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Programm für das Sommersemester sieht erstmals wieder prominent besetzte Hauptveranstaltung vor
„Populismus – Kultur – Kampf“ lautet das Thema der hochkarätig besetzten Diskussionsreihe, mit der die Goethe-Universität erstmals seit Ausbruch der Pandemie in ihrem Bürger-Programm wieder eine Hauptveranstaltung anbietet. Insgesamt plant die Bürger-Universität überwiegend Online-, in den Sommermonaten aber auch einige Vor-Ort-Veranstaltungen.
FRANKFURT. Was
bedeutet „Solidarität in der Krise“? Wie kann Multimedikation bei älteren
Menschen vorgebeugt werden? Und wie prägt die Romantik unser ökologisches
Denken? Diese und andere Themen greifen die Veranstaltungen im neuen Programm
der Bürger-Universität auf, die pandemiebedingt überwiegend online stattfinden werden.
Vor Ort dagegen können sich Interessierte zu den Führungen auf dem Campus
Westend und dem naturwissenschaftlichen Campus Riedberg begeben sowie an den
Exkursionen der Frankfurter Geographischen Gesellschaft teilnehmen, die
Ausflüge in die weitere Umgebung Frankfurts plant.
Ein Höhepunkt der Bürger-Universität im Sommersemester ist die
dreiteilige Hauptveranstaltung „Populismus – Kampf – Kultur“ des Instituts für
England- und Amerikastudien der Goethe-Universität in Kooperation mit anderen
Einrichtungen. Prominente Fachleute aus Medien, Wissenschaft und Kultur
diskutieren unter anderem über Massenmedien im Zeitalter des Populismus und wie
man über Rechtspopulismus schreiben kann. Die Veranstaltungen finden am 1., 8.
und 13. Juli voraussichtlich im Grünen „Open-Air“-Hörsaal statt.
Die Themenvielfalt der Bürger-Universität reicht darüber hinaus
vom Klimawandel und die Folgen für unser Wasser, KZ-Häftlingen in den
Frankfurter Adler-Werken und neuen ethnologischen und archäologischen
Forschungen bis hin zu „Scheitern“ aus geistes- und kulturwissenschaftlicher
Sicht und der Buchpräsentation des Historikers Christoph Cornelißen „Europa im
20. Jahrhundert“.
Die erste Bürger-Universität startete im Jahr 2008. In diesem Jahr
kehrte die Goethe-Universität zu ihren Wurzeln als Stiftungsuniversität zurück,
als die sie 1914 von Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern gegründet worden war.
Seitdem fördert die Bürger-Universität den lebendigen Dialog mit den
Bürgerinnen und Bürgern aus Stadt und Region; dabei begibt sie sich an Orte in
der Stadt (pandemiebedingt derzeit nicht möglich) und lädt im Gegenzug
Bürgerinnen und Bürger auf die Campi der Universität ein.
Das Programm zum Sommersemester 2021 wird an einschlägigen Stellen
in der Stadt ausgelegt und ist auf der Webseite der Goethe-Universität
einsehbar unter: https://www.buerger.uni-frankfurt.de/99205363/burger-universitat-broschure-sommersemester-2021.pdf
Weitere Informationen
Abteilung
PR & Kommunikation
Goethe-Universität
069/798-12481
buergeruni@uni-frankfurt.de
Redaktion: Pia Barth, Referentin für
Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax
069 798-763-12531, E-Mail p.barth@em.uni-frankfurt.de
Bundesweite Studien „Jugend und Corona“ der Universitäten Frankfurt und Hildesheim stellen weitere Ergebnisse vor – Jugendliche nehmen Stellung
Keine offenen Räume mehr zu haben belastet junge Menschen mehr als der Verzicht auf andere Freizeitangebote wie ihre Hobbys. Dies ist eines der Ergebnisse der JuCo-Studie II des Forschungsverbunds „Kindheit – Jugend – Familie in Zeiten von Corona“ der Goethe-Universität Frankfurt und Stiftung Universität Hildesheim. Nun erscheint in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung die erweiterte und vertiefte Auswertung der beiden bundesweiten Onlinebefragungen, an denen im April und November 2020 insgesamt 12.500 junge Menschen teilgenommen haben.
FRANKFURT. Nicht
alle Jugendlichen brauchen „Orte zum Abhängen“. Doch diejenigen, die sich dort
sozial austauschen, werden von den Folgen der Pandemie besonders stark
belastet. Sie fühlen sich nicht nur unwohler und einsamer, sondern haben auch
vermehrt Angst vor der Zukunft. Für das psychosoziale Wohlbefinden sind offene
Räume sogar wichtiger als das Ausüben von Hobbys wie Sport, Musik, Jugendarbeit
oder gesellschaftliches Engagement etwa in Umweltverbänden. Das ergibt eine
vertiefte Auswertung der Online-Befragung JuCo II der Goethe-Universität und
Universität Hildesheim.
Und noch etwas macht die Studie deutlich: Jugendliche, die seit
Corona stärker durch finanzielle Sorgen belastet sind, fühlen sich auch
emotional und psychisch stärker beeinträchtigt. Besonders hoch ist hier der
Anteil von jungen Menschen mit Zukunftsängsten. Ein Befund, der besonders ernst
genommen werden sollte, betont Johanna Wilmes, Familienforscherin an der
Goethe-Universität: „In der jungen Generation manifestieren sich diese erlebten
Ungleichheiten besonders nachhaltig. Wir wissen, dass Armutserfahrungen maßgeblich
Bildungs- und Lernerfolge prägen. Das heißt aber auch, wenn wir hier etwas
verändern, gestalten wir Zukunft zum Positiven.“
Mehr Mitspracherecht für junge Menschen fordert auch das Team von
Jugendlichen, das mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die
Ergebnisse der Studien diskutiert und in der Publikation „Fragt uns 2.0“
zusammengefasst hat. Corona zeige deutlicher, „was ohnehin nicht gut
funktioniert“ – ein veraltetes Schulsystem, fehlendes Mitspracherecht und
fehlende Ansprechpersonen für Kinder und Jugendliche. „So wär´s besser“: Unter
diesem Titel machen die Jugendlichen Änderungsvorschläge in Bezug auf ihre
Situation in Familie, Schule und Ausbildung. „Wir brauchen mehr Verständnis für
die Situation von Jugendlichen in der Pandemie“, fordern sie. Und: „Die
zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Pandemie müssen Thema in Schulen
sein“ sowie „Medien sollten auf Stereotype verzichten und Jugendliche nicht nur
als Regelbrecher:innen darstellen.“
„Fragt uns 2.0“ bestätigt aber auch ein weiteres Resultat der JuCo
I und II-Studien: Junge Menschen haben auch positive Effekte der Pandemie
wahrgenommen. Unter „Ein paar Dinge, die man behalten kann“ nennen sie: weniger
Stress, mehr freie Zeiteinteilung, Selbstorganisation, Wertschätzung von
sozialen Beziehungen, Digitalisierung vorantreiben und ein umweltfreundlicheres
Leben.
Dem Team des Forschungsverbunds „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ gehören Prof. Dr. Sabine Andresen und Johanna Wilmes vom Institut für Sozialpädagogik und Familienforschung an der Goethe-Universität an sowie Prof. Dr. Wolfgang Schröer, Dr. Tanja Rusack, Dr. Severine Thomas, Anna Lips und Lea Heyer vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim.
Zusatzinformation
Die beiden Jugendbefragungen “Jugend und Corona“ (JuCo I und II)
wurden von einem Forschungsverbund der Goethe-Universität Frankfurt und der
Universität Hildesheim durchgeführt. An JuCo I (15. April – 3. Mai 2020) nahmen
5.520 Jugendliche teil, an JuCo II (9.-22. November 2020) beteiligten sich mehr
als 7.000 junge Menschen. Die für die JuCo-Studien zusammengetragenen
Erkenntnisse basieren auf jahrelanger wissenschaftlicher Arbeit der Kindheits-
und Jugendforscher:innen zur Lebenswirklichkeit junger Menschen in Deutschland.
Die Ergebnisse der Studien wurden mit Jugendlichen in mehreren
Online-Workshops von September 2020 bis Januar 2021 diskutiert und reflektiert.
Die Jugendlichen haben ihre Erfahrungen und Forderungen in der Broschüre „Fragt
uns 2.0 – Corona Edition“ festgehalten.
Publikationen:
www.bertelsmann-stiftung.de/junge-menschen-corona
www.bertelsmann-stiftung.de/fragt-uns
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Sabine Andresen
s.andresen@em.uni-frankfurt.de
Johanna
Wilmes,
Wissenschaftliche
Mitarbeiterin
wilmes@em.uni-frankfurt.de
Institut
für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung
der Goethe Universität Frankfurt am Main
Redaktion: Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, E-Mail p.barth@em.uni-frankfurt.de
Pandemiebedingt finden Gespräche in Form von vier Online-Workshops statt – Aufwandsentschädigung für Teilnehmer von 100 Euro pro Workshop
Wie die Versorgung von Patient:innen verbessert werden kann, die ins Krankenhaus gehen oder dort entlassen werden, will eine Studie der Goethe-Universität herausfinden. Dafür suchen Wissenschaftler:innen des Instituts für Allgemeinmedizin ältere Studienteilnehmer:innen, die selbst von zwei oder mehr chronischen Krankheiten betroffen sind und regelmäßig mehrere Medikamente einnehmen. Alternativ können auch Angehörige solcher Patient:innen an der Studie teilnehmen, wenn sie sich um deren medizinische Angelegenheiten kümmern.
FRANKFURT. Es
läuft zuweilen nicht alles glatt, wenn ältere Patientinnen und Patienten mit
chronischen Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, chronische
Lungenerkrankungen oder Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems wie Arthritis
oder Arthrose in ein Krankenhaus eingewiesen werden müssen. Meist nehmen die
Patienten mehrere Medikamente gleichzeitig ein, weil sie an verschiedenen
Krankheiten leiden. Da in der Regel kein direkter Kontakt zwischen
Hausarztpraxis und Krankenhaus besteht, müssen die Patient:innen oder ihre
Angehörigen im Krankenhaus ihre derzeitige Medikation mitteilen – das ist
insbesondere unter dem Stress einer akuten Verschlechterung ihrer Krankheiten
nicht immer einfach. Auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus treten im
Übergang zur Betreuung durch die Hausarztpraxis immer wieder Schwierigkeiten
mit der Medikamentierung auf. So erhalten Patient:innen zuweilen im Krankenhaus
Präparate, die sie nach ihrer Entlassung weiter einnehmen, obwohl die Mittel
dafür nicht geeignet sind. Bei der Entlassung zum Wochenende kommt es zuweilen
auch vor, dass die Patienten nicht ausreichend mit Medikamenten versorgt sind.
Solche und andere Erfahrungen beim Übergang zwischen
Hausarztpraxis und Krankenhaus möchte die Studie „Kontinuität in der
medikamentösen Versorgung bei Patienten an der Schnittstelle
Hausarztpraxis-Krankenhaus (HYPERION-TransCare)“ sammeln und daraus
Verbesserungsvorschläge entwickeln. Die Studie wird von Prof. Marjan van den
Akker des Instituts für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität geleitet und
findet in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Dresden statt.
Bisher wurden im Rahmen der Studie bereits Ärzt:innen,
medizinische Fachangestellte, ambulante Pflegedienstleister sowie einige
Patient:innen und Angehörige befragt. So konnten innerhalb der Studie die
aktuellen Abläufe an den Schnittstellen Hausarztpraxis – Krankenhaus erfasst,
mögliche Problemfelder aufgedeckt und erste Lösungsvorschläge entwickelt
werden.
Gesucht werden nun noch Patient:innen oder Angehörige für die vier
Workshops, deren erster am 30. März stattfindet. Am 5. Mai sowie im Juni und
Juli finden die übrigen Workshops statt. Es ist auch möglich, nur an einem Teil
der Workshops teilzunehmen.
Link zur Online-Fassung dieser Meldung
https://tinygu.de/XWNDR
Flyer mit weiteren Informationen
https://tinygu.de/OXtXD
Kontakt
Goethe-Universität Frankfurt
Institut
für Allgemeinmedizin
Truc Sophia Dinh und Maria-Sophie Brückle
Wissenschaftliche
Mitarbeiterinnen
Tel.
069 6301-84483
dinh@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de
brueckle@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de
www.saxoforn.net
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, E-Mail bernards@em.uni-frankfurt.de
Die Goethe-Universität nimmt Abschied von einem großen Gelehrten
Die Goethe-Universität trauert um einen überragenden Gelehrten:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Michael Stolleis, der von 1974 bis 2006 als
Rechtswissenschaftler an der Frankfurter Universität gewirkt hat und bis 2009
Direktor des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtgeschichte war, ist nach
kurzer und schwerer Krankheit am 18. März mit 79 Jahren verstorben.
FRANKFURT.
Michael Stolleis hat an der Goethe-Universität öffentliches Recht und
Rechtsgeschichte gelehrt. Als sein Hauptwerk gilt die vierbändige Geschichte
des öffentlichen Rechts in Deutschland, die in zahlreiche Sprachen übersetzt
wurde und Maßstäbe setzte. Sein Engagement für die Goethe-Universität und in
vielen Bereichen des geistigen Lebens lässt sich jedoch kaum erschöpfend
darstellen.
Stolleis kam 1941 in Ludwigshafen am Rhein zur Welt. Sein Vater
war Oberbürgermeister und im Nebenberuf Winzer, Michael Stolleis absolvierte
ebenfalls eine Winzerausbildung. Von 1960 an studierte er Jura, Germanistik und
Kunstgeschichte in Heidelberg und Würzburg, in München wurde er promoviert.
Seine Habilitationsschrift befasste sich mit dem Recht im Nationalsozialismus.
1974 wurde Stolleis Professor an der Goethe-Universität. 1991 erhielt er den
renommierten Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft,
im selben Jahr wurde er Direktor am Max-Planck-Institut für europäische
Rechtsgeschichte. Stolleis wurde mit vier Ehrendoktoraten ausgezeichnet – von
den Universitäten Lund, Toulouse, Padua und Helsinki. Er war zudem Träger des
Bundesverdienstkreuzes mit Stern und des Ordens Pour le Mérite (Vizekanzler des
Ordens). Michael Stolleis war Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen
Akademien, etwa der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.
Mit Michael Stolleis verliert die Goethe-Universität einen ihr
zutiefst verbundenen Wissenschaftler: In unnachahmlicher Weise hat sich Michael
Stolleis mit der Goethe-Universität identifiziert, brachte ihr auch als
MPI-Direktor sein großes Interesse entgegen, hat sich immer für ihre Belange
eingesetzt und war stets mit Rat und Tat zur Stelle – auch nach seiner
Emeritierung im Jahr 2006. Ein großer, weit über die Rechtswissenschaft
hinausreichender Wissensschatz, das Vermögen, die Universitas in den Blick zu
nehmen sowie Redlichkeit und Integrität zeichneten Michael Stolleis als Mensch
und als Gelehrten aus.
Stimmen aus der Goethe-Universität:
„Die Nachricht von seinem Tod hat mich sehr berührt. Michael
Stolleis war nicht nur ein großer Rechtsgelehrter und Intellektueller, er hat
auch viel für die Universität getan und sich lange über seine Emeritierung
hinaus mit viel Tatkraft und Kreativität für deren Belange und für den
wissenschaftlichen Nachwuchs eingesetzt. Und er war einer der Köpfe, die den
Ruf unserer Hochschule weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus verbreitet
haben, indem er wichtige gesellschaftliche Debatten angestoßen und sich daran
beteiligt hat. Ich habe ihn auch persönlich sehr geschätzt, als freundlichen
Kollegen, der immer ansprechbar war. Er wird uns allen sehr fehlen. Mein Mitgefühl
gilt jetzt vor allem Michael Stolleis' Familie, der ich viel Kraft wünsche, um
diesen großen Verlust verarbeiten zu können.“
Prof. Dr. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität
„Michael Stolleis hat die deutsche und europäische Rechtsgeschichte
sowie das Öffentliche Recht maßgeblich geprägt. Mit der Geschichte des
Öffentlichen Rechts hat er ein neues Forschungsfeld etabliert und mit seiner in
viele Sprachen übersetzen vierbändigen Gesamtdarstellung zugleich Maßstäbe
gesetzt. Ebenso hat er sich seit seiner Münchner Habilitationsschrift von
1974 um die Erforschung des nationalsozialistischen Rechts verdient gemacht.
Als grundlagenorientierter, über umfassende Gelehrsamkeit verfügender
Rechtswissenschaftler war er für interdisziplinäre Kooperationen zu gewinnen.
So hat er als Principal Investigator und später als assoziiertes Mitglied des
Exzellenzclusters ‚Die Herausbildung normativer Ordnungen' seit 2007 maßgeblich
zum Erfolg dieses Forschungsverbundes beigetragen. Mit Michael Stolleis hat der
Fachbereich nicht nur einen bedeutenden Wissenschaftler verloren, sondern auch
einen aufgeschlossenen und zugewandten Kollegen. Seine von professoraler
Herablassung freie, dabei aber wissenschaftliche Ansprüche nicht preisgebende
Haltung hat die Zusammenarbeit mit ihm leicht und vor allem vielen Jüngeren Mut
zur Wissenschaft gemacht.“
Prof. Dr. Klaus Günther, Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaft
„Das öffentliche Recht in Frankfurt, in Deutschland und in Europa
verliert mit Stolleis einen Gelehrten, der wie kaum ein anderer die Einheit
dieses Faches lebte – in der Verbindung von Forschung und Lehre, in der
Verflochtenheit der europäischen, nationalen und lokalen Dimensionen des
öffentlichen Rechts und nicht zuletzt in der historischen Bedingtheit seiner
aktuellen Problemstellungen. Seine vierbändige Geschichte des öffentlichen
Rechts in Deutschland ist Ausdruck und zugleich Kulminationspunkt dieses
Bemühens, mit dem tieferen Verständnis der großen Entwicklungslinien der
Wissenschaftsgeschichte des Faches die Fäden zusammenzuhalten und stets wieder
neu zusammenzuführen. Dieses Anliegen prägte auch das Engagement von Michael
Stolleis in der Lehre, die er neben seinen Verpflichtungen als Direktor des
Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte weit über das zu
erwartende Maß hinaus ernstnahm. Das von ihm vor vierzig Jahren gemeinsam mit
Hans Meyer initiierte Standardwerk für Studierende und Referendar*innen zum
Staats- und Verwaltungsrecht für Hessen hat er als Mitherausgeber, als Autor
der Abschnitte zum Staatskirchenrecht und zum Sozialrecht und bis zuletzt als
Autor der hessischen Landes- und Verfassungsgeschichte geprägt. Generationen
hessischer Jurastudierender hat es als ‚Meyer/Stolleis' begleitet.“
Prof. Dr. Georg Hermes, Geschäftsführender Direktor des Instituts
für Öffentliches Recht
„Das Institut für Rechtsgeschichte der Goethe-Universität trauert
um Michael Stolleis. Mit ihm verlieren wir einen Wissenschaftler von Weltruf.
Er hat nicht nur durch seine Schriften zur Geschichte des Öffentlichen Rechts
Maßstäbe gesetzt. Neben vielen weiteren Themen, wie dem Sozialrecht, behandelte
er auch intensiv die Geschichte unserer Fakultät. Unermüdlich engagierte er
sich als Lehrer und Förderer des wissenschaftlichen Nachwuchses, unter anderem
über 25 Jahre lang in den verschiedenen rechtshistorischen Graduiertenkollegs
an unserem Fachbereich. Mit Michael Stolleis verlieren wir einen geschätzten
Kollegen und treuen Freund, dessen Rat uns schmerzlich fehlen wird. Wir nehmen
Abschied in Dankbarkeit und tiefer Trauer.“
Prof. Dr. David von Mayenburg, Geschäftsführender Direktor des
Instituts für Rechtsgeschichte
„Michael Stolleis war nicht allein eine Ausnahmeerscheinung als
Rechtshistoriker des öffentlichen Rechts, der Frühen Neuzeit und Moderne sowie
der Juristischen Zeitgeschichte. Auch mit diesen Forschungsgebieten, nicht
zuletzt aber durch seine Persönlichkeit hat er das Max-Planck-Institut für
europäische Rechtsgeschichte seit dem Beginn der 90er Jahre geprägt. Er war
Mentor, Förderer und Vorbild für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
aus aller Welt. Ein engagierter Beobachter und ein gelehrter Erzähler des
Rechts.“
Prof. Dr. Thomas Duve, Direktor des Max-Planck-Instituts für
Rechtsgeschichte und Rechtstheorie
„Michael Stolleis war ein Wissenschaftler, wie es leider nur
wenige gibt. Unbestechlich, mutig und großzügig. In München eine kritische
Studie über ‚Gemeinwohlformeln im nationalsozialistischen Recht' vorzulegen,
dazu gehörte jener Mut, der ihn auch später nie verlassen hat, wenn die
Vergangenheit in die Schranken zu weisen war. Er war ein Winzer nicht nur im
pfälzischen Weinberg, sondern vor allem an der Hochschule, wo er an
Generationen von jungen ‚Rebstöcken' sein Wissen weitergab und seine Kollegen
mit der Lektüre ihrer eben gedruckten Werke überraschte. Ein manchmal
unbequemer, immer kongenialer und wohlwollender Leser, der nicht zu ersetzen
sein wird. Auch nicht der Partner bei den Radtouren in der Haardt und im
Rheintal. Ein guter Freund hat sich verabschiedet. Wie schmerzlich und
traurig.“
Prof. Dr. Frankenberg, Seniorprofessur für Öffentliches Recht,
Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung
„Mit Prof. Michael Stolleis verliert die Wissenschaftliche
Gesellschaft an der Goethe-Universität einen überragenden Gelehrten. Bereits im
Jahr 1992, dem Jahr seiner Ernennung zum Direktor am Max-Planck-Institut, wurde
er zum Mitglied der Gesellschaft gewählt. Es war die fachübergreifende
Gelehrsamkeit, die ihn begeisterte. Über die vielen Jahre hinweg fehlte er bei
kaum einer Sitzung. Er ließ sich von den unterschiedlichsten Bereichen aus
Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften faszinieren und trug zum Diskurs mit
wichtigen, oft entscheidenden Beiträgen aus dem großen Repertoire seines
Wissens bei. Auch seine exzellenten Vorträge bereicherten das geistige Leben
der Gesellschaft, deren Schicksal ihm besonders am Herzen lag. Er diente ihr
als Stellvertretender Vorsitzender, verhandelte erfolgreich mit dem Präsidium
der Universität und bahnte den Weg für die Übernahme neuer Räumlichkeiten im
Gebäude des Forschungsverbunds Normative Ordnungen. Die Aufnahme hervorragender
gelehrter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler war ihm ein Herzensanliegen,
auch hier hatte seine Stimme stets großes Gewicht. Neben seiner Schaffenskraft
waren Empathie, Begeisterungsfähigkeit und das Bewusstsein, dass Wissenschaft
Verantwortung trägt für den offenen Diskurs mit der Stadtgesellschaft,
wesentliche Eigenschaften von Michael Stolleis.“
Prof. Dr. Herbert Zimmermann, Präsident der Wissenschaftlichen
Gesellschaft an der Goethe-Universität
„Mit Michael Stolleis verliert die Goethe-Universität eine ihrer
besten Forscherpersönlichkeiten, die weit über ihr eigenes Fachgebiet, die
Rechtsgeschichte, hinaus gewirkt hat. Mit seiner unermüdlichen, stets neuen
Fragen zugewandten Gesprächsbereitschaft beförderte er wie sonst nur wenige
Personen an unserer Universität die interdisziplinäre Kooperation, so im Rahmen
der ‚Frankfurter Wissenschaftlichen Gesellschaft', im Sonderforschungsbereich
‚Wissenskultur und gesellschaftlicher Wandel', im Exzellenzcluster ‚Die
Herausbildung normativer Ordnungen' oder im Forschungskolleg
Humanwissenschaften der Goethe-Universität, zu dessen engagierten Begleitern
Michael Stolleis bis heute gehörte. Zu den Problemen, die ihn ein Leben lang
beschäftigten, gehörte zentral die Frage nach der Lernfähigkeit des
demokratischen Rechtsstaats, deren grundlegende Bedeutung uns gerade heute
deutlich vor Augen steht.“
Prof. Dr. Matthias Lutz-Bachmann, Direktor des Forschungskollegs
Humanwissenschaften der Goethe-Universität
„‚Wer viele Jahre an der Goethe-Universität unter besten
Bedingungen gelehrt und geforscht hat, kann und sollte ihr durch ein Engagement
bei den ‚Freunden' verbunden bleiben.'“ – Mit diesem Zitat von Michael Stolleis
ist trefflich umschrieben, wie stark der Hochschullehrer mit der
Freundesvereinigung der Universität verbunden war. Wir sind sehr traurig. Ich
verneige mich vor einem Freund, einem großzügigen Stifter und einem Botschafter
der Bürgergesellschaft.“
Prof. Dr. Wilhelm Bender, Vorsitzender des Vorstandes der
Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität Frankfurt
Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/99204044
Bildtext: Abschied von einem großen Gelehrten: Am 18. März ist Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Michael Stolleis nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. (Bild 1: Foto privat, Bild 2: Foto Uwe Dettmar, Bild 3: Christiane Birr)
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Auftakt der Reihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“ des Frankfurter Standorts des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) an der Goethe-Universität am 25. März 2021
FRANKFURT. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es entscheidend, dass Konflikte nicht vermieden, sondern sozial produktiv ausgetragen werden. Dieser Gedanke begleitet das Projekts „Frankfurt streitet!“ des Frankfurter Standorts des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) an der Goethe-Universität. Das Projekt verfolgt das Ziel, in drei verschiedenen Veranstaltungsformaten die Bedeutung einer Konfliktkultur des produktiven Streits für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu vermitteln und praktisch erlebbar zu machen. Auch zu unterschiedlichen Perspektiven von Wissenschaftler*innen wird im Rahmen des Projekts ein öffentlicher Diskussionsraum geboten. Beim Auftakt der Reihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“, in der Themen und Thesen aus der Frankfurter Forschung zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu kontroversen Positionen zugespitzt, vermittelt und diskutiert werden, wird die Frage „Freiheit und Leben: Wege aus dem Ausnahmezustand?“ im Zentrum der Debatte stehen.
Nach
knapp einem Jahr, in dem die Covid-19-Pandemie und der durch sie hervorgerufene
Ausnahmezustand unseren Alltag im Privaten wie im Öffentlichen mitbestimmt,
rufen verzögerte Impfstofflieferungen, Lockdown-Verlängerungen und wieder
steigende Inzidenzwerte Unmut und Frust in der Bevölkerung hervor. Viele
blicken hoffnungsvoll auf den Sommer und auf ein Ende der Kontaktbeschränkungen
sowie damit verbundenen Einschnitten im sozialen oder wirtschaftlichen Bereich.
Es scheint, dass Einigkeit darüber herrscht, die Zeit der Pandemie schnellstmöglich
hinter sich lassen zu wollen.
Doch
welchen Regeln sollte eine solche Rückkehr folgen? Sollten bereits geimpfte
Personen individuell ihre durch den Staat eingeschränkten Freiheiten
zurückerlangen, oder gilt es vielmehr ein No-Covid-Ziel gemeinschaftlich zu
verfolgen, bei dem die Aufhebung von Beschränkungen an konkrete Meilensteine
geknüpft sind? Können mit einer sinkenden Infektionsrate
Freiheitseinschränkungen überhaupt noch gerechtfertigt werden, oder sind sie
gar zum Schutz der Bürger*innen weiterhin erforderlich und wenn ja, wie lange?
Welche Rolle spielt dabei das Verhältnis von Recht auf Schutz durch den Staat
zu dem Recht auf ein selbstbestimmtes Leben?
Darüber
diskutieren am 25. März ab 18.30 Uhr Prof. Dr. Uwe Volkmann, Professor für
Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt
und Mitglied des FGZ, und Prof. Dr. Elvira Rosert, Juniorprofessorin für
Politikwissenschaft, insbes. Internationale Beziehungen an der Universität
Hamburg und am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH)
sowie Co-Autorin des No-Covid-Strategiepapiers. Moderieren wird die Diskussion
zu der hochaktuellen und durchaus polarisierenden Frage Prof. Dr. Nicole
Deitelhoff, Professorin für Internationale Beziehungen an der Goethe-Universität
Frankfurt, eine der drei Sprecher*innen des FGZ und Co-Sprecherin des
Forschungsverbunds Normative Ordnungen der Goethe-Universität.
Die
Diskussion findet online via Zoom statt. Eine Anmeldung an veranstaltungen-fgz@uni-frankfurt.de ist erforderlich.
Die Logindaten werden nach Anmeldung übermittelt.
Informationen
zur Veranstaltung:
https://www.normativeorders.net/de/feed/8098-freiheit-und-leben-wege-aus-dem-ausnahmezustand
Ansprechpartnerin:
Rebecca
Caroline Schmidt, Administrative Geschäftsführerin Forschungsinstitut
Gesellschaftlicher Zusammenhalt, c/o Forschungsverbund "Normative
Ordnungen" der Goethe-Universität, 069 798-31401, rebecca.schmidt@em.uni-frankfurt.de; www.fgz-risc.de
Modelle rechnen direkten Einfluss des Menschen heraus
Die Wassermengen in Flüssen haben sich in den letzten Jahrzehnten
weltweit stark verändert. Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung
der Goethe-Universität Frankfurt konnte nun belegen, dass der Klimawandel dafür
eine entscheidende Rolle spielt. Die Leitung des Projekts lag bei der
Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. (Science, DOI
10.1126/science.aba3996)
FRANKFURT. Der
Klimawandel beeinflusst den Wasserhaushalt der Erde: Je nach Region und
Jahreszeit kann er zu mehr Überschwemmungen oder Dürren führen und sich auch
auf die Wassermengen in Flüssen auswirken. Die Abflussmengen sind ein wichtiger
Indikator für die Wasserressourcen, die Mensch und Umwelt zur Verfügung stehen.
Wieviel Wasser regional verfügbar ist, hängt auch von weiteren Faktoren wie
direkten Eingriffen in den Wasserhaushalt oder der Landnutzung ab: Wird
beispielsweise Wasser zur Bewässerung abgezweigt, ändert sich die Landnutzung
etwa durch Abholzung oder Aufforstung von Wäldern oder werden Staudämme gebaut,
verändert dies ebenfalls die Wassermenge in Flüssen.
Wie stark sich die Abflussmengen in verschiedenen Weltregionen
während der letzten Jahrzehnte verändert haben, wurde bisher auf globaler Ebene
noch nicht anhand von konkreten Messdaten untersucht. Ebenso war die Frage, ob
global sichtbare Veränderungen auf den Klimawandel oder auf den direkten
Einfluss den Menschen zurückzuführen sind, bislang nicht geklärt.
Nun ist es einem internationalen Forschungsteam unter Leitung von
Forschenden der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich gelungen,
den Einfluss dieser Faktoren aufzuschlüsseln. Dazu analysierten die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Daten von 7250
Durchfluss-Messstationen weltweit. Die Studie, die nun in der Fachzeitschrift
Science erschienen ist, belegt: Wie viel Wasser Flüsse führen, hat sich
zwischen 1971 und 2010 stark verändert. Es zeigen sich komplexe Muster: Manche
Regionen sind trockener geworden, etwa der Mittelmeerraum, das südliche Afrika
oder der Nordosten Brasiliens. Anderswo hingegen nahmen anderswo die
Wassermengen zu, zum Beispiel in Skandinavien.
Suche nach den Ursachen
Wie es zu diesen Veränderungen kam, untersuchten die Forschenden
in Computersimulationen, die sie im Rahmen des internationalen
Klimaforschungsnetzwerks ISIMIP mit
dem Ziel durchführten, mögliche Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen.
Sie verwendeten insgesamt neun globale hydrologische Modelle, in die sie
Klimadaten aus dem untersuchten Zeitraum einspeisten (1971 bis 2010). Eines der
Modelle betreute federführend Dr. Hannes Müller Schmied von der
Goethe-Universität Frankfurt und dem Senckenberg Biodiversität und Klima
Forschungszentrum. „Modellrechnungen sind für die Interpretation von gemessenen
Daten und für die Berechnung von verschiedenen Szenarien sehr wichtig“, erklärt
der Frankfurter Geograph, „denn wir können quasi mit einem Schalter den Einfluss
des Klimawandels und die direkten Einflüsse des Menschen ein- und ausschalten
und die Ergebnisse mit den gemessenen Daten vergleichen.“
Die Ergebnisse der Modellrechnungen stimmten gut mit der Analyse
der Flussmessdaten überein. «Das heißt, dass die klimatischen Bedingungen die
beobachteten Trends erklären können», sagt Lukas Gudmundsson, Klimaforscher an
der ETH Zürich und Erstautor der Studie. In einem zweiten Durchgang schlossen
die Forschenden in ihre Simulationen zusätzlich direkte menschliche Veränderungen
ein, um den Einfluss dieser Faktoren zu untersuchen. Das Ergebnis änderte sich
dadurch jedoch nicht. Veränderungen in der Wasser- und Landnutzung sind also
offenbar nicht die Ursache für die globalen Veränderungen in Flüssen.
Gewässermanagement und Landnutzung können zwar lokal zu großen
Schwankungen der Abflüsse führen. «Uns ging es aber nicht um lokale, sondern um
globale Trends, die über längere Zeiträume sichtbar werden», sagt Gudmundsson.
Deshalb betrachteten die Forschenden nicht isoliert die Daten einzelner
Messstationen, sondern fassten diese für die Analyse zu größeren,
subkontinentalen Regionen zusammen. Dadurch wurde es möglich, den Einfluss des
Klimawandels in den Daten zu erkennen.
Einfluss der Treibhausgase
Die Rolle des Klimawandels konnten die Forschenden mit der
sogenannten Attributions-Methode untermauern: Sie verglichen ihre Messdaten mit
Simulationen von Klimamodellen, die einmal mit den menschengemachten
Treibhausgasen berechnet wurden und einmal ohne diese. Im ersten Fall stimmte
die Simulation mit den tatsächlichen Daten überein, im zweiten Fall jedoch
nicht. Ohne den Klimawandel hätte es die beobachteten Veränderungen also
wahrscheinlich nicht gegeben.
Die Studie ist die erste, die mit Messdaten nachweist, dass der Klimawandel
einen global sichtbaren Einfluss auf das Fließgewässer hat. «Dies war nur durch
die gute Zusammenarbeit der beteiligten Forschenden und Institutionen aus zwölf
verschiedenen Ländern möglich», betont Gudmundsson. Auch die gesammelten Daten
von den 7250 Messstationen weltweit waren ein Gemeinschaftswerk: Die
Forschenden trugen sie mit australischen Kollaborationspartnern in einer
Vorgängerstudie zusammen. Sie bilden den größten weltumspannenden Datensatz zum
Wasserabfluss in Flüssen, der heute verfügbar ist.
„Dank der Modelle können wir nun verlässliche Szenarien berechnen,
wie sich große Flüsse unter dem Einfluss des Klimawandels künftig weiter
verändern werden“, meint Hannes Müller Schmied. Solche Projektionen werden für
betroffene Regionen eine wichtige Planungsgrundlage darstellen, um die
Wasserversorgung sicherzustellen und sich an den Klimawandel anzupassen.
Publikation: Lukas
Gudmundsson, Julien Boulange, Hong X. Do, Simon N. Gosling, Manolis G.
Grillakis, Aristeidis G. Koutroulis, Michael Leonard, Junguo Liu, Hannes Müller
Schmied, Lamprini Papadimitriou, Yadu Pokhrel, Sonia I. Seneviratne, Yusuke
Satoh, Wim Thiery, Seth Westra, Xuebin Zhang, Fang Zhao: Globally observed
trends in mean and extreme river flow attributed to climate change. Science https://science.sciencemag.org/cgi/doi/10.1126/science.aba3996
Weitere Informationen
Dr.
Hannes Müller Schmied
Institute für Physikalische Geographie
Goethe-Universität Frankfurt
und
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel.: +49 69 798-40216
hannes.mueller.schmied@em.uni-frankfurt.de
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Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, E-Mail bernards@em.uni-frankfurt.de
Studierende der Goethe-Universität präsentieren im Internet eine Sammlung von Tithu-Figuren aus Arizona
Die virtuelle Ausstellung „Die Wanderer. Katsinam, Tithu und Aby Warburg“ zeigt die Vielfalt spiritueller Figuren aus der Tradition der Hopi. Erarbeitet haben die Schau Studierende der Goethe-Universität in einem interdisziplinären Lehrprojekt im Sommersemester 2020. Unter durch Corona deutlich erschwerten Bedingungen haben sie eine private Sammlung aus der Schweiz für das Publikum aufbereitet.
FRANKFURT. Manche
sehen aus wie Adler im Menschengewand, manche wie bunt behangene Außerirdische.
Eine Art Clown mit Kopf und Körper einer Biene schleckt an einem Lutscher. Ein
überdimensionierter Kopf ist von Kaktusblättern umkränzt. – Die Phantasie der
Hopi beim Schnitzen ihrer sogenannten Katsina-Puppen scheint grenzenlos zu
sein. Und doch wiederholen sich bestimmte Themen und Figuren, deren
spirituellen Vorbildern bestimmte Funktionen rund um das Thema Wasser und
Fruchtbarkeit zugewiesen sind. Das Spektrum umfasst ungefähr 300 immer
wiederkehrende Katsinam, doch verändert sich diese Zahl stetig. Wer sich ein
Bild davon machen möchte, kann sich unter www.diewanderer.info die Ausstellung „Die
Wanderer. Katsinam, Tithu und Aby Warburg“ ansehen. Studierende der
Kunstgeschichte und der Ethnologie haben im Rahmen eines Lehrprojekts eine
Schweizer Sammlung aufgearbeitet.
Die virtuelle Ausstellung ist im Sommersemester 2020 entstanden –
unter widrigen Bedingungen: Wegen der Pandemie konnten sich die Studierenden
nur online besprechen; ein Besuch von Mitgliedern des Hopi-Stammes in Frankfurt
musste abgesagt werden; und auch die bereits organisierte Exkursion nach Zürich
fand nicht statt. Die 18 Studierenden, angeleitet durch den Ethnologen Dr.
Markus Lindner und die Kunsthistorikerin Dr. Hilja Droste (inzwischen an der
Universität Bonn) machten das Beste daraus und befassten sich intensiv mit dem
Material, das ihnen vom Nordamerika Native Museum der Stadt Zürich (NONAM) zur
Verfügung gestellt worden war: Bilder und Informationen zu den knapp 200 so
genannten Katsina-Puppen aus der Sammlung Antonio und Christin Ferretti, die
die Hopi selbst als tithu (Singular tihu) bezeichnen. 30 Jahre
lang haben die Ferrettis, die viele Jahre in Nordamerika lebten, die kleinen
und größeren Skulpturen den Hopi-Künstlern abgekauft. Dann übergaben sie die
wertvolle Sammlung dem Zürcher Museum.
Die Tithu, die von Hopi-Künstlern in Arizona aus dem Wurzelholz
der Amerikanischen Pappel geschnitzt werden, dienten bis ins späte 19.
Jahrhundert ausschließlich als zeremonielle Geschenke für Mädchen. Sie stellen
spirituelle Wesen (Katsinam) dar, die im Lauf des zeremoniellen Jahreszyklus zu
den Hopi kommen, um durch ihre Gebete und Tänze für Niederschlag zu sorgen und
somit für eine erfolgreiche Ernte. Diesen Jahreszyklus der Tänze und Rituale
lernen die Mädchen anhand der Puppen, während Jungen direkt in die Zeremonien
eingeführt werden. Die Figuren erscheinen in unterschiedlicher Ausführung, je
nach Stil und Zeit, in der sie entstanden sind.
Im späten 19. Jahrhundert wuchs das Interesse von Ethnologen und
Touristen an den bunten Skulpturen und ihrer rituellen Bedeutung, so dass diese
bald intensiv gesammelt wurden. Auch für den Kunsthistoriker und
Kulturwissenschaftler Aby Warburg, der 1895/96 die USA bereiste, wurde die
Kultur der Hopi prägend für sein späteres Schaffen. Zur selben Zeit
entwickelten viele internationale Künstler wie André Breton, Max Ernst und
Marcel Duchamp ein großes künstlerisches Interesse Teil in ihren Werken
abbildeten. Die Ausstellung im Internet zeigt zum einen die Figuren der
Sammlung, die ausführlich eingeordnet und beschrieben sind. Zum anderen wird auch
die Bedeutung Aby Warburgs skizziert. Warburg wird häufig auch als „Wanderer
zwischen den Welten“ bezeichnet – ähnlich wie die Katsinam für die Hopi die
Menschen waren, die für die Zeremonien von der spirituellen in unsere Welt
wandern. Der Begriff des Wanderers im Titel verweist außerdem auch auf die
„Wanderung“ der Tithu, der zeremoniellen Objekte, die als Kunstwerke in die
westliche Welt eingewandert sind.
Die Ausstellung steht zunächst unbefristet online zur Verfügung.
Das Schweizer Museum NONAM, wo man von der Arbeit der Studierenden sehr
begeistert ist, hat jedoch bereits Interesse signalisiert und plant die
Webseite künftig in ihre Dauerausstellung zu integrieren. Derweil widmen sich
Dr. Markus Lindner und Dr. Hilja Droste der Erstellung einer Onlinepublikation,
zudem sollen alle Texte noch ins Englische übersetzt werden.
Das Projekt wurde durch den Förderfonds Lehre und durch das
Projekt Starker Start ins Studium unterstützt.
Die Ausstellung finden Sie unter folgendem Link: www.diewanderer.info
Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/98488779
Bildtext:
Bild
1: Clowns wie dieser mit dem Aussehen einer Biene sollen die Hopi für ihre
Fehler sensibilisieren und inakzeptables Verhalten beleuchten. Sie sind Teil
verschiedener Zeremonien und dienen besonders in den Pausen als Unterhaltung.
(Foto: Nordamerika Native Museum der Stadt Zürich)
Bild
2: Yung'a, der Opuntienfrucht-Katsina, erschien kurz vor dem Jahr 1900. Seine
Aufgabe war unter anderem die Reinigung von Quellen. Die Kreuze an seinem Kopf
und Oberkörper stellen Sterne dar. (Foto: Nordamerika Native Museum der Stadt
Zürich)
Bild
3: Diese stattliche Figur ist mehr als 50 Zentimer hoch. Sie zeigt eine
Polimana (Schmetterlingsmädchen), die weibliche Begleitung der
Polìitaqa-Katsinam beim Schmetterlingstanz. (Foto: Nordamerika Native Museum
der Stadt Zürich)
Bild
4: Screenshot der virtuellen Ausstellung „Die Wanderer. Katsinam, Tithu und Aby
Warburg“. (Foto: Lindner)
Weitere Informationen
Dr.
Markus Lindner
Institut
für Ethnologie
Goethe-Universität
m.lindner@em.uni-frankfurt.de
Dr.
Hilja Droste
Kunsthistorisches
Institut
Universität
Bonn
hdroste@uni-bonn.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Der studentische Podcast „Podcasting Populism“ gibt die aktuellen Diskussionen über einen umstrittenen Gegenstand wieder
Es gibt ihn von rechts, es gibt ihn von links, aber gibt es ihn
auch aus der Mitte der demokratischen Gesellschaft? Vom „Populismus“ ist in
diesen Tagen häufig die Rede, aber was genau sich dahinter verbirgt und welche
Ausprägungen es gibt, dem wollten Studierende der Goethe-Universität auf den
Grund gehen. Die Ergebnisse haben sie in einem sechsteiligen Podcast
veröffentlicht.
FRANKFURT. Wer den Klimawandel leugnet, Migranten die Schuld an Arbeitslosigkeit zuschiebt oder gar an der Grenze auf Frauen und Kinder schießen lassen will, ist nach Meinung vieler Menschen ein Populist. Es gibt populistische Parteien, Bewegungen und Aktionen in den sozialen Netzwerken. Doch was genau macht Populismus aus? Wie wirkt er? Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ist das alles andere als klar. Im Seminar „Populismus als soziales Phänomen – aktuelle Diskussionen über einen strittigen Gegenstand" haben sich Studierende zusammen mit dem Seminarleiter Dr. Frieder Vogelmann dem Begriff angenähert und dazu einen Podcast produziert.
In sechs Folgen haben sie das Thema aufgefächert und die
Teilaspekte in Kleingruppen bearbeitet. Sie haben sich mit Literatur
beschäftigt und Interviews mit einschlägig Forschenden geführt. Das Ergebnis
ist nachzuhören unter https://anchor.fm/podcasting-populism,
wöchentlich wird eine Folge hochgeladen.
Ist der Populismus Sargnagel des demokratischen Zusammenlebens
oder ein Korrektiv für in die Jahre gekommene Demokratien? Diese sehr grundsätzliche
Frage schwebt über den sechs Beiträgen, in denen es zum Beispiel um das
Verhältnis von Populismus und Demokratie, um Populismus auf Social Media, um
Abstiegsängste, „Querdenken“ geht. Gesprächspartner in der ersten Folge ist
unter anderem Prof. Dr. Dirk Jörke vom Institut für Politikwissenschaft der TU
Darmstadt. Die Soziologin und Politikwissenschaftlerin Verena Stern beantwortet
in der zweiten Folge Fragen zum Spannungsfeld der Corona-Demos („Zwischen
Existenzängsten, Freiheitsideologien und Verschwörungsmythen“) und spricht über
ideologische Allianzen und die Handlungsoptionen der Politik.
In der dritten Folge des Podcasts werden Paradoxien des Populismus
diskutiert und die Frage erörtert, ob es sich um Tatsachen oder Mythen handelt.
Die vierte Folge ist der sozialräumlichen Perspektive gewidmet: Gibt es
„Geographien des (Rechts-)Populismus? Folge Nummer fünf beleuchtet das
Phänomen, dass die etablierten Parteien während der Corona-Krise an Zustimmung
gewonnen haben. Bedeutet das zugleich einen Rückzug des Populismus? Und wie
wäre das zu erklären? Populismus ist gewiss kein neues Phänomen, aber wie sieht
die moderne Erscheinungsform in Zeiten der Digitalisierung aus? Darum geht es
in der sechsten und letzten Folge von Podcasting Populismus: Wie agieren
Populistinnen und Populisten in sozialen Medien? Welche Strategien verwenden
sie, um ihre Standpunkte unter die Menschen zu bringen?
80 Studentinnen und Studenten haben am Seminar teilgenommen, es
gab verschiedene Möglichkeiten des Leistungsnachweises. Unter den 20
Studierenden, die sich dafür entschieden haben, zusätzlich zur Seminararbeit
eine Podcastfolge zu produzieren, war auch Edith Schönig, die den
Masterstudiengang internationale Beziehungen absolviert. „Die Inhalte in einem
Podcast zu erarbeiten, das war sehr kreativ und hat viel Spaß gemacht“, sagt
die 24-Jährige. Natürlich habe sie viel über Populismus gelernt – zum Beispiel,
dass er nicht zwangsläufig undemokratisch sei –, aber dazu auch noch
Gesprächsführung und Schnitttechnik.
Link zum Podcast: https://anchor.fm/podcasting-populism
Bild zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/98736323
Bildtext: Studierende am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften haben einen
Podcast zum Thema Populismus erstellt – eine etwas andere Form des
Leistungsnachweises.
Weitere Informationen
Dr.
Frieder Vogelmann
Vertretungsprofessor
für Soziologie mit dem Schwerpunkt Soziologische Theorie und Theoriegeschichte
Telefon
+49-(0)69 798-36694
E-Mail
vogelmann@soz.uni-frankfurt.de
https://www.frieder-vogelmann.net
Instagram-Kanal
zum Projekt: podcasting_populism
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für
Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax
069 798-763-12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Befragung von Kindern und Jugendlichen soll Aufschluss geben über die Entstehung von Krankheitsängsten
Warum fürchten sich manche Menschen besonders vor Krankheiten? Und wie entstehen solche Ängste bereits bei Kindern und Jugendlichen? Eine psychologische Studie an der Goethe-Universität soll neue Erkenntnisse liefern. Für die Teilnahme werden Kinder und Jugendliche mit und ohne solche Ängste gesucht.
FRANKFURT.
Krankheitsängste in jungen Jahren stehen im Zentrum des Projekts KaiKiJu
(Krankheitsangst im Kindes und Jugendalter) am Zentrum für Psychotherapie an
der Goethe-Universität: Wo liegen die Ursachen? Wie kann die Diagnostik anhand
von wissenschaftlich geprüften Fragebögen verbessert werden? Und wie haben sich
existierende Krankheitsängste in der Zeit der Pandemie verändert? Dazu werden
Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 19 Jahren mit stärker ausgeprägten
Krankheitsängsten und Kinder und Jugendliche mit keinen oder nur geringen
Krankheitsängsten befragt.
Doch was genau versteht man unter „Krankheitsängsten“? „Menschen
mit Krankheitsängsten“, erklärt Studienleiterin Vera Özak, „leiden besonders
unter stark ausgeprägten Ängsten und Sorgen hinsichtlich ihrer Gesundheit und
führen teilweise übertriebene gesundheitsbezogene Verhaltensweisen aus. Zum
Beispiel gehen sie sehr häufig zum Arzt, um ihren Gesundheitszustand überprüfen
zu lassen“. Wenig bekannt ist bislang jedoch über die Entwicklung und den
Verlauf von Krankheitsängsten im Kindes- und Jugendalter. Zahlreiche Studien
insbesondere aus dem Erwachsenenbereich deuten jedoch darauf hin, dass
Krankheitsängste ihren Ursprung bereits im Kindesalter haben könnten.
Das Projekt KaiKiJu hat deshalb verschiedene Ziele: Zum einen
sollen die Gründe für das Entstehen von Krankheitsängsten erforscht werden. Zum
anderen soll die wissenschaftliche Qualität bereits vorhandener Fragebögen für
die Diagnose von Krankheitsängsten im Kindes- und Jugendalter überprüft werden.
Dazu will das Team Kinder und Jugendliche mit stärker ausgeprägten
Krankheitsängsten und Kinder und Jugendliche mit keinen oder nur geringen
Krankheitsängsten miteinander vergleichen. Außerdem soll untersucht werden, ob
und wie sich Krankheitsängste bei Kindern- und Jugendlichen durch die
Corona-Pandemie verändern.
Für die Erhebung wurden verschiedene Fragebögen zusammengestellt,
die u.a. Krankheitsängste, körperliche Symptome, andere Ängste, belastende
Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen sowie Stärken und Schwächen erfassen.
Außerdem werden Informationen über die Lebenssituation der Kinder und
Jugendlichen und ihrer Familien erhoben. Darüber hinaus erhalten auch die
Eltern ein Fragebogenpaket, das sich u.a. auf eigene Belastungen bezieht.
Alle Fragebögen werden online ausgefüllt. Die anonyme Umfrage
dauert 40 bis 60 Minuten. Kinder und Jugendliche können entweder allein,
gemeinsam mit einem Elternteil und/oder gemeinsam mit einem Geschwisterkind
(8-19 Jahre) teilnehmen.
Die Teilnahme an der Studie ist unter den folgenden Links möglich:
Für
Kinder und Jugendliche und Geschwister (8-19 Jahre): https://ww3.unipark.de/uc/f_uni_KiJuPsy/55c6/
Für Eltern: https://ww3.unipark.de/uc/f_uni_KiJuPsy/4aef/
Den
Flyer finden Sie zum Download unter:
https://www.psychologie.uni-frankfurt.de/97121738/Flyer_KaiKiJu_2021_01_neu.pdf
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Katajun Lindenberg
Leiterin
der Verhaltenstherapieambulanzen für Kinder und Jugendliche
Abteilung
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
Goethe-Universität
Telefon
+49 (0)69 798 23975
E-Mail
lindenberg@psych.uni-frankfurt.de
Dipl.-Psych.
Vera Özak
E-Mail
oezak@psych.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation,
Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Rhein-Main-Forschungsverbund der Universitäten Frankfurt und Mainz untersucht die neuen Player Asien und Afrika
Wenn eine koreanische Boygroup weltweit von Millionen Fans gehört wird, wenn also Filme und Musik digital rund um den Erdball kreisen: was bedeutet dies für die Produktion für Kultur? Und welche Folgen hat das für die Wahrnehmung der regionalen Räume, in denen Kultur entsteht? Diesen Fragen geht ein interdisziplinäres Forschungsteam von Wirtschaftswissenschaften, Afrikanistik, Koreastudien, Sinologie, Ethnologie und Filmwissenschaft nach. Das Projekt von Goethe-Universität und Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) wird jetzt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für drei Jahre mit 2,1 Millionen Euro gefördert.
FRANKFURT. Es war
ein nigerianischer Händler von Heimvideorekordern mit seiner Amateurkamera, der
Anfang der neunziger Jahre den weltweiten Filmmarkt in Bewegung brachte: Um den
Verkauf der Rekorder anzukurbeln, drehte der Händler kurzerhand einen Film. Der
eigenproduzierte Thriller „Living in Bondage“ verkaufte sich überraschend eine
Dreiviertelmillion Mal und fand prompt zahlreiche Nachahmer. Nahezu aus dem
Nichts entstand in Nigeria in den folgenden Jahren eine Filmindustrie, die
heute – nach Indien – zu den zweitproduktivsten der Welt zählt. „Der
Aufstieg von Nigeria und die globalen Erfolge von koreanischen Filmen, TV-Serien
und Popbands im neuen Jahrtausend verändern die Landschaft der
Kulturproduktion, aber auch der Rezeption grundlegend“, so der Frankfurter
Filmwissenschaftler Prof. Dr. Vinzenz Hediger, der das neue Forschungsprojekt
leitet.
Ausgelöst wird die neue Weltordnung der Kulturproduktion durch die
Digitalisierung. Dabei interessiert die Frankfurter und Mainzer
Wissenschaftler:innen, inwieweit die neuen Kulturindustrien mit überregionaler
Reichweite zum Faktor wirtschaftlicher Entwicklung ihrer Herkunftsregionen werden.
Und sie fragen nach der Bedeutung von Region und Herkunft der
Kulturschaffenden: „Noch offen ist“, sagt die Frankfurter Management-Forscherin
Prof. Dr. Cornelia Storz, „ob Unternehmer in digitalen Industrien vielleicht
noch mehr als früher von lokalen Ressourcen abhängig sind“. Dabei ist vor allem
von Interesse, wie sie ihr kulturelles Erbe variieren und in immer neue, auch
globale Kontexte einbinden.
Diesen Fragen geht das interdisziplinäre und internationale
Forschungsprojekt anhand einer Reihe von Fallstudien zu Musik und Film in
Afrika und Asien nach. Eine besondere Rolle spielt dabei das Archiv der
Musik Afrikas (AMA) an der JGU Mainz - eine der weltweit bedeutendsten
Sammlungen von Aufzeichnungen afrikanischer Musik des 20. Jahrhunderts. Für die
Teilprojekte, die sich mit Musik befassen, stellt das AMA eine unschätzbare
Quelle dar – wie etwa für die Erforschung der als ‚Afrobeats' vermarkteten
nigerianischen Popmusik, die unterschiedliche Genres auf neuartige Weise
verbindet. „Auch im Globalen Norden hat sie bereits prominente Fans gefunden“,
erklärt der Mainzer Ethnologe Prof. Dr. Matthias Krings, „darunter Beyoncé, die
mit ihrem visuellen Album ‚Black is King' 2020 auch deshalb für Furore sorgte,
weil es Gastauftritte von Afrobeats-Stars wie Burna Boy, Wizkid, Tiwa Savage
und Yemi Alade enthält“.
Die Projektteile, die sich mit Asien befassen und dort etwa die
globale Zirkulation und Rezeption zeitgenössischer koreanischer Populärkultur
beleuchten, profitieren von engen Beziehungen zu außeruniversitären Partnern
wie dem Koreanischen Filmarchiv.
Das Teilprojekt zu Taiwan richtet den Fokus auf das Kaohsiung Film
Festival und seine Beziehungen zur koreanischen Filmproduktion. In Nigeria
schließlich kooperiert das Projekt mit dem Nollywood Study Center der Pan
Atlantic University in Lagos, einem film- und medienwissenschaftlichen
Forschungsinstitut mit engen Beziehungen zur nigerianischen Film- und
Musikindustrie.
Das BMBF-Förderprojekt bringt die Regionalstudien-Zentren im
Rhein-Main-Universitätsverbund erstmals in einem interdisziplinären
Forschungsauftrag zusammen – an der Goethe-Universität das Zentrum für
interdisziplinäre Afrikaforschung (ZIAF) sowie das Interdisziplinäre Zentrum
für Ostasienstudien (IZO) und an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz das
Zentrum für Interkulturelle Studien (ZIS).
Das Forschungsprojekt stärkt die Regionalstudien im
Rhein-Main-Universitätsverbund außerdem durch eine enge Verknüpfung mit der
Lehre: die Forschungsergebnisse des Projekts sollen in den Bachelor-Verbund-Studiengang
„Afrikanische Sprachen, Medien und Kommunikation“ einfließen, der sich gerade
im Aufbau befindet.
Bild: http://www.uni-frankfurt.de/98633989
Bildtext: Globale Popstars mit twitter-Fan-Armee: K-Pop Superstars BTS (c)
Kim-Hee Chu / dpa
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Vinzenz Hediger, Professor für Filmwissenschaft, Goethe-Universität
Frankfurt: hediger@tfm.uni-frankfurt.de
Prof.
Dr. Cornelia Storz, Professorin für Institutionen- und Innovationsökonomik mit
Schwerpunkt Ostasien, Goethe-Universität Frankfurt: storz@wiwi.uni-frankfurt.de
Prof.
Dr. Matthias Krings, Professor für Ethnologie und populäre Kultur Afrikas,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz: krings@uni-mainz.de
Redaktion: Pia Barth, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, E-Mail p.barth@em.uni-frankfurt.de
Gemeinsame Veranstaltung des Hessischen Sozialministeriums und des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität anlässlich des Equal Pay Days
Der Equal Pay Day erinnert daran, dass Frauen immer noch deutlich weniger verdienen als Männer. In diesem Jahr ist der 10. März als der Termin errechnet worden, im vergangenen Jahr war es noch der 17. März. Bis zu diesem Tag arbeiten Frauen statistisch gesehen umsonst, während Männer vom 1. Januar an für ihre Tätigkeit bezahlt werden. Doch in Hessen gibt es Licht am Horizont. Darüber informieren das Hessische Sozialministerium und das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Goethe-Universität bei der Präsentation des Hessischen Lohnatlas.
„Arbeitgeberattraktivität durch Entgeltgleichheit zwischen Frauen
und Männern – der wichtige Beitrag der Hessischen Wirtschaft zur
Geschlechtergerechtigkeit“ – unter diesem Titel laden die Staatssekretärin des
Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration und das Institut für
Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität
am
Mittwoch, 17. März, von 9:30 bis 12 Uhr
zu
einer virtuellen Konferenz
ein.
In Hessen beträgt die Lohnlücke gemäß dem Hessischen Lohnatlas im
Jahr 2018 noch immer 11,9 Prozent. Allerdings wird die Lücke langsam aber
stetig geringer. Seit 2012 hat die Differenz zwischen männlichen und weiblichen
Einkommen um 4 Prozentpunkte abgenommen. „Dies ist eine sehr erfreuliche Entwicklung“,
stellt Staatsekretärin Anne Janz fest, die auch das Grußwort spricht.
Bei der Veranstaltung geht es darüber hinaus auch um einen Blick
auf die aktuelle Lage: Hat Corona für die Frauen beruflich eher Rückschläge
gebracht? Oder können sie die während der Pandemie erfolgte Flexibilisierung
sogar zu ihrem Vorteil nutzen? Und führt dies zu einer weiteren Verringerung
der Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen? Damit würde die Pandemie einen
Impuls setzen für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Aber wie müsste man dann die
Weichen stellen für die Zeit danach?
Bei der Konferenz werden Befunde aus der einschlägigen
Arbeitsmarktforschung, Erfahrungen aus Betrieben und Daten aus dem bereits 2020
veröffentlichen Hessischen Lohnatlas sowie Aktivitäten des Hessischen
Ministeriums für Soziales und Integration zur Verbesserung der
Entgeltgleichheit vorgestellt:
Die Arbeitsmarktforschung zeigt, dass sich Arbeit für viele
Beschäftigte während der Pandemie wesentlich verändert hat. Zeitlich und
räumlich flexibles Arbeiten wird tagtäglich von vielen gelebt, die im
Homeoffice tätig sind. „Bei manchem Arbeitgeber entsteht die Erkenntnis, dass
die Arbeitsergebnisse nicht schlechter als vor der Pandemie sind und dass
Führung auf ‚Distanz' gut möglich ist“, stellt Dr. Christa Larsen,
Geschäftsführerin des IWAK fest. Lange Zeit wenig hinterfragte Annahmen
kommen ins Wanken, denn feste Arbeitszeiten in Präsenz stellen nicht mehr die
notwendige Voraussetzung für optimale Arbeitsergebnisse dar. Von diesem
Umdenken können vor allem diejenigen Beschäftigten profitieren, die diese
Flexibilität benötigen, um ihre familiären und beruflichen Anforderungen gut
miteinander zu vereinbaren. Dies trifft in der Praxis vor allem auf Frauen zu.
Relevant ist das Umdenken auch in Bezug auf Karrierefragen. Bisher waren
Präsenz vor Ort im Betrieb und feste Arbeitszeiten Voraussetzungen dafür.
Dementsprechend hatten Frauen, die mehr Flexibilität zur Vereinbarkeit
benötigen, oft das Nachsehen, auch finanziell. „Zudem sehen wir während der
Pandemie, dass sich die Arbeitsteilung bei hochqualifizierten Paaren zu Hause
günstig entwickelt. Männer übernehmen während des Homeoffice mehr familiäre
Verpflichtungen als vor der Pandemie“, sagt Dr. Claudia Globisch vom Institut
für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, die bei der Konferenz vortragen wird.
Veränderung der Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen begünstigt zudem die
stärkere Teilhabe von Frauen an Erwerbsarbeit und eine Verbesserung ihrer
Entgeltsituation.
Aus Sicht von Betrieben hat der Wandel noch andere Gründe. Darüber
sprechen die Vertreter von Adobe Systems, Salesforce und PwC: Der
Fachkräftemangel ist während der Pandemie bei vielen nicht kleiner geworden.
„Wir brauchen gerade jetzt mehr Fachkräfte und wollen unsere sehr gut
ausgebildeten Beschäftigten halten“, sagt Frank Rohde von Adobe Systems: „Im
Wettbewerb um Fachkräfte müssen wir als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen
werden – ein Baustein dafür ist gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, aber auch
die Möglichkeit, seine Arbeitszeit flexibel und mobil zu gestalten.“ Nina
Gohlke von Salesforce bestätigt: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das sollte
heute eine Selbstverständlichkeit sein. Wir überprüfen unsere Gehaltsstrukturen
regelmäßig, um dies sicherzustellen. Gleiche Aufstiegschancen für Frauen und
Männer sowie Entgeltgleichheit sind nicht nur im Sinne der Chancengleichheit
relevant, sondern auch nötig, um als Arbeitgeber attraktiv für die besten
Talente zu sein!“
Auch in vielen anderen Branchen und der öffentlichen Verwaltung werden
Entgeltanalysen durchgeführt, um zunächst Transparenz zur Entgeltlage zu
schaffen. „Das ist ein erster Schritt, der nicht selten bei dem einen oder
anderen betrieblichem Entscheider zu einigem Erstaunen geführt hat“, berichten
Pia Müller-Pleines und David Nowacki von PwC, die über Erfahrungen aus der
Equal Salary-Zertifizierung verfügen. Der Transparenz folgen Maßnahmen, deren
Ergebnisse regelmäßig beobachtet werden.
Dass die Entgeltlücken zwischen Frauen und Männern trotz alledem
noch groß sind, verdeutlicht der Hessische Lohnatlas, der im vorigen Jahr in
der zweiten Ausgabe erschienen ist und die Jahre 2012 bis 2018 umfasst.
Besonders deutliche Lücken gibt es im Mittelstand und in Betrieben mit hohem
Altersschnitt. „Wir zeigen mit dem Lohnatlas auf, wo die Betriebe in Hessen
stehen und dass der Handlungsbedarf noch sehr groß ist“, stellt
Staatssekretärin Anne Janz fest. Ein wichtiges Ziel der Landesregierung ist
die Verbesserung der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern in Hessen.
Der Austausch bei der geplanten Veranstaltung wird wichtige Impulse setzen,
gerade um die Chancen, die sich während der Pandemie ergeben, zu nutzen. Als
weitere Aktivitäten in diesem Jahr sind der Dialog der Sozialpartner aus den
größten Branchen in Hessen vorgesehen und die Vorstellung und Diskussion der
Befunde aus dem Lohnatlas in den Regionen vor Ort. „Wir haben viel vor und
wollen einen lebendigen Diskurs im Land gestalten. Damit wir die neuen Chancen
für Frauen gut nutzen“, betont Staatssekretärin Anne Janz.
Der Hessische Lohnatlas wird vom Institut für Wirtschaft, Arbeit
und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität erstellt. Dort finden kontinuierlich
Forschungsbefunde Eingang. Über Veranstaltungen und Vorträge wird ein Diskurs
mit der Praxis aus der Universität heraus gepflegt. „Dieser gelebte
Wissenstransfer macht einen Unterschied“, meint Prof. Manfred
Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident für Third Mission der Goethe-Universität.
Publikation: Den Hessischen Lohnatlas finden Sie zum Download unter dem
folgenden Link: http://www.hessischer-lohnatlas.de und das
Konferenzprogramm unter https://hessenlink.de/wNBk7)
Anmeldungen
sind noch möglich unter lohnatlas@iwak-frankfurt.de
Weitere Informationen
Dr.
Christa Larsen
Institut
für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität
Telefon
069 798- 22152
E-Mail
c.larsen@em.uni-frankfurt.de
www.iwak-frankfurt.de/projekt/hessischer-lohnatlas/
Gruppierungen von Rezeptoren können dieselbe Wirkung wie Bindung eines Signalmoleküls haben – Rezeptorcluster können Zellbewegungen lenken
Wenn wir riechen, schmecken oder sehen oder wenn Adrenalin durch unsere Adern rauscht, werden diese Signale von unseren Zellen über eine bestimmte Gruppe von Empfänger-Proteinen empfangen, den sogenannten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Rezeptoren geben die Signale ins Zellinnere weiter. Dass solche Rezeptoren auch Signale produzieren können, obwohl ein äußerer Stimulus fehlt, haben jetzt Biochemikerinnen und Biochemiker der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Leipzig herausgefunden: Es reicht bei manchen Rezeptoren offenbar aus, wenn viele von ihnen an der Zelloberfläche eng zusammenrücken. (Science, doi/10.1126/science.abb7657)
FRANKFURT. Unser Körper besteht aus 100 Billionen Zellen,
die miteinander kommunizieren, Signale aus der Außenwelt empfangen und darauf
reagieren. Eine zentrale Rolle in diesem Kommunikationsnetz spielen
Empfänger-Proteine, sogenannte Rezeptoren, die in der Zellmembran verankert
sind. Dort empfangen sie Signale und leiten sie ins Zellinnere weiter, wo die
Reaktion der Zelle ausgelöst wird.
Beim Menschen stellen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren
(GPC-Rezeptoren) mit rund 700 verschiedenen Typen die größte Gruppe dieser
Empfängermoleküle. Im Fokus der Forschung der Frankfurter und Leipziger
Wissenschaftler:innen stand ein GPC-Rezeptor, der in Zellen als Empfänger für
das Neuropeptid Y dient und entsprechend Y2-Rezeptor genannt wird. Neuropeptid
Y ist ein Botenstoff, der vor allem Signale zwischen Nervenzellen vermittelt,
daher treten Y2-Rezeptoren vorwiegend in Nervenzellen auf und lösen die Bildung
neuer Zellverbindungen aus.
Im Labor züchteten die Forscher:innen Zellen, die je rund
300.000 Y2-Rezeptoren an ihrer Oberfläche hatten und auf eigens entwickelten,
mit Licht adressierbaren Matrizen wuchsen. Jeder der Y2-Rezeptoren war mit
einem kleinen molekularen „Etikett“ versehen. Erzeugten die
Wissenschaftler:innen nun mit einem feinen Laserstrahl einen Lichtpunkt auf der
Zelle, so verbanden sich unter diesem Spot die Y2-Rezeptorfortsätze derart mit
der belichteten Matrize, dass die Y2-Rezeptoren eng zu einer Gruppe
zusammenrückten und einen sogenannten Cluster bildeten. Das Ganze passierte
unmittelbar an Ort und Stelle und innerhalb weniger Sekunden.
Prof. Robert Tampé vom Institut für Biochemie der
Goethe-Universität Frankfurt erklärt: „Das Erstaunliche an diesem Experiment
ist, dass das Clustern der Rezeptoren ein Signal auslöst, das ähnlich dem von
Neuropeptid Y ist. So konnten wir alleine durch diese Clusterbildung
Zellbewegungen als Reaktion der Zelle auslösen. Durch die Laserspots konnten
wir sogar steuern, in welche Richtung sich die Zelle bewegen soll.“ Weil die
eingesetzten lichtempfindlichen Moleküle im Vergleich zu den Rezeptoren sehr
klein sind, ist die Organisation der Rezeptoren in der Zellmembran mit dem
Laserspot hoch präzise steuerbar. „Damit ist diese nicht-invasive Methode
besonders gut geeignet, um die Auswirkungen des Rezeptorclusterings in lebenden
Zellen zu untersuchen“, so Tampé weiter. „Mit diesem Verfahren lassen sich
spannende wissenschaftliche Fragen verfolgen, zum Beispiel, wie Rezeptoren in
Netzwerken organisiert sind und wie im Gehirn neue Schaltkreise entstehen.“
Publikation: M. Florencia Sánchez, Sylvia Els-Heindl,
Annette G. Beck-Sickinger, Ralph Wieneke, Robert Tampé: Photo-induced receptor
confinement drives ligand-independent GPCR signaling. Science abb7657
DOI: 10.1126/science.abb7657;
https://science.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.abb7657
Bild / Video zum Download:
http://www.uni-frankfurt.de/98160408
Bildtext: Laserspots aktivieren in einer Matrix sehr kleine
synthetische Schlüssel-Schloss-Paare und erzeugen so Rezeptorcluster in der
Zellmembran. Diese Liganden-unabhängige Aktivierung löst Kalziumsignale und
eine erhöhte Zellbewegung aus. (Copyright: M. Florencia Sánchez &
Robert Tampé, Goethe-Universität Frankfurt).
http://www.uni-frankfurt.de/98150564
Beschreibung Video: Nach der Bestrahlung mit Laserlicht
(weiße Ringe) gruppieren sich in der Zelle die Rezeptoren (hellgrüne Punkte).
Die Zelle bewegt sich daraufhin in Richtung der Rezeptorcluster. (Copyright: M.
Florencia Sánchez & Robert Tampé, Goethe-Universität Frankfurt).
Reprinted with permission from M. F. Sánchez et al., Science
10.1126/science.abb7657(2021).
Weitere Informationen
Prof. Dr. Robert Tampé
Institut für Biochemie
Goethe-Universität Frankfurt
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Bildungsdezernentin Weber: „Alltagsintegrierte Sprachförderung kann eine Lücke schließen“ / Initiative der BHF BANK Stiftung
Das Modellprojekt „Sprachentdecker“ unter wissenschaftlicher Federführung der Goethe-Universität zeigt, wie Deutschförderung im Alltag gelingen kann. Die Evaluierung des Projekts bestätigt: Die Methode wirkt nachhaltig. In Pandemiezeiten sind die Fördertechniken auch digital vermittelbar.
FRANKFURT. Kitas
und Grundschulen öffnen wieder. Erzieherinnen und Lehrkräfte sehen manche Kinder
seit Monaten zum ersten Mal. Wie soll nun all das Versäumte aufgeholt werden?
Besonders folgenreich waren die Schließungen für Kinder, die zuhause wenig
Unterstützung bekommen – und für mehrsprachige Kinder, deren Familiensprache
nicht Deutsch ist. Sie hatten kaum Kontakt mit der Landessprache.
Hier setzt das Modellprojekt „Sprachentdecker“, eine Initiative
von BHF BANK Stiftung, Goethe-Universität und dem Amt für multikulturelle
Angelegenheiten der Stadt Frankfurt, an. Pädagogische Fachkräfte, die am Projekt
Sprachentdecker teilgenommen haben, verfügen über Strategien, um Kinder beim
Deutschlernen im Alltag zu unterstützen. Sie haben gelernt, wie sie
Mathematikaufgaben so besprechen können, dass die Kinder dabei auch sprachlich
etwas lernen. Sie fordern die Kinder zum Beispiel dazu auf, nicht nur das
Ergebnis einer Aufgabe zu nennen, sondern auch zu erklären, wie sie darauf
gekommen sind. Dabei geben sie den Kindern Satzmuster vor, die beim Antworten
helfen: „Als erstes habe ich...“ „Weil..., muss man ...“. Auch in der Kita
regen die Erzieherinnen die sprachliche Entwicklung der Kinder an, indem sie
deren Sätze aufgreifen und erweitern. Erzählt ein Kind: „Gestern hab ich Pferd
geseht!“ antwortet die Fachkraft z.B.: „Stimmt, gestern haben wir beim Spaziergang
ein großes braunes Pferd gesehen, das auf einer Weide stand“. So lernen die
Kinder beiläufig richtige und variantenreiche Formulierungsmöglichkeiten im
Deutschen.
Vor gut fünf Jahren ist das Projekt „Sprachentdecker -
Alltagsintegrierte Sprachförderung in Kita und Grundschule“ in Frankfurt
gestartet. Die jetzt von der Erziehungswissenschaftlerin und Doktorandin
Christina Graf vorgelegte Evaluierung des Projekts unter der wissenschaftlichen
Leitung von Prof. Diemut Kucharz (Goethe-Universität, Erziehungswissenschaften)
zeigt, dass gezielte und praxisorientierte Fortbildungen und individuell auf
die Fragen und den Kenntnisstand von Pädagogen und Pädagoginnen abgestimmte
Coachings wirken und die Landschaft bestehender Sprachförder- und
Sprachbildungsangebote sinnvoll ergänzen können.
„Alltagsintegrierte Sprachbildung ist kein Selbstläufer – und
passiert nicht von selbst“, sagte Sylvia Weber, Stadträtin und Dezernentin für
Integration und Bildung der Stadt Frankfurt, bei der Präsentation der
Evaluationsergebnisse. „Wir brauchen eine gezielte Qualifizierung der Fach- und
Lehrkräfte und eine bewusste und langfristige Auseinandersetzung mit Sprache,
Mehrsprachigkeit und Sprachförderung in den Teams und Kollegien von Kita und
Schule. Gerade die individuellen Coachings des Programms sind hier sehr
wertvoll. Vorlaufkurse und Seiteneinsteigerklassen (Intensivklassen) sowie
gezielte Angebote für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache allein reichen nicht
aus, um Sprachdefizite im Deutschen zu kompensieren und bildungssprachliche
Kompetenzen zu entwickeln. Vielmehr müssen alle Fach- und Lehrkräfte, d.h.
alle, die die regulären Bildungs- und Lernprozesse gestalten, für eine
alltagsintegrierte Sprachbildung und sprachförderliches Verhalten qualifiziert
werden.
Das Angebot Sprachentdecker kann hier eine Lücke schließen und
andere Angebote wie Vorlaufkurse ergänzen und so die Sprachbildung der Kinder
nachhaltig begleiten und fördern.“ Die positiven Ergebnisse der Evaluierung
bestätigten dies. „Wenn ich sehe, wie viele Kinder Förderbedarf haben, weiß
ich: Wir brauchen mehr Förderung im Regelbetrieb und im Alltag der Kinder.
Hierzu leistet ‚Sprachentdecker' einen wertvollen Beitrag“, so Weber weiter.
Der Evaluation zufolge bewirkt „Sprachentdecker“ zum einen, dass
Pädagoginnen und Pädagogen in Kita und Schule ihre Kenntnisse über das
sprachliche Bildungspotential der Kinder und ihr eigenes Handlungsrepertoire in
der Sprachförderung erweitern und einüben. Und zum anderen, dass Kinder ihre
sprachlichen Kompetenzen verbessern, wenn Fachkräfte regelmäßig und gezielt
alltagsintegrierte Fördertechniken anwenden.
„‚Die Evaluation hat gezeigt, dass Sprachentdecker' und die
Techniken der alltagsintegrierten Förderung es den pädagogischen Fachkräften
ermöglichen, ihr Wissen über die Sprache zu verbessern und es optimal
einzusetzen, wenn sie mit den Kindern interagieren“, sagt Diemut Kucharz,
Professorin für Grundschulpädagogik an der Goethe-Universität. „Viele
Förderkräfte haben noch kein Instrumentarium, um zu erkennen, was die Kinder
schon gut beherrschen und wo Einzelne noch Defizite haben. Hier setzt
‚Sprachentdecker' an: Wir schärfen den Blick der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
und komplettieren ihr Repertoire – und das ohne zusätzliche Fördermaßnahmen für
die Kinder, sondern integriert in deren Alltag. Die Evaluierung hat gezeigt:
Dies ist ein sehr effizienter Ansatz.“
„Unzureichende Deutschkenntnisse am Ende einer Schullaufbahn
verringern die Chancen auf ein gutes Leben. Diese Problematik wollten wir in
den Blick nehmen und möglichst früh ansetzen und innerhalb der bestehenden
Strukturen effiziente Möglichkeiten der Förderung etablieren“, sagt Sigrid
Scherer, Leiterin der BHF BANK Stiftung. „Man muss sich genau anschauen: Wie
interagieren Kinder und Förderkräfte? Wie sollten Fehler korrigiert werden,
damit Kinder daraus lernen können? Was kann ein Kind aufnehmen, was nicht? Das
Projekt hat uns gezeigt, wie groß der Bedarf ist und wie notwendig passgenaue
Qualifizierungen und die Coachings sind.“
„Sprachentdecker“ ist eine Initiative der BHF BANK Stiftung. Das
Projekt wurde von der Goethe-Universität und dem Amt für multikulturelle
Angelegenheiten der Stadt Frankfurt und mit Unterstützung des Staatlichen
Schulamts für die Stadt Frankfurt entwickelt. Seit Projektstart 2016 wurden im
Rahmen von „Sprachentdecker“ aus zwölf Kitas und acht Grundschulen insgesamt
etwa 100 Fach- und Lehrkräfte fortgebildet. Seit 2019 unterstützt das Projekt
auch die nachhaltige Verankerung der Anwendung der Fördertechniken in die Teams
und Kollegien der beteiligten Einrichtungen. Qualifizierung von
Fachkräften, Sprachförderung im Übergang von Kita und Schule sowie
Bildungskooperation mit Eltern – das sind die drei Säulen von
„Sprachentdecker“. Insgesamt hat die BHF BANK Stiftung seit 2016 fast 200.000
Euro in das Projekt und die Evaluierung der Angebote investiert.
Bilder sowie Statements und Informationen zum Hintergrund finden Sie
unter: http://www.uni-frankfurt.de/98184209
Bildtext: An der Frankfurter Liebfrauenschule wird das Programm
„Sprachentdecker“ im Unterricht angewandt. (Foto: Susanna Kock)
Weitere Informationen
Prof. Dr. Diemut
Kucharz
Institut
für Pädagogik der Elementar- und Primarstufe (WE II)
Goethe-Universität
Frankfurt
Telefon +49
(0)69 798-36266|
E-Mail: kucharz@em.uni-frankfurt.de
Goethe-Universität lädt in Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium zu Online-Vortragsreihe ein – auch die interessierte Öffentlichkeit erhält Zugang
FRANKFURT. Freude über die Rückkehr, aber auch Unsicherheit – die ersten Öffnungsschritte an den Schulen sorgen unter Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern für gemischte Gefühle. Es stellen sich weiterhin wichtige Fragen: Wie gefährlich ist Corona für Kinder und Jugendliche? Was leisten Masken und Schnelltests? Was können Luftreinigungsgeräte – und was können sie nicht? Und wie hilft das Impfen? Eine besondere Online-Vortragsreihe gibt Schulleitungen und Lehrkräften nun Antworten der aktuellen Forschung zu Fragen rund um die Corona-Pandemie. Auch die interessierte Öffentlichkeit erhält nachträglich Zugang zu den aufgezeichneten Vorträgen.
Kurz, prägnant und mit wissenschaftlicher Expertise informieren
unter anderen Mediziner, Virologen und Pharmazeuten der Goethe-Universität,
welche die sechsteilige Vortragsreihe gemeinsam mit der
Goethe-Lehrkräfteakademie und dem Hessischen Kultusministerium veranstaltet.
„Wir haben uns zu dieser Fortbildung entschlossen“, sagt Prof. Dr.
Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident der Goethe-Universität, „weil wir es
als unsere Aufgabe sehen, wissenschaftliche Erkenntnisse verstehbar und nahbar
zu machen. Wir freuen uns, dass die Goethe-Uni so ganz konkret den hessischen
Schulen helfen und aufklären kann.“ Professor Dr. Tim Engartner, Direktor der
Goethe-Lehrkräfteakademie, ergänzt: „Aufklärung mittels Fakten an die Stelle
von Verklärung mittels Fake News treten zu lassen, scheint mir gerade
für Schulleitungen und Lehrkräfte als Multiplikatoren besonders wichtig zu sein.“
Hessens
Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz begrüßt das neue Angebot: „Wir sind
der Goethe-Uni für diese Informationsreihe sehr dankbar. Sie bietet unseren
Lehrkräften und Schulleitungen in einer Zeit, in der Fakten schnell
durcheinander geworfen werden, eine ideale Gelegenheit, sich prägnant und
fundiert auf den neuesten Stand der Wissenschaft zu bringen“.
Für alle Veranstaltungen können Interessierte über die Mailadresse
fragenzucorona@uni-frankfurt.de den
Wissenschaftlern vorab Fragen zukommen lassen. Die Vortragsreihe umfasst sechs
30-minütige Beiträge mit moderierten Fragen.
Los geht es mit dem Eröffnungsbeitrag des biologischen
Pharmazeuten Prof. Theo Dingermann zu „Corona-Viren: Grundlagen und
aktuelle Aspekte“ und einem Grußwort von Kultusminister Prof. Alexander
R. Lorz.
Auch der interessierten Öffentlichkeit werden die Veranstaltungen
zugänglich sein: Eine Aufzeichnung findet sich zu den unten genannten Terminen
ab 12 Uhr unter www.uni-frankfurt.de/Corona-Wissen-kompakt.
Das Programm:
ab 4. März
Corona-Viren: Grundlagen und
aktuelle Aspekte
Prof. Dr. Theo Dingermann,
Goethe-Universität (Pharmazeutische Biologie)
ab 11. März
COVID-19: Kinder sind keine kleinen
Erwachsenen
Dr. med. Sebastian Hoehl, Facharzt für
Kinder- und Jugendmedizin, Institut für Klinische Virologie Frankfurt
ab 18. März
Impfungen gegen
COVID-19: Grundlagen und aktuelle Aspekte
Prof. Theo Dingermann,
Goethe-Universität (Pharmazeutische Biologie)
ab 24. März
Lüften, Luftreinigung,
Masken und Schnelltests
Prof. Joachim Curtius,
Goethe-Universität (Atmosphärenforschung), Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz
(Pharmazeutische Chemie, Wissenschaftlicher Leiter des Zentrallaboratoriums
Deutscher Apotheker)
ab 1. April
Produktion von
Impfstoffen: Fokus Kinder
Prof. Jochen Maas, Sanofi
Deutschland
ab 8. April
Podiumsdiskussion mit
allen Referenten und Prof. Sandra Ciesek (Direktorin
des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt
sowie Professorin für Medizinische Virologie an der Goethe-Universität)
Die Veranstaltungen werden
jeweils von Professor Dr. Tim Engartner und Prof. Dr. Manfred
Schubert-Zsilavecz moderiert.
Forschungsverbund MAPEX legt interaktive Datensammlung für die präventive Arbeit an Schulen und der Jugendhilfe vor - 1.533 Projekte und Maßnahmen erfasst
FRANKFURT. „Islamistischer Terrorismus kann nicht alleine mit repressiven Mitteln bekämpft werden. Deutschland braucht eine koordinierte wissensbasierte Prävention vor allem an Schulen und in der Jugendhilfe“, so die Projektpartner des Forschungsverbundes MAPEX in ihrem Abschlussbericht. In den vergangenen drei Jahren haben sie alle Präventions- und Interventionsprojekte im Bereich des islamistischen Extremismus in Deutschland auf einer interaktiven Online-Plattform (www.mapex-projekt.de) zusammengetragen. Sie fordern ein Zentrum praxisorientierter Präventionsforschung, in dem Wissen zu Extremismus- und Radikalisierungsphänomenen gespeichert, laufend analysiert und vermittelt wird. An dem Forschungsverbund MAPEX nahmen die Universitäten Bielefeld, Osnabrück, Frankfurt sowie die FH Münster teil.
Vor allem der Bund und im Besonderen das Innen- und Familienministerium stecken
inzwischen viel Geld in die Präventionsarbeit. Alleine in den beiden großen
Programmen „Demokratie leben!“ und „Nationales Präventionsprogramm gegen
islamistischen Extremismus“ werden jährlich jeweils 100 Millionen Euro
verausgabt. „Ob das Geld dort ankommt, wo es gebraucht wird, und ob wirklich
alle relevanten Partner beteiligt sind – dazu hatten wir bislang keine valide
Datenbasis“, so Prof. Dr. Andreas Zick, der an der Universität Bielefeld das
Verbundprojekt koordiniert.
Abhilfe verspricht das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von 2017 bis 2021 geförderte Forschungsprojekt MAPEX (Mapping und Analyse von Präventions- und Distanzierungsprojekten im Umgang mit islamistischer Radikalisierung), das systematisch alle Präventionsprojekte in Deutschland identifizierte und anschließend telefonisch befragte. Herausgekommen ist unter anderem eine interaktive Landkarte, der präzise entnommen werden kann, wo in Deutschland Prävention geleistet wird. Das Forschungsteam hat insgesamt 1.000 Projekte und Maßnahmen erfasst und 591 telefonische Interviews geführt.
Das Datenmaterial zeige eindrucksvoll auf, dass Bund, Länder und Kommunen und
die von ihnen beauftragten Träger in den vergangenen Jahren viel Pionierarbeit
geleistet haben. Dennoch gebe es Lücken und Mängel, so der Soziologe Dr.
Sebastian Kurtenbach (FH Münster): „Die Versorgung des ländlichen Raumes kommt
in der Präventionsarbeit gegen islamistische Radikalisierung nicht selten zu
kurz.“
Der Islamwissenschaftler Dr. Michael Kiefer (Universität Osnabrück) ergänzt: „Verbessert werden muss auch die Zusammenarbeit zwischen Maßnahmenträgern. Nicht alle Maßnahmen und Angebote sind Schulen und Jugendhilfen bekannt.“ Ebenso bemängeln die Projektpartner, dass viele präventive Angebote nur für einen bestimmten Zeitraum angeboten werden. So haben die „Respekt Coaches“, die an 190 Schulen ihre Dienste verrichten, allesamt befristete Arbeitsverträge. Dies bedeutet, dass Ende 2021 die Schulen wichtige Präventionsakteure verlieren würden. Für Prof. Dr. Harry Harun Behr und Dr. Meltem Kulaçatan, die das Frankfurter Teilprojekt in MAPEX leiteten, ist dies „ein unerfreulicher Sachverhalt, der die nachhaltige Strukturbildung in der Präventionslandschaft einschränkt.“
Der Forschungsverbund hat neben der interaktiven Online-Plattform auch ein Buch
veröffentlicht, in dem vertiefende Analysen sowie auch Teilstudien publiziert
werden. Dort finden sich auch Praxisbeispiele an Schulen, in Kommunen sowie
Maßnahmen, die vielversprechend sind für die Deradikalisierung und
Distanzierung vom Extremismus. „Es bedarf aber noch größerer Anstrengungen zur
Stärkung der Prävention bei jeder Form von Extremismus“, meint die
Koordinatorin Manuela Freiheit von der Universität Bielefeld. Sie verweist auf
eine zusätzliche Handreichung, die die Bedarfe an Politik und Institutionen
richtet, die für die Stärkung und Entwicklung der Prävention zuständig sind.
„Forschung
und Praxis müssen enger verzahnt werden und Wissen schneller in den Transfer
gelangen können“, meint Andras Zick, und er ergänzt mit dem Blick auf die
Herausforderungen, die mit neuen Extremismusphänomenen einhergehen: „Wir
wünschen uns nach vielen Jahren der Forschung im Bereich Radikalisierung und
Extremismus ein Wissenschaftszentrum für Radikalisierungsanalyse und
Prävention.“
Zum
Projektabschluss stellen die Partner des MAPEX-Forschungsverbundes am Freitag,
26. Februar, ihre Ergebnisse während einer Online-Fachtagung zur Diskussion.
„Gleichzeitig wollen wir gemeinsam überlegen, an welchen strukturellen
Stellschrauben noch gedreht und welche Themen stärker in der Forschung wie in
der Praxis bedacht werden müssten, um die Präventions- und
Interventionslandschaft gemeinsam weiterentwickeln zu können“, heißt es im
Einladungstext.
Dem
Forschungsverbund MAPEX gehörten an:
Institut
für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG), Universität
Bielefeld; Institut für Islamische Theologie (IIT), Universität Osnabrück;
Erziehungswissenschaft
mit Schwerpunkt Islam, Goethe-Universität Frankfurt am Main; Fachbereich
Sozialwesen, Fachhochschule Münster
Kontakt
für Rückfragen:
E-Mail:
mapex.ikg@uni-bielefeld.de
Weitere
Informationen für die Redaktionen:
Prof.
Dr. Andreas Zick, Universität Bielefeld
Institut
für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Tel.
+49 521 106-3124; E-Mail: zick@uni-bielefeld.de
Dr. Michael Kiefer, Universität Osnabrück
Institut
für Islamische Theologie
Tel.
+49 541 969 6220; E-Mail: michael.kiefer@uni-osnabrueck.de
Dr. Meltem Kulaçatan, Goethe-Universität Frankfurt
FB Erziehungswissenschaft, Pädagogik der Sekundarstufe mit Schwerpunkt Islam
Tel. +49 69 798-36332; E-Mail: kulacatan@em.uni-frankfurt.de
Die partizipative Vortragsreihe „DenkArt“ widmet sich ab März in Zusammenarbeit mit dem Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität den aktuellen Herausforderungen des gesellschaftlichen Zusammenhalts
FRANKFURT. Im Haus am Dom wird in diesem Frühjahr die partizipative Vortragsreihe „DenkArt“ fortgesetzt, die von Prof. Marion Tiedtke (Professorin für Schauspiel an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und Dramaturgin), Prof. Joachim Valentin (Direktor der Katholischen Akademie Rabanus Maurus, Haus am Dom Frankfurt), Rebecca Caroline Schmidt (Geschäftsführerin des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main) und Mechtild M. Jansen (Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen) konzipiert wurde. Der zweite Zyklus der Reihe widmet sich ab März dem Thema „Solidarität“.
Mehr denn je brauchen wir in Zeiten von Corona einen
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Jeder ist in dieser Krisensituation gefragt,
Verantwortung auch für andere zu übernehmen, jeder muss sich beteiligen, wenn
es gilt, die wirtschaftlichen Folgen gemeinsam zu tragen. Doch seit einiger
Zeit zeichnet sich in unserer Gesellschaft eine Entwicklung ab, die unsere
Öffentlichkeit in partielle Interessengruppen zerfallen lässt. Parallelwelten
tun sich auf, Blasen, in denen wir uns einrichten und zugleich abgrenzen. Sei
es in Fragen der Religion, der Herkunft, der sozialen Stellung, der politischen
Haltung, des eigenen Lebensstils: die Gesellschaft ist divers und droht in
dieser Vielfalt als Gemeinschaft zu zerfallen. Was verbindet uns noch, wenn
Fake-News keine Wahrheit mehr zulassen, wenn Werte strittig geworden sind, wenn
Meinungen statt Argumenten zählen, wenn das Soziale uns immer mehr spaltet? Nur
mit Solidarität werden wir die Aufgaben der Zukunft bewältigen, und nur mit
Solidarität lassen sich die demokratischen Rechte schützen. Aber wie ist
Solidarität heute überhaupt noch möglich?
Am 9. März um 19.30 Uhr eröffnet die Autorin und Bloggerin Kübra
Gümüşay die Reihe mit dem Vortrag „Solidarität - Wie ist Teilhabe für
alle möglich?“. Im Anschluss spricht am 4. Mai der Autor und Büchnerpreisträger
Lukas Bärfuss zur Fragestellung „Solidarität_Wie lässt sich ein alter Wert neu
denken?“. Zum Abschluss der Reihe folgt am 8. Juni schließlich Prof.
Sighard Neckel, Soziologe der Universität Hamburg und assoziiertes Mitglied des
Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“, mit einem Vortrag zu der Frage
„Solidarität_Welche Rolle spielen Emotionen, Regeln, Infrastrukturen?“
Ziel der Reihe ist es, die öffentliche Debattenkultur zu pflegen
und einen partizipativen Diskursraum zu gesellschaftlichen Themen der Gegenwart
zu ermöglichen. Daher werden im Anschluss an die Impulsvorträge die
Zuschauer*innen miteinander ins Gespräch gebracht und erhalten die Gelegenheit,
die Vorträge untereinander zu diskutieren und in Kleingruppen Fragen an die
Gastredner*innen zu entwickeln. Da voraussichtlich nur wenige Plätze im Haus am
Dom vergeben werden können, wird die Veranstaltung durch ein
Live-Streaming-Angebot über www.youtube.com/hausamdom
ergänzt bzw. gegebenenfalls ersetzt. Dieses soll über einen Chat weiteren
Zuhörer*innen die Möglichkeit bieten, sich in die Diskussion zum jeweiligen
Impulsvortrag einzubringen.
Veranstalter sind die Katholische Akademie Rabanus Maurus, Haus am
Dom, der Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität
Frankfurt am Main, die Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V. und Prof. Marion
Tiedtke (Professorin für Schauspiel an der Hochschule für Musik und
Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und Dramaturgin). Unterstützt wird die
Reihe durch die Sebastian-Cobler-Stiftung für Bürgerrechte.
Die anstehenden Termine im Überblick:
Dienstag, 9. März 2021, 19.30 Uhr
Solidarität_Wie ist Teilhabe für alle möglich?
Kübra Gümüşay (Autorin und Bloggerin)
Moderation: Prof. Joachim Valentin, Direktor der Katholischen Akademie
Rabanus Maurus, Haus am Dom Frankfurt
Dienstag, 4. Mai 2021, 19.30 Uhr
Solidarität_Wie lässt sich ein alter Wert neu denken?
Lukas Bärfuss (Autor und Büchnerpreisträger)
Moderation: Prof. Marion Tiedtke, Professorin für Schauspiel an der
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main und Dramaturgin
Dienstag, 8. Juni 2021, 19.30 Uhr
Solidarität_Welche Rolle spielen Emotionen, Regeln,
Infrastrukturen?
Prof. Sighard Neckel (Soziologe)
Moderation: Rebecca Caroline Schmidt, Geschäftsführerin des
Forschungsverbunds Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt am Main
Haus am Dom, Domplatz 3, 60311 Frankfurt am Main
Jeweils 19.30 Uhr
Die Tickets erhalten Sie an
der Rezeption im Haus am Dom, im Internet unter www.ticket.hausamdom.de oder an den
AD-Ticket-Vorverkaufsstellen www.adticket.de/vorverkaufsstellen
Eintritt: 10
Euro / erm. 7 Euro
Übertragung auch per
Livestream: www.youtube.com/hausamdom
Bitte beachten Sie, dass es
gegebenenfalls kurzfristige Änderungen beim Ticketverkauf und
Livestreaming-Angebot geben kann.
Detailliertes Programm und aktuelle Informationen:
www.normativeorders.net/de/veranstaltungen/denkart
www.hausamdom-frankfurt.de
Pressekonferenz am 4. März 2021 via Zoom:
Wir möchten an dieser Stelle auch auf die Pressekonferenz zur
partizipativen Vortragsreihe „DenkArt“ hinweisen, zu der Sie am Donnerstag, dem
4. März, um 11 Uhr herzlich eingeladen sind. Als GesprächspartnerInnen stehen
Ihnen zur Verfügung: Prof. Marion Tiedtke (HfMDK), Prof. Joachim Valentin
(KARM), Mechtild M. Jansen (Heinrich-Böll-Stiftung Hessen) und Rebecca Caroline
Schmidt (Forschungsverbund „Normative Ordnungen“).
Wir
freuen uns auf Ihre Teilnahme und danken für Ihre Anmeldung per E-Mail an: anke.harms@normativeorders.net
Weitere Informationen:
Anke Harms, Referentin für Wissenschaftskommunikation des
Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität, 069/798-31407,
anke.harms@normativeorders.net; www.normativeorders.net
Öffentliche Vortragsreihe „Theoretische und experimentelle quantitative Zellbiologie“ im Rahmen der Giersch - Summer School & International Conference
FRANKFURT. Eine allgemeine Künstliche Intelligenz (KI) zu schaffen ist das Ziel des Unternehmers Chris Boos. 1995 gründete er das Unternehmen arago und erweitert seitdem die bestehenden Grenzen Künstlicher Intelligenz. Die KI „HIRO“ von arago setzen heute vielen Unternehmen als Plattform ein, um ihre Geschäftsmodelle im digitalen Zeitalter neu zu erfinden. Auf der zweiwöchigen Online-Tagung „Theoretical and Experimental Quantitative Cell Biology“ hält Chris Boos den ersten öffentlichen Festvortrag:
22.02.2021, 17:00-19.30 Uhr
The AI world
Chris Boos, arago GmbH, Frankfurt
(Vortrag
in englischer Sprache)
Livestream
auf Youtube
https://youtu.be/0MIXNiBUJBM
Die öffentlichen Vorträge sind Teil der Giersch Summer School
& Conference, die von der Stiftung Giersch und dem Frankfurt Institute for
Advanced Studies (FIAS) in Kooperation mit den wissenschaftlichen Netzwerken
LOEWE DynaMem, LOEWE CMMS, 'Xidian-FIAS Joint Research Center' (XF-JRC), den
Rhein-Main-Universitäten und dem Graduiertenprogramm GRADE - IQbio ausgerichtet
wird. Partner sind zudem die Goethe-Universität Frankfurt, die
Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, das Max-Planck-Institut für Biophysik und
das Max-Planck-Institut für Polymerforschung.
Schon zum 5. Mal ermöglicht die Stiftung Giersch es dem FIAS,
internationale Größen zu einem aktuellen Themengebiet zusammen zu bringen.
Dieses Jahr findet die Veranstaltung zum ersten Mal komplett digital
statt.
Auf der Tagung kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
unterschiedlichster Disziplinen zusammen. In ihren jeweiligen Fachgebieten
leisten sie einen Beitrag dazu, komplexe Prozesse zu verstehen – von der
Wirkweise der Stoffwechsel- und Kommunikationsprozesse einer einzelnen Zelle
bis hin zum Verhalten eines Organismus. Dabei spielt die Verarbeitung großer
Datenmengen eine zentrale Rolle sowie mathematisch-physikalische Modelle zur
Beschreibung dieser Vorgänge.
In einer öffentlichen Vortragsreihe können Interessierte vom 22.
Februar bis 4. März 2021 spannende Einblicke in die vielfältige Welt der
modernen Zellbiologie erfahren. Namhafte Experten aus der Wissenschaft und
Industrie geben Einblicke in ihre Forschungsarbeit und Visionen über zukünftige
Entwicklungen. Die Themen kommen aus der Künstlichen Intelligenz, Mikroskopie
und Modellierung, aber auch die praktische Anwendung der Forschung wird
angesprochen.
Weitere Termine und Themen im Überblick:
Alle Vorträge in englischer Sprache im Youtube-Livestream.
Informationen zu den Vorträgen:
https://fias.institute/gsic2020/vortragsreihe
23.02.2021, 13:00-14:00 Uhr, https://youtu.be/jQHB2PdQ6sA
High-resolution cryoEM of membrane protein complexes
Werner Kühlbrandt, Max Planck Institute of Biophysics Frankfurt, Germany
24.02.2021, 13:00 - 14:00 Uhr, https://youtu.be/EyXDLsiCQ3c
Aim for mechanistic
models!
Martin Meier-Schellersheim, National Institute of Allergy and Infectious
Diseases (NIAID), Bethesda, USA
25.02.2021, 17:00 - 18:00 Uhr, https://youtu.be/MvGd_2gfPk0
Molecular codes enabling brain function
Thomas Südhof, Stanford University, USA
01.03.2021, 13:00 - 14:00 Uhr, https://youtu.be/KFZBCvjdzC8
Marine biodiversity advances in a digital era
Hanieh Saeedi, Senckenberg Research
Institute and Natural History Museum
02.03.2021, 17:00 - 18:30 Uhr, https://youtu.be/0Hm2OSRPNcA
AI in industry
Andreas Widl, SAMSON AG
03.03.2021, 13:00 -
14:00 Uhr, https://youtu.be/dcTuhUep1J8
Challenges in
medicine
Peter Wild, Senckenberg Institute of
Pathology
04.03.2021, 13:00 -
14:00 09:00 - 10:00 Uhr, https://youtu.be/A6CStI5h8H0
From image to brain
function
Moritz Helmstädter, Max Planck Institute for Brain Research,
Frankfurt am Main
Information und Anmeldung zur
Teilnahme an der gesamten Konferenz:
https://fias.institute/de/events/gsic2020
Goethe-Universität erfolgreich bei Industrie-Ausschreibung für Ersatz von tierischen Komponenten
In der toxikologischen Forschung finden schon viele Untersuchungen zwar in der Petrischale statt, doch benötigt man im manchen Prozessen immer noch tierische Komponenten wie Serum oder Leberzellgewebe. Ein Team von Forschenden unter Federführung der Goethe-Universität will nun als Ersatz eine neue Zellkulturtechnik entwickeln. Mit ihrem Projekt haben sie den „CRACK IT“-Innovationswettbewerb des NC3Rs gewonnen, einer britischen Organisation, die sich für den Ersatz von Tierversuchen in der Forschung einsetzt. Der Wettbewerb wird von AstraZeneca und Unilever gesponsert.
FRANKFURT. Untersuchungen mit Zellkulturen sind für
die toxikologische Forschung notwendig, weil man an ihnen prüfen kann, ob neue
Wirkstoffe unerwünschte Wirkungen zeigen. Dabei wird in den Zellkulturen häufig
das Serum ungeborener Kälber (Fetal Calf Serum, FCS) als tierische Zutat
verwandt. Auch andere Toxizitätsversuche „im Reagenzglas“ verwenden häufig
Komponenten tierischen Ursprungs. So wird aus der Leber von Laborratten ein
Enzymcocktail gewonnen, mit dessen Hilfe untersucht wird, ob Leberenzyme die zu
testende Substanz in giftige Produkte umwandeln.
Für beide Komponenten – Serum und Lebergewebe – wollen
Pharmaproduzenten oder Firmen aus der kosmetischen Industrie Ersatz finden. Die
Gründe dafür sind nicht nur ethischer Natur. Gewebe und Seren, die direkt aus
Tieren entnommen werden, bringen auch Ungenauigkeiten im Prüfverfahren mit
sich, denn ihre Zusammensetzung schwankt je nach Herkunft. Zudem sind nicht
alle Komponenten etwa des fötalen Kälberserums bekannt. Das gefährdet die
Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Im „CRACK IT 36: Animal-free in
vitro“-Wettbewerb sollen deshalb von Tieren stammende Produkte durch genau
definierte und reproduzierbare Alternativen ersetzt werden.
Keine tierischen
Komponenten mehr in Zellkultur-Nährlösungen
Prof. Henner Hollert und Dr. Andreas Schiwy von der Abteilung für
Evolutionsökologie und Umwelttoxikologie der Goethe-Universität und LOEWE
Zentrum TBG wollen in ihrem Projekt zusammen mit der Umwelttoxikologin Prof.
Beate Escher vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Leipzig sowie dem Unternehmen
BiodetectionsSystems aus Amsterdam und Scinora aus Heidelberg Alternativen zu
den Tierkomponenten finden.
In einem ersten Schritt sollen zunächst chemisch-definierte
Nährlösungen – ohne tierische Komponenten – für Zellkulturen entwickelt werden.
Solche Nährlösungen sind bei der Herstellung von Medikamenten bereits üblich,
unter anderem aus Sicherheitsgründen. Denn so wird ausgeschlossen, dass über
das Kälberserum Krankheiten wie zum Beispiel BSE (Bovine spongiforme
Enzephalopathie) übertragen werden.
Bisher gibt es nur wenig solcher Systeme für toxikologische
Prüfungen, weil die benötigten Mengen im Vergleich zur pharmazeutischen
Produktion gering sind. Zu ihrer Entwicklung muss man die Stoffwechselprozesse
der Zellen genau kennen.
Verzicht
auf Laborratten
In einem zweiten Schritt wollen die Forscherinnen und Forscher den
Enzymcocktail aus Laborratten ersetzen, indem sie stattdessen die zu testenden
Substanzen von Leberzelllinien verstoffwechseln lassen. Die Leberzelllinien
sollen unter chemisch definierten Kulturbedingungen gezüchtet werden.
Anschließend sollen die Stoffwechselprodukte extrahiert und ihre Wirkung in den
angepassten toxikologischen Zellkulturen getestet werden, die im ersten Schritt
entwickelt wurden.
Hollert und sein Team prüfen das Verfahren zunächst an der
Modellsubstanz Benzo[a]pyren
testen, die zum Beispiel in Zigarettenrauch enthalten ist. In der menschlichen
Leber wird Benzo[a]pyren in
giftige Stoffe umgewandelt, die Schäden an der DNA von Zellen hervorrufen und
das hormonelle Gleichgewicht beeinträchtigen.
Die Fördersumme beträgt im der ersten Phase 100.000 Pfund,
umgerechnet rund 114.000 Euro. Die Forscher können sich nach erfolgreicher
Evaluation noch im gleichen Jahr für eine zweite Phase des Wettbewerbs
bewerben, in der umgerechnet rund 685.000 Euro über weitere drei Jahre möglich
sind.
Senat und Präsidium der Goethe-Universität fordern Drittmittelgeber auf, dem Beispiel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu folgen
FRANKFURT. Drittmittelfinanzierte Wissenschaftliche Mitarbeitende müssen in Pandemiezeiten besser vor persönlichen und beruflichen Härten geschützt werden. Dies fordern Senat und Präsidium der Goethe-Universität: „Durch Corona sind nicht wenige unserer jungen Kolleginnen und Kollegen in eine schwierige finanzielle Situation geraten, da aufgrund der befristeten Beschäftigungsverhältnisse diese auszulaufen drohen bzw. trotz der Pandemie durch die Drittmittelgeber nicht verlängert werden (können). Diese Problematik verursacht zunehmende Härtefälle“, betonte Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff.
Als
beispielhaft vorbildlich in der Krise erachten Präsidium und Senat die
Vorgehensweise der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) als wichtigster
Drittmittelgebergeber im deutschen Wissenschaftssystem. Unbürokratisch habe die
DFG auf Antrag ihre Finanzierungszeiträume für die Förderung
drittmittelbasierter Stellen während der Pandemie verlängert. Präsidium und
Senat appellieren daher auch an weitere Drittmittelgeber in der Wissenschaft,
sich dem Beispiel der DFG anzuschließen und Drittmittelverlängerungen im Fall
auslaufende Forderungen unbürokratisch zu gewähren.
Vom
Auslaufen ihrer drittmittelfinanzierten Stellen seien derzeit allein in Hessen
eine größere Zahl von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bedroht.
Universitätspräsident Schleiff: „Für Stiftungen und andere Drittmittelgeber mag
dies im Einzelfall eine zusätzliche Anstrengung bedeuten. Der mögliche Schaden
für talentierte Nachwuchsforschende und ihre Familien, die unverschuldet aus
dem System fallen und deren Karrieren in der Wissenschaft dadurch gefährdet
werden, ist jedoch kaum zu ermessen. Wir appellieren daher an alle
Drittmittelgeber, diesen wichtigen Mitgliedern unserer Wissenschaftscommunity
eine echte Perspektive zu geben.“
Schreibzentrum der Goethe-Universität lädt zur ersten digitalen Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten
FRANKFURT. „Keine
Chance der Aufschieberitis!“ – unter diesem Motto lädt das Schreibzentrum der
Goethe-Universität
am
Donnerstag, 4. März, von 18:30 bis 24 Uhr,
auf der
online-Plattform Zoom
zum elften Mal zur „Langen Nacht der
aufgeschobenen Hausarbeiten“. Erstmals findet die Veranstaltung im virtuellen
Raum statt.
Das ursprünglich vom Schreibzentrum der
Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder ins Leben gerufene Event hat
weltweit einen festen Platz im akademischen Kalender: den ersten Donnerstag im
März. Die Frankfurter Studierenden können ihre wissenschaftlichen Texte – ob es
sich nun um die erste Hausarbeit, die letzten Zeilen der Bachelor- oder gar
Doktorarbeit oder eine andere wissenschaftliche Textsorte handelt –
normalerweise in Gesellschaft zahlreicher anderer Kommilitoninnen und
Kommilitonen und umgeben von den ehrwürdigen Beständen des Bibliothekszentrums
Geisteswissenschaften verfassen. „Die Atmosphäre motiviert zum Schreiben“, wie
eine Teilnehmerin der vergangenen Jahre resümiert. Dieses Gemeinschaftsgefühl
wollen die Veranstalter auch im digitalen Raum entstehen lassen –sind
Studierende aktuell beim Schreiben doch noch stärker isoliert als sonst,
alleine in ihren vier Wänden mit dem Schreibprojekt im Kopf und dem Laptop auf
den Knien.
Angeboten werden Workshops rund um das
Lesen und Schreiben wissenschaftlicher Texte, von der Themenfindung bis hin zur
Überarbeitung und zur professionellen Nutzung von Textverarbeitungsprogrammen.
In Kooperation mit dem Zentrum für Schlüsselkompetenzen, der
Psychotherapeutischen Beratungsstelle und dem Studentenwerk gibt es zudem Tipps
gegen das Prokrastinieren. Für fachnahe individuelle Beratung und Textfeedback
stehen Studierenden der Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften durchgängig
schreibdidaktisch ausgebildete Peer Tutorinnen und -tutoren des Schreibzentrums
zur Seite. Unterstützung für Teilnehmende, deren Muttersprache nicht Deutsch
ist, kommt vom Internationalen Studien- und Sprachenzentrum (ISZ). Das Zentrum
für Hochschulsport stärkt mittels Schreibtisch-Yoga-Einheiten die
Durchhaltekraft vor dem Bildschirm, und auch für informellen Austausch wird mit
kleinen Spielemöglichkeiten virtueller Raum geschaffen.
Das 2009 gegründete Schreibzentrum ist
Teil des Zentrums Geisteswissenschaften an der Goethe-Universität. Seit 2016
besteht mit dem Schreibzentrum am Riedberg eine Dependance speziell für das
Schreiben in den Naturwissenschaften. Mit Workshops, Beratung und
Selbstlern-Materialien werden Studierende aller Fächer und Fachsemester, aber
auch Doktoranden und Lehrende beim Aufbau von Schreibkompetenz unterstützt. Mit
jährlich rund 200 Teilnehmenden ist die „Lange Nacht“ eines der Highlights im
Jahresprogramm.
Medienvertreter sind herzlich eingeladen,
nach Voranmeldung über die „Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ zu
berichten.
Information:
Dr. Nora Hoffmann
Leitung Schreibzentrum
Goethe-Universität Frankfurt
n.hoffmann@em.uni-frankfurt.de