungen der modernen Kernphysik besteht darin, eine genaue Berechnung der starken Kraft zwischen Hadronen zu erzielen, die auf der zugrundeliegenden starken Wechselwirkung der Quarks aufbaut.
 
Im Rahmen sogenannter "Gitter-QCD"-Rechnungen kann die effektive starke Kraft zwischen Hadronen auf Basis der fundamentalen Theorie der starken Wechselwirkung zwischen Quarks berechnet werden. Diese Berechnungen haben allerdings nur für Hadronen, die schwere Quarks enthalten, eine hohe Genauigkeit. Dies gilt zum Beispiel für Hyperonen, also Hadronen, die ein oder mehrere sogenannte strange Quarks enthalten. Obwohl die starke Wechselwirkung durch Kollisionen der Hadronen in sogenannten Streuexperimenten untersucht werden kann, ist es schwierig, diese Experimente mit instabilen Hadronen wie Hyperonen durchzuführen. Dementsprechend ist ein experimenteller Vergleich mit den präzisen theoretischen Vorhersagen aus der Gitter-QCD für Hyperonen schwierig.
 
In der heutigen Veröffentlichung der ALICE Kollaboration wird eine Methode vorgestellt, die es erlaubt, die Dynamik der starken Wechselwirkung für beliebige Paare von Hadronen zu untersuchen. Dies betrifft insbesondere solche Hadronen, die kurzlebig sind, also nach Bruchteilen von Sekunden zerfallen und deshalb nicht in Streuexperimenten untersucht werden können. Stattdessen werden die Hadronen in Proton-Proton Kollisionen am LHC erzeugt. Die Wechselwirkung zwischen ihnen kann anhand ihrer relativen Impulsverteilung vermessen werden.
 
Prof. Laura Fabbietti von der TU München, die maßgeblich zu den nun vorgestellten Ergebnissen beigetragen hat, betont, dass dieser Durchbruch sowohl dem LHC als auch dem ALICE Detektor zu verdanken sei. Der LHC könne sehr viele Hadronen mit strange Quarks erzeugen und ermögliche so einen Einblick in die Natur der starken Wechselwirkung. Der ALICE Detektor und dessen hochauflösende sogenannte Spurendriftkammer (TPC) wiederum böte die erforderliche Präzision, die Teilchen zielsicher zu identifizieren und deren Impulse genau zu vermessen.
 
Harald Appelshäuser, Professor an der Goethe-Universität, leitet seit zehn Jahren das ALICE TPC-Projekt und ist Mitautor der Veröffentlichung. Er arbeitet eng mit der Münchner Gruppe von Laura Fabbietti zusammen und betont, dass mit der vorgestellten Methode „eine neue Ära von Präzisionsstudien der starken Wechselwirkung zwischen exotischen Hadronen am LHC“ eingeleitet würde.
                                   
Die vorgestellte Methode wird Femtoskopie genannt, weil sich die untersuchten Prozesse in einem räumlichen Bereich von etwa 1 Femtometer (10-15 Meter) abspielen. Das entspricht in etwa der Größe eines Hadrons und der Reichweite der starken Wechselwirkung. Mit dieser Methode konnte die ALICE-Kollaboration bereits vorher Wechselwirkungen zwischen Hyperonen untersuchen, die ein oder zwei strange Quarks enthalten. In der heutigen Veröffentlichung wurde nun erstmals und mit hoher Präzision eine Messung der Wechselwirkung zwischen einem Proton und dem Omega (Ω) Hyperon untersucht. Das Omega ist das seltenste aller Hyperonen und besteht aus drei strange Quarks.
 
Prof. Appelshäuser betont, dass die Bedeutung der Ergebnisse über die Überprüfung theoretischer Berechnungen hinausreicht: „Femtoskopische Untersuchungen können unser Verständnis von sehr dichten stellaren Objekten wie Neutronensternen, die im Innern Hyperonen enthalten können und deren Wechselwirkung immer noch weitgehend unbekannt ist, wesentlich erweitern.“
 
 
Publikation: Shreyasi Acharya et al. (ALICE Collaboration): Unveiling the strong interaction among hadrons at the LHC. Nature, 9. Dezember 2020 – https://doi.org/10.1038/s41586-020-3001-6

Erklär-Video der TU München zum Thema:
Rätselhafte Neutronensterne – Präzise Messung der starken Wechselwirkung - YouTube
 
Bilder zum Download:
https://cds.cern.ch/record/2653650/#4
 
Bildtext: Am ALICE-Detektor des Teilchenbeschleunigerzentrums CERN werden künftig Hyperonen vermessen werden. Wissenschaftler der Goethe-Universität sind Teil der ALICE-Kollaboration. Foto: CERN
 
Weitere Informationen
Prof. Dr. Harald Appelshäuser
Institut für Kernphysik
Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 (0) 69 798-47034 oder 47023
appels@ikf.uni-frankfurt.de

 

Dez 8 2020
09:49

​Julia Sammet (1. Preis), Prof. Dr. Johannes Schulze (2. Preis) und Prof. Dr. Jochen Sander (3. Preis) erhalten den 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre

Auszeichnung für gute Lehre auch in Pandemiezeiten wichtig

Der 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre ist vergeben worden – die große Feier wird allerdings erst im kommenden Jahr stattfinden.

FRANKFURT. Exzellente Lehre sichtbar machen – dafür steht der 1822-Universitätspreis, den die Goethe-Universität und die Stiftung der Frankfurter Sparkasse jährlich gemeinsam verleihen. Die Preise gehen dieses Jahr in die Fachbereiche Physik, Medizin und Sprach- und Kulturwissenschaften. Heute wurden sie überreicht, gefeiert wird jedoch erst 2021.

Die Preisträger und die Preisträgerin 2020 haben heute ihre Urkunden erhalten. „Ein Glanzlicht auf gute Lehre zu werfen, ist gerade in diesen Zeiten wichtig“, sagt Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität anlässlich der Würdigung. „Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen der Präsenzlehre sind eine große Herausforderung an die Lehre. Da sind kreative und erfolgreiche Ideen noch wichtiger als sonst, best practice-Beispiele werden dringend gebraucht“, erklärt die Universitätspräsidentin. Wegen der Corona-Pandemie ist die feierliche Preisverleihung des 1822-Universitätspreises für exzellente Lehre allerdings auf das kommende Jahr verschoben worden.

Dr. Ingo Wiedemeier, der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Sparkasse, betont, dass er sich schon jetzt auf die kommende Preisverleihung in 2021 freue. „Dann haben wir gleich drei Anlässe zum Feiern: Neben den diesjährigen und kommenden Preisträgerinnen und Preisträgern feiert der 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre im Jahr 2021 sein zwanzigjähriges Bestehen“. Man darf also schon heute gespannt sein, was das Jubiläumsjahr bringen wird.

Auch in diesem Jahr haben die Studierenden von ihrem Vorschlagsrecht wieder rege Gebrauch gemacht und der Jury zwanzig Nominierungen aus zwölf Fachbereichen vorgelegt. Als Begründung für die Nominierung wurde neben der hohen Qualität der Lehre oft genannt, dass die jeweilige Lehrpersönlichkeit die Studierenden für ihr Fach begeistere und sie mit besonderem Einsatz unterstütze. „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich die Rahmenbedingungen ständig ändern und wir alle flexibel und innovativ auf neue Situationen reagieren müssen, ist herausragendes Engagement in der Lehre besonders wichtig. Wir wollen dieses Engagement honorieren, es über die Universität hinaus sichtbar machen und fördern“, unterstreicht Wiedemeier.

Die Auszeichnung besteht auch in diesem Jahr aus drei Preisen. Den 1. und 3. Preis fördert die Stiftung der Frankfurter Sparkasse mit insgesamt 20.000 Euro, der 2. Preis wird von der Goethe-Universität vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Die Vergabekommission, bestehend aus Studierenden, Professoren und Professorinnen, Mitarbeitenden der Universität sowie einem Vertreter der Stiftung der Frankfurter Sparkasse, hat in diesem Jahr einstimmig eine außerordentliche Entscheidung getroffen und zeichnet Frau Sammet als Gründerin des Physik-Lernzentrums für ihr nachhaltiges Engagement und ihre besonderen Leistungen aus. Das Physik-Lernzentrum leistet mit seinen außercurricularen Angeboten regelmäßig einen wichtigen Beitrag für den Studienerfolg einer heterogenen Studierendenschaft.  Frau Sammet habe einen beispielhaften Ort der Lernunterstützung für Studierende in allen Studienphasen geschaffen, der zeige, wie Hochschulen der Heterogenität ihrer Studierenden gerecht werden können, die mit zunehmend unterschiedlichen biographischen und beruflichen Hintergründen ein Universitätsstudium beginnen, so die Kommission in ihrer Begründung.
 

Die Preisträger und Preisträgerinnen 2020:

Julia Sammet, Fachbereich Physik (1. Preis, 15.000 Euro)
Frau Sammet arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Theoretische Physik. Von Studierenden aus zwei Fachbereichen – Physik (FB 13) und Biowissenschaften (FB 15) – wurde sie für den 1822-Universitätspreis vorgeschlagen. Frau Sammet gründete bereits als Studentin das „Physik-Lernzentrum“, eine interdisziplinäre Einrichtung für Studierende der Naturwissenschaften, die heute nicht mehr aus der Physiklehre wegzudenken sei, so die Studierenden. „Ihr außerordentliches Engagement und ihre innovativen Ideen führen nicht nur zu besseren Leistungen, sondern auch zu einer höheren Begeisterung für das Fach Physik“, heißt es im Nominierungsschreiben.

Prof. Dr. Johannes Schulze, Fachbereich Medizin 16 (2. Preis, 10.000 Euro)
Herr Professor Schulze ist Professor am Institut für Arbeits-, Umwelt- und Sozialmedizin an der Goethe-Universität und ist bereits zum vierten Mal für den 1822-Preis nominiert. Die Studierenden betonen das außerordentlich hohe Niveau seiner Lehre. Darüber hinaus macht sich Herr Schulze außercurricular in der Vorbereitung und Betreuung Studierender für den ,,Paul-Ehrlich Contest“ verdient, einem studentischen Team-Wettbewerb im Bereich der Medizin.

Prof. Dr. Jochen Sander, Institut für Kunstgeschichte (3. Preis, 5.000 Euro)
Herr Professor Sander ist Inhaber der Städel-Kooperationsprofessur am Kunstgeschichtlichen Institut der Goethe-Universität. Die Qualität seiner forschungsorientierteren Lehre zeichnet sich den Studierenden zufolge durch die Verknüpfung von Theorie und Praxis aus, in die er innovative digitale Projekte integriert. Die besondere Stärke von Prof. Sander liege in der Vermittlung der musealen Praxis im Studium der Kunstgeschichte, zuletzt in einem ambitionierten Lehrprojekt „Die Welt im BILDnis“ in Kooperation mit dem Museum Giersch der Goethe-Universität.

Neben den Ausgezeichneten wurden folgende Lehrenden nominiert:
PD Dr. Rupert Abele, FB 14
Dr. Jörg Ackermann, FB 12
Dr. Dipl.-Psych. Ulrike Basten-Wissel, FB 05
Prof. Ph.D. Michael Binder, FB 02
Steffen Eibelshäuser, FB 02
Dr. phil. nat. Thomas Hanke, FB 14
Prof. Dr. Alexander Heckel, FB 14
Prof. Dr. Oliver Hinz, FB 02
Dr. Eva Maria Kaufholz-Soldat, FB 12
Julian Langenhagen und Prof. Dr. Anna Rohlfing-Bastian, FB 02
Dr. Markus Lindner, FB 08
Dr. med. Florian Raimann, FB 16
PD Dr. Korinna Schönhärl, FB08
Dr. Lena Schönwälder, FB 10
Prof. Dr. Anton Wakolbinger, FB 12
Dr. theol. Joachim Werz, FB 07
Dr. Marianne Wiedenmann, FB 04


Weitere Informationen:
Ilsa Jacobsen
Abteilung Lehre und Qualitätssicherung
Telefon +49 (0)69 798 12485
E-Mail: jacobsen@em.uni-frankfurt.de


Bild zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/95289298

Bildtext: In diesem Jahr ging der 1822-Universitätspreis für exzellente Lehre an Julia Sammet (1. Preis, Mitte) vom Fachbereich Physik, Prof. Dr. Johannes Schulze (2. Preis, rechts) vom Fachbereich Medizin und Prof. Dr. Jochen Sander (3. Preis, links) vom Institut für Kunstgeschichte. Umrahmt werden die Preisträger von Dr. Ingo Wiedemeier (Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Sparkasse, 2. von links) und Prof. Roger Erb (Vizepräsident der Goethe-Universität, 2. von rechts). (Foto: Jürgen Lecher)

 

Dez 4 2020
18:04

Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung lobt Verdienste der Wissenschaftlerin um Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche

Familienforscherin Sabine Andresen erhält „Public Service Fellowship-Preis“

FRANKFURT. Verschwiegen, vertuscht, verdrängt und bagatellisiert wurden lange Zeit die Erfahrungen von Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend sexueller Gewalt ausgesetzt waren. Die Aufarbeitung dieser Gewalt hat sich Prof. Dr. Sabine Andresen, Professorin für Sozialpädagogik und Familienforschung an der Goethe-Universität Frankfurt, zum Ziel gesetzt: in ihren Forschungsbeiträgen sowie in ihrem gesellschaftlichen Engagement als fachkundige Expertin in zahlreichen wissenschaftlichen Gremien. Für dieses Engagement erhält sie nun den „Public Service Fellowship-Preis“ der Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung.
 
„Ich freue mich sehr über diesen Preis, weil er ein gesellschaftliches Thema ernst nimmt, das mir eine Herzensangelegenheit ist und das in die öffentliche Diskussion gehört“, sagt die Frankfurter Familienforscherin anlässlich der am 4. Dezember virtuell durchgeführten Preisverleihung.
 
„Oft sind es Einzelne, die in unserer Gesellschaft etwas in Bewegung bringen. Dass das Thema Kindeswohl und sexuelle Gewalt gegen Kinder inzwischen auf höchster politischer Ebene gesehen und verhandelt wird – das ist auch Sabine Andresen zu verdanken“, so die Präsidentin der Goethe-Universität Prof. Dr. Birgitta Wolff in ihrem Grußwort. „Sie ist eine Wissenschaftlerin, die ihre Forschung zum Handeln treibt – empathisch, couragiert und mit einer gewissen Hartnäckigkeit. Wir sind sehr dankbar, dass die Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung diese ausgewiesene und engagierte Wissenschaftlerin unserer Universität würdigt.“
 
Welche Strukturen machen sexuelle Gewalt gegen Kinder erst möglich und haben lange Zeit verhindert, dass diese Gewalt überhaupt aufgeklärt und aufgearbeitet wurde? Diesen Fragen widmet sich die Frankfurter Forscherin seit 2012, vor allem aber als Vorsitzende der „Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“, die auf Bundesebene angesiedelt ist. Die Kommission steht seit 2016 mit Menschen in Kontakt, die in ihrer Kindheit und Jugend sexuelle Gewalt erlebt haben. In vertraulichen Anhörungen und schriftlichen Berichten haben inzwischen fast 2000 Menschen Zeugnis abgelegt. Sie haben Gewalt in der Familie, kirchlichen Einrichtungen, Schulen oder Sportvereinen erfahren. Die Berichte bilden die Grundlage auch für die wissenschaftliche Auswertung.
 
Sabine Andresen bringt ihre wissenschaftliche Expertise in zahlreiche weitere Gremien ein, die sich dem Kindeswohl widmen. Sie ist Vizepräsidentin des Deutschen Kindesschutzbundes und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat für Familienfragen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Seit 2011 führt Andresen als Professorin für Familienforschung und Sozialpädagogik an der Goethe-Universität auch international vergleichende Child-Well Being Studien durch und forscht zum Thema Kinderarmut und Vulnerabilität sowie zur Geschichte von Kindheit, Jugend und Familie. Sie ist Mitherausgeberin verschiedener Zeitschriften und als Gutachterin wie etwa in der Deutschen Forschungsgemeinschaft tätig. 

Der mit 10.000 Euro dotierte „Public Service Fellowship-Preis“ wird von der Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung alle zwei Jahre an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität vergeben, die in bedeutenden wissenschaftlichen oder wissenschaftspolitischen Gremien tätig sind. Das Preisgeld soll es ermöglichen, Projekte zu verwirklichen, die wegen des besonderen Engagements zu kurz kommen. Prof. Dr. Sabine Andresen ist die dritte Preisträgerin - nach dem Finanzwissenschaftler und Wirtschaftsweisen Prof. Dr. Volker Wieland und dem Mediziner und langjährigen Vorsitzenden des Sachverständigenrats Gesundheit der Bundesregierung Prof. Dr. Ferdinand Gerlach.
 
Die Laudatio hält Brigitte Tilmann, Präsidentin a.D. des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main und Mitglied der „Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“. Von 2002 bis 2007 war sie Mitglied des Hochschulrats der Goethe-Universität.
 
Die Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, die Wissenschaft, Forschung und Lehre an der Goethe-Universität zu fördern. Sie basiert auf einem Stiftungsvermögen, das die Stifterin Gertrud Kassel hinterlassen hat. Damit unterstützt die Stiftung zahlreiche Projekte der Universität und zeichnet unter anderem alle zwei Jahre den „Scientist of the Year“ aus. 
 
Bild zum Download: www.uni-frankfurt.de/85174724
Bildtext: Prof. Dr. Sabine Andresen, Familienforscherin an der Goethe-Universität Frankfurt (Foto: Uwe Dettmar)
 
Weitere Informationen

Prof. Dr. Sabine Andresen

Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung

Goethe-Universität

s.andresen@em.uni-frankfurt.de

 

Dez 4 2020
15:21

​Geowissenschaftler der Goethe-Universität erhoffen Gewissheit von Asteroiden-Proben aus dem All – Landung am Samstagabend wird live übertragen

Raumsonde Hayabusa 2: Wasser auf der Erde stammt womöglich von Asteroiden

Der chemische „Fingerabdruck“ des Wassers des Asteroiden Ryugu könnte beweisen, dass das Wasser auf der Erde tatsächlich von Asteroiden-Einschlägen in der frühen Erdgeschichte stammt. Bisher ließen sich Asteroiden nur nach einem Einschlag von Bruchstücken auf die Erde untersuchen und daher Verunreinigungen durch das Wasser der Erde nicht ausschließen. Während das Wissenschaftsteam der Goethe-Universität ab dem kommenden Jahr die geologische Vergangenheit der Asteroidenproben analysieren wird, wollen sich andere internationale Teams das Wasser und die organischen Substanzen des Asteroiden ansehen, die zudem Schlüsse auf Entstehung des Lebens auf der Erde zulassen könnten. Livestream zur Landung: www.kosmochemie.de (Sa, 5.12., ab 17 Uhr).

FRANKFURT. Bei ihrer Entstehung war die junge Proto-Erde heiß und kreiste vermutlich in einer sehr trockenen Zone um die Sonne, in der Wasser verdampfte und durch den Sonnenwind ins All geweht wurde. Zu seinen großen Ozeanen kam unser blauer Planet einer Theorie zufolge durch wasserhaltige Himmelskörper, die auf der Erde einschlugen. Kometen, so haben Spektralanalysen der Kometenschweife ergeben, waren es höchstwahrscheinlich nicht. Denn in ihrem Eis ist meistens das Verhältnis des Wasserstoffs mit zwei Protonen im Kern, Deuterium (D), zum Wasserstoff mit einem Proton im Kern (H) anders als auf der Erde. Das Wasser hingegen, das in bestimmten Meteoriten eingeschlossen ist – also in Bruchstücken von Asteroiden, die auf der Erde eingeschlagen sind – entspricht ziemlich genau dem irdischen Wasser. Solche Asteroiden der C-Klasse sind stark kohlenstoffhaltig und stammen aus dem äußeren Teil des Asteroidengürtels, der zwischen Mars und Jupiter die Sonne umkreist. Ryugu ist einer von ihnen.

Prof. Frank Brenker, Geowissenschaftler der Goethe-Universität, wird zusammen mit seiner Kollegin Dr. Beverly Tkalcec die Ryugu-Probe untersuchen. Er erklärt: „Es gibt sehr gute wissenschaftliche Argumente, dass das D/H-Verhältnis, das wir in Meteoriten finden, tatsächlich dem von Asteroiden im All entspricht. Trotzdem kann man Verunreinigungen durch Wasserdampf auf der Erde nicht ausschließen: Schließlich verdampfen beim Durchtritt durch die Atmosphäre 90 Prozent eines Asteroiden, und selbst wenn er in einer trockenen Wüste einschlägt, kann der Meteorit, bis man ihn findet, zum Beispiel über Frühnebel Wasser aufnehmen. Mit der Ryugu-Probe werden wir in dieser Frage endlich Gewissheit erhalten.“

Dazu werden die Frankfurter Forscher ab Mitte des kommenden Jahres Ryugu-Proben an den Teilchenbeschleunigern ESRF in Grenoble und DESY in Hamburg auf ihre chemische Zusammensetzung hin untersuchen und durchleuchten. Später im Jahr sollen Ryugu-Proben mithilfe eines fokussierten Ionenstrahls geschnitten und an der Goethe-Universität mit einem Transmissionselektronenmikroskop durchleuchtet werden. Dabei wollen Tkalcec und Brenker die genaue geologische Entwicklung des Asteroiden ermitteln. Um die Messwerte für das Wasser, aber auch die auftretenden organischen Verbindungen überhaupt beurteilen zu können, ist es immens wichtig, alle Vorgänge zu verstehen, die überhaupt zu ihrer Bildung geführt haben. Die erreichte Temperatur des Asteroiden ist hier genauso wichtig wie die Umstände der Bildung wasserhaltiger Minerale und der Einfluss von Impakten auf der Oberfläche des Asteroiden.

Auch die Bausteine für das Leben auf der Erde stammen womöglich von kohlenstoffreichen Asteroiden wie Ryugu, da man in Meteoriten bereits Zucker und Bestandteile von Proteinen (Aminosäuren) und des Erbmoleküls DNA (Nucleobasen) gefunden hat, die sich unter geeigneten Bedingungen aus anorganischen Substanzen bilden konnten. Auch aus diesem Grund werden zahlreiche Wissenschaftsteams der ganzen Welt an der Analyse der Ryugu-Proben arbeiten.

 
Bilder zum Download:

1. Prof. Dr. Frank Brenker, Institut für Geowissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: Jürgen Lecher für Goethe-Universität (Porträtfoto)
http://www.uni-frankfurt.de/95132289

2. Prof. Dr. Frank Brenker, Institut für Geowissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: privat. (in Aktion)
http://www.uni-frankfurt.de/95132407

3. Dr. Beverley Tkalcec, Institut für Geowissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: privat
http://www.uni-frankfurt.de/95132444

4. Landung der Raumsonde Hayabusa 2 auf dem Asteroiden Ryugu zur Probenentnahme. Illustration: Akihiro Ikeshita für JAXA
https://www.hayabusa2.jaxa.jp/en/galleries/cg/pages/touchdown1.html

5. Der Asteroid Ryugu aus 20 Kilometern Entfernung, aufgenommen von der Raumsonde Hayabusa 2. Foto: JAXA, University of Tokyo, Kochi University, Rikkyo University, Nagoya University, Chiba Institute of Technology, Meiji University, University of Aizu and AIST
https://www.hayabusa2.jaxa.jp/en/galleries/ryugu/pages/fig11_fmhome_front.html

6. Vorbeiflug von Hayabusa 2 an der Erde: Bei ihrer Rückkehr wird die Sonde an der Erde vorbei zu einer weiteren Mission fliegen und eine Kapsel mit der Ryugu-Probe zur Erde schicken. Die Landung der Kapsel wird am Samstag, 5.12.2020, gegen 19 Uhr in der australischen Wüste erwartet. Illustration: Akihiro Ikeshita für JAXA
https://www.hayabusa2.jaxa.jp/en/galleries/cg/pages/swingby.html


Weitere Informationen
Prof. Dr. Frank Brenker
Institut für Geowissenschaften – Nanoscience
Tel. 0151 68109472
f.brenker@em.uni-frankfurt

 

Dez 4 2020
10:08

Vortrag von Prof. Günter Frankenberg in der Reihe DenkArt „Der normalisierte Ausnahmezustand“ am 8. Dezember 2020

„Freiwilligkeit oder Zwang?“ – Experimente in den Zeiten von Infektionsschutz

FRANKFURT. „Der normalisierte Ausnahmezustand“ – unter diesem Thema steht die aktuelle partizipative Vortragsreihe „DenkArt“ der Katholischen Akademie Rabanus Maurus, Haus am Dom, des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität und der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V. mit Unterstützung der Sebastian-Cobler-Stiftung für Bürgerrechte.

Nach dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer und der Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung Jutta Allmendinger, spricht am 8. Dezember 2020 um 19.30 Uhr Günter Frankenberg, Professor für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Assoziiertes Mitglied des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ in der Reihe.
 
Der Jurist und Rechtsphilosoph wird in seinem Vortrag der Frage „Freiwilligkeit oder Zwang? – Experimente in den Zeiten von Infektionsschutz“ nachgehen und adressiert damit gegenwärtige Befürchtungen im Zuge der Anordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. 
Um Risiken für die eigene Bevölkerung zu verringern und die befürchtete Überlastung für Gesundheitssysteme eindämmen zu können, wurden von zahlreichen Ländern zuvor ungeahnte Maßnahmen in die Wege geleitet. Gesetze und Rechte, die bisher als unumstößlich galten, wurden eingeschränkt, um Kontaktsperren und Abstandsregelungen zur Virusbekämpfung durchzusetzen – darüber soll auch im Anschluss an den Impulsvortrag von Frankenberg mit dem Publikum diskutiert werden.
Der Vortrag wird über den Youtube Kanal des Haus am Dom im Livestream zu verfolgen sein und die Zuschauer*innen sind herzlich dazu eingeladen, sich über die Chatfunktion an der Diskussion zu beteiligen.
 
Günter Frankenberg ist Professor für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung und assoziiertes Mitglied des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Vergleichendes Verfassungsrecht, Rechts- und Verfassungstheorie sowie Gefahrenabwehr- und Migrationsrecht. Er ist Autor zahlreicher Publikationen, insbesondere zum Verfassungs- und zum Ausländerrecht. Zu seinen Publikationen zählen eine Einführung in das Grundgesetz und die Studie „Staatstechnik. Perspektiven auf Rechtsstaat und Ausnahmezustand“. Er gehört zu den Herausgebern der Zeitschrift „Kritische Justiz“. Im Frühjahr dieses Jahres erschien sein Buch „Autoritarismus. Verfassungstheoretische Perspektiven“ im Suhrkamp Verlag.
Moderieren wird Prof. Marion Tiedtke, Professorin für Schauspiel an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und Dramaturgin.
Ziel der Reihe „DenkArt“ ist, die öffentliche Debattenkultur zu pflegen und einen partizipativen Diskursraum zu gesellschaftlichen Themen der Gegenwart zu ermöglichen. Nach jedem Impulsvortrag der Reihe erhalten alle Zuschauer*innen – gegenwärtig über die Chatfunktion des Livestreams – die Möglichkeit, die dargelegten Thesen und Analysen zu diskutieren und Fragen an die Rednerin oder den Redner zu formulieren. Die Fragen werden von der Moderation gesammelt und an den eingeladenen Gast zur Beantwortung weitergegeben.
 
Übertragung via Livestream über folgenden Link: https://youtu.be/gb6l0XVqIqg
 
Detailliertes Programm:

https://www.normativeorders.net/de/veranstaltungen/denkart
 
Informationen:
Anke Harms, Referentin für Wissenschaftskommunikation des Forschungsverbunds, 069/798-31407, anke.harms@normativeorders.net; www.normativeorders.net

 

Dez 1 2020
14:59

Forschungsprojekt „ZOWIAC“ von Goethe-Universität und Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung wird mit insgesamt einer Dreiviertelmillion Euro gefördert

Waschbär, Marderhund & Co: Gefahren invasiver und gebietsfremder Raubsäugerarten für Gesundheit und Ökologie

Waschbär, Marderhund, Mink und Goldschakal sind in Deutschland und Europa nicht heimisch, verbreiten sich aber immer stärker. Wie diese invasiven und gebietsfremden Arten die biologische Vielfalt bedrohen und welche Krankheiten sie auf Menschen oder Tiere übertragen können, untersucht jetzt das Forschungsverbundprojekt ZOWIAC „Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren“ der Goethe-Universität Frankfurt und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Das Projekt wird maßgeblich von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) fachlich und finanziell gefördert. Zusätzliche Förderung und Unterstützung erhält das Forschungsprojekt durch Senckenberg, dem Landesjagdverband Hessen e.V. und dem Landesjagdverband Bayern - Bayerischer Jagdverband e.V. und bindet Naturschutzgruppen, Jäger und Bürger in die Forschungsarbeit mit ein.

FRANKFURT. Immer mehr exotische Tiere und Pflanzen werden durch den Menschen bewusst nach Europa eingeführt oder unbewusst aus ihrem Verbreitungsgebiet eingeschleppt. Allein in Deutschland sind mehr als tausend invasive, gebietsfremde Arten (IAS = invasive alien species) registriert. Invasive Arten führen zu erheblichen Veränderungen von Artengemeinschaften und Ökosystemen und gelten weltweit als eine der wichtigsten Bedrohungen für die biologische Vielfalt. Weil sie Krankheiten übertragen oder als Zwischenwirte für Erreger dienen können, gefährden sie sowohl die Gesundheit von Menschen als auch von Haus-, Nutz- und Wildtieren. Die EU-Kommission schätzt die durch IAS entstehenden wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schäden in Europa auf jährlich 9,6 bis 12,7 Milliarden Euro. Im Zuge der Globalisierung und der ansteigenden Bevölkerungs- und Besiedlungsdichte erlangen invasive Arten auch eine zunehmende Bedeutung in Städten.

Zu den sich in Europa immer weiter ausbreitenden Arten zählen die beiden als invasiv bewerteten Raubsäuger Waschbär (Procyon lotor) und Marderhund (Nyctereutes procyonoides) sowie der Mink (Neovision vison) und der in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland immer häufiger auftauchende Goldschakal (Canis aureus). Durch ihr breites Nahrungsspektrum und ihre hohe Anpassungsfähigkeit sind diese Tiere in der Lage fast alle natürlichen Lebensräume zu besiedeln. Sie stehen u.a. im Verdacht, für den Rückgang von zahlreichen, mitunter auch bedrohten, einheimischen Arten wie z.B. Fledermäusen, verschiedenen Amphibien und Reptilienarten oder bodenbrütenden Vögeln mit verantwortlich zu sein. Zudem wird untersucht, ob ihr Vordringen in städtische Gebiete die Übertragung von Krankheitserregern auf Menschen und Tier, sogenannte Zoonosen, begünstigt.

Eine mit dem Waschbären nach Europa eingeschleppte Zoonose ist der Waschbärspulwurm (Baylisascaris procyonis), dessen Eier über den Kot der Tiere verbreitet werden. Dies stellt insbesondere in Städten, in denen Waschbären anthropogene Nahrungsressourcen und Räumlichkeiten nutzen, eine potentielle Gefährdung für die menschliche Gesundheit dar. Waschbären dienen außerdem als Reservoirwirte für Coronaviren, Lyssaviren (Tollwut), canine Staupeviren und dem West-Nil-Virus. Das Erregerspektrum des Marderhundes ähnelt dem des Waschbären, zusätzlich gilt er als Endwirt des Fuchsbandwurmes (Echinococcus multilocularis). Der Mink ist eine der am häufigsten verbreiteten gebietsfremden Säugetierarten weltweit und gilt als Überträger einer Vielzahl von Zoonosen wie Leptospirose, Trichinellose und Toxoplasmose. Auch der Goldschakal beherbergt Zoonoseerreger. Einige von ihnen, wie der Hundebandwurm (Echinococcus granulosus), der Hundespulwurm (Toxocara canis) oder Trichinen können große Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben.

Das Verbundprojekt ZOWIAC wird essentiell dazu beitragen, aktuelle, fundierte und abgesicherte Daten zu erarbeiten, um das von Waschbär, Marderhund, Mink und Goldschakal ausgehende Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung sowie Nutz- und Haustiere und die Auswirkungen auf heimische Arten und Ökosysteme besser abschätzen zu können, sagt der Projektleiter Prof. Dr. Sven Klimpel von der Goethe-Universität und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Es soll eine systematische Überwachung der am häufigsten assoziierten Krankheitserreger durchgeführt werden. Ferner werden insbesondere räumliche Aspekte, d.h. etablierte Populationen in städtischen und ländlichen (Agrar/Wälder/Gewässer) Gebieten, Populationen an den derzeitigen europäischen Verbreitungsgrenzen sowie aus den Ursprungsgebieten (Nordamerika, Asien) betrachtet. Durch Besenderung einzelner Individuen sollen tägliche Bewegungsmuster herausgearbeitet werden. Metabarcoding von Magen- und Kotproben werden detailliert Aufschluss über das Nahrungsspektrum und die Parasitenfauna bieten, um mögliche Auswirkungen auf die Biodiversität und das Zoonosepotenzial besser abschätzen zu können. Verschiedene Populations- und Umweltparameter werden zur Erstellung von Ausbreitungsmodellen gesammelt und genutzt, um die Ausbreitung und das Vorkommen der gebietsfremden Raubsäugetiere auch unter sich verändernden Klimaveränderungen aufzeigen zu können, führt Klimpel weiter aus.

Da der zukünftige Erfolg bei der Eindämmung von negativen Einflüssen der IAS maßgeblich vom Verständnis und der Beteiligung der Öffentlichkeit abhängig sein wird, sollen alle relevanten Gruppen und Akteure mit eingebunden werden. Neben den Kooperationspartnern aus der Wissenschaft und aus Jagdverbänden und entsprechenden Ministerien werden auch Bürger in das Forschungsprojekt mit einbezogen (Citizen Science). Als Basis für diesen Austausch werden eine App sowie eine Online-Kommunikationsplattform entwickelt, die Daten generiert und über die aktuellen Forschungsergebnisse informiert. Da ZOWIAC wildtierökologische und gesundheitliche Forschungsaspekte einschließt, wird das Projekt auch Ergebnisse liefern, die Grundlagen für Entscheidungen der zuständigen Ministerien und Behörden im Umgang mit invasiven und gebietsfremden Raubsäugetieren in Deutschland und Europa sein können.

Bild zum Download:
1. http://www.uni-frankfurt.de/94824069
Bildtext: Marderhund (Nyctereutes procyonoides), Foto: Dorian D. Dörge, Goethe-Universität Frankfurt
2. http://www.uni-frankfurt.de/94824102
Bildtext: Waschbär (Procyon lotor), Foto: Dorian D. Dörge, Goethe-Universität Frankfurt

Weitere Informationen
Prof. Dr. Sven Klimpel
Professur für Integrative Parasitologie und Zoophysiologie
Institut für Ökologie, Evolution und Diversität
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. 069 798 42249
Klimpel@bio.uni-frankfurt.de

Norbert Peter, M.Sc., Dipl.-Forsting. (FH)
Medical Biodiversity and Parasitology
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tel. 069 798 42212

 

Dez 1 2020
10:32

Bewilligung durch Deutsche Forschungsgemeinschaft: SFB 1080 geht in die dritte Runde

Sonderforschungsbereich „Molekulare Mechanismen der neuralen Homöostase“ wird verlängert

In der aktuelle Bewilligungsrunde der Deutschen Forschungsgemeinschaft war der SFB 1080 erfolgreich und kann 2021 die dritte Förderperiode starten. Für die vierjährigen Forschungsarbeiten stellt die DFG rund 2 Millionen Euro zur Verfügung. Im SFB 1080 untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen, wie Gehirn und Nervensystem einerseits als komplexes System stabil sind und andererseits zugänglich und flexibel bleiben.

FRANKFURT. Eines der bemerkenswertesten Merkmale unseres Nervensystems ist seine Fähigkeit, einen stabilen inneren Zustand (Homöostase) zu erhalten, während es sich ständig mit einer sich verändernden Umwelt auseinandersetzen muss. Im Sonderforschungsbereich 1080 versuchen die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Bedeutung homöostatischer Mechanismen für den menschlichen Organismus und insbesondere für Erkrankungen des Nervensystems zu verstehen. Dabei untersuchen sie Wirkzusammenhänge, die das Gehirn in die Lage versetzen, die Netzwerkhomöostase als einen balancierten Funktionszustand aufrechtzuerhalten. Dies ist entscheidend für die Stabilität des Nervensystems und hilft dem Gehirn, den ständigen Zufluss von Input zu verarbeiten.

Der 2013 gestartete SFB 1080 wurde jetzt zum zweiten Mal um vier Jahre verlängert, sodass die Förderung bis 2024 fortgesetzt wird. Die Koordination liegt bei der Goethe-Universität Frankfurt, Kooperationspartner sind die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, das Max-Planck-Institut für Hirnforschung, das Institute for Molecular Biology Mainz (IMB) und die Hebrew University of Jerusalem.

SFB-Sprecherin Prof. Amparo Acker-Palmer sagt: „Die Stärke des Sonderforschungsbereichs 1080 liegt darin, dass wir durch die Einbindung unterschiedlichster Forschungsdisziplinen nicht nur einzelne Gene, Zelltypen, pathologische Prozesse oder Strukturen im Blick haben. Vielmehr können wir durch verschiedene experimentelle Ansätze und Computersimulationen die ganze Kette der Ereignisse verfolgen, die zur neuralen Homöostase führen. Mit dem Rhein-Main-Netzwerk der Neurowissenschaften rmn2, in das wir eingebettet sind, haben wir ein optimales Umfeld für den SFB.“

Weitere Informationen
Prof. Dr. Amparo Acker-Palmer
Sprecherin des SFB 1080
Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaften
Goethe-Universität
Tel. 069 798-42565
Acker-Palmer@bio.uni-frankfurt.de
https://www.crc1080.com/