​​​​​​​Pressemitteilungen ​​​​​​ ​

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Pressestelle Goethe-Universität

Theodor-W.-Adorno Platz 1
60323 Frankfurt 
presse@uni-frankfurt.de

 

Sep 24 2020
11:33

​Die Universität des 3. Lebensalters lädt zum digitalen Wintersemester ein/Übungskurse für Internetanfänger*innen

Studieren von zuhause aus

FRANKFURT. Bildung für Ältere bietet die Universität des 3. Lebensalters (U3L) an der Goethe-Universität schon viele Jahre sehr erfolgreich an. Wissen auffrischen, Lieblingsthemen vertiefen, Neues entdecken, Menschen begegnen und miteinander diskutieren – all das ermöglichen die Veranstaltungen der U3L. Damit das auch in Zeiten der Corona-Pandemie so bleibt, wurde ein vielfältiges digitales Studienangebot für das Wintersemester zusammengestellt, das ab dem 2. November - ganz ortsunabhängig -  im Internet besucht werden kann.
 
Interessierte können an digitalen Vorlesungen und Seminaren beispielsweise aus der Medizin, Kunstgeschichte, Philosophie, Psychologie, Geschichte und vielen anderen Themenfeldern teilnehmen. Es sind fast 100 Veranstaltungen in Semesterlänge, die nach einer Anmeldung zur Wahl stehen. Der Beitrag für das komplette Semester beträgt 110,- Euro. Viele Veranstaltungen werden als Videokonferenzen abgehalten, so dass auch Gespräch und Austausch nicht zu kurz kommen. Das Angebot richtet sich keineswegs nur an kundige Internetnutzer*innen. Ganz im Gegenteil: es gibt ab Oktober Informationsveranstaltungen und Übungskurse, die Erstanwender*innen bei dem Einstieg in das digitale Semester begleiten. Bildung für alle – das ist und bleibt das Ziel der U3L.

Informationsveranstaltungen finden am 5.10. (von 17–18:30 Uhr) und am 20.10. (von 14–15:30 Uhr) statt. Der Zugang dazu erfolgt ganz einfach per Internetlink. Das Veranstaltungsverzeichnis für das Wintersemester und alle wichtigen Hinweise für die Teilnahme finden sich auf der Homepage der U3L unter www.u3l.uni-frankfurt.de. Für Fragen und individuelle Beratung stehen telefonische Sprechzeiten zur Verfügung: 069/798-28861 / Mo–Do 9:30–12:30 Uhr und Mi 13:30–16:00 Uhr.

 
Kontakt:
Claudia Koch-Leonhardi, Studieninformation/Öffentlichkeitsarbeit, Universität des 3. Lebensalters an der Goethe-Universität Frankfurt am Main e.V.  
Campus Bockenheim  | Juridicum  6. OG |  Raum 612 | Senckenberganlage 31  |  60325 Frankfurt am Main.  Tel. +49 (0)69-798 28861  |   Fax +49 (0)69-798 28975
koch-leonhardi@em.uni-frankfurt.de; www.u3l.uni-frankfurt.de

 

Sep 24 2020
10:33

​IWAK an der Goethe-Universität legt die zweite Ausgabe des Hessischen Lohnatlas vor, die für das Hessische Ministerium für Soziales und Integration erstellt wurde

Wie man zum attraktiven Arbeitgeber wird

FRANKFURT. Gleiche Entgelte für Frauen und Männer machen Betriebe attraktiver für potenzielle Beschäftigte. Der vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) an der Goethe-Universität im Auftrag und für das Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration erstellte Hessische Lohnatlas zeigt, wo noch Handlungsbedarf besteht. Die zweite Ausgabe liegt jetzt vor.

Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels suchen immer mehr Betriebe nach Strategien, um als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Das Bemühen um mehr Entgeltgleichheit für weibliche und männliche Beschäftigte spielt dabei offenbar eine wichtige Rolle. Unternehmen, die unterschiedliche Erwerbsbiografien berücksichtigen, können damit bei der Rekrutierung punkten – das macht die neue Ausgabe des Hessischen Lohnatlas deutlich. Nach Angaben von Unternehmen, die hierauf Wert legen, lohnt sich das durchaus auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht.

„Mit dieser Strategie gelingt es uns, Hochqualifizierte stärker an unser Unternehmen zu binden“, sagt Frank Rohde, Personaldirektor von Adobe Deutschland. Ähnliche Antworten erhielten die Wissenschaftlerinnen von SAP und Salesforce. Auch dort sind die Personalverantwortlichen davon überzeugt, dass die junge Generation gelebte Geschlechtergerechtigkeit von ihrem Arbeitgeber erwartet.

Dass solche Unternehmen jedoch keineswegs die Regel sind, zeigt der aktualisierte Hessische Lohnatlas. Die Lohnlücke ist in Hessen zwar von 2012 bis 2018 um vier Prozentpunkte kleiner geworden. „Damit sind wir auf dem richtigen Weg“, konstatiert der Hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose. „Es bleibt aber noch viel zu tun, denn im Jahr 2018 betrug die Lohnlücke im hessischen Schnitt immer noch 11,9 Prozent“, so der Minister. „Es ist bedrückend, dass die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern mit akademischen Abschlüssen seit 2012 kaum kleiner geworden ist“, kommentiert Prof. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität, die Ergebnisse: Im Jahr 2018 betrug die Lücke zwischen Akademikerinnen und Akademikern mit Wohnsitz in Hessen im Schnitt noch 26,5 Prozent. „Die Lücke sehen, dann aber auch schließen – beides ist nötig“, meint Wolff.

Der Hessische Lohnatlas wird vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK), einem Zentrum der Goethe-Universität, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration erstellt. Die jetzt präsentierte zweite Ausgabe richtet den Fokus auf Entgeltgleichheit innerhalb von Betrieben. „Großbetriebe stehen deutlich besser da als kleine Betriebe“, stellt Dr. Christa Larsen fest, Geschäftsführerin des IWAK. Dieser grundlegende Trend lasse sich dadurch erklären, dass Frauen in Großunternehmen eher aufsteigen als in mittelständischen Betrieben – was auch daran liege, dass es dort weniger Führungspositionen gibt und die Fluktuation geringer ist. Ein noch genauerer Blick lohnt sich: Der hessische Lohnatlas zeigt, dass die Lohnlücken in Betrieben mit jüngeren Belegschaften geringer sind. Ein Grund zur Hoffnung? Möglicherweise können Frauen in der jungen Generation besser mit Männern gleichziehen als dies bei früheren Generationen der Fall war.

Unterstützung von Seiten der Betriebe ist jedoch nach wie vor wichtig. „Zunächst muss man Transparenz schaffen“, sagt Christine Gräbe vom Fair Pay Innovation Lab aus Berlin.  Diese Transparenz dient als Grundlage für neue Strategien, um der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern näherzukommen. „Unternehmen haben einen gesellschaftlichen Auftrag“, betont Nina Keim von Salesforce. Bei Salesforce, einem IT-Unternehmen mit Standort in Frankfurt, setze man sich strategisch gegen Benachteiligung bei der Bezahlung aufgrund von Geschlecht oder Herkunft ein.

„Wir schaffen mit dem Hessischen Lohnatlas die notwendige Transparenz“, sagt Minister Kai Klose, „und die Betriebe wiederum zeigen uns, wie Entgeltgleichheit geschaffen werden kann. Dies ist eine ideale Verbindung, die zu mehr Geschlechtergerechtigkeit führt und gleichzeitig der Wirtschaft bei der Bewältigung des Fachkräftemangels hilft.“ „Das kommt nicht zuletzt auch unseren Absolventinnen zugute, damit sie ihr ‚Bildungskapital' in gute Einkommen umsetzen können. Wirtschaftlicher Nutzen und Fairness, eine klassische Win-win-Situation“, so die Präsidentin der Goethe-Universität.

In die Vorstellung des Hessischen Lohnatlas ist neben den hier genannten Personalchefs auch Leopold Kristjansson von der isländischen Firma PayAnalytics eingebunden. Er berichtet darüber, wie in Island das Gesetz zur Entgeltgleichheit umgesetzt wird. Weitere Beiträge widmen sich der Frage, wo Betriebe, aber auch Städte und Gemeinden weitere Unterstützung erhalten können.

In den kommenden Monaten soll dann der Dialog der Sozialpartner aus den größten Branchen in Hessen unter Moderation des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration fortgesetzt werden. Im Fokus stehen hier betriebliche Strategien, wie das Ziel der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern schneller erreicht werden kann.


Informationen: Dr. Christa Larsen, Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität, Campus Bockenheim Tel. (069) 798- 22152, E-Mail: c.larsen@em.uni-frankfurt.de, www.iwak-frankfurt.de/projekt/hessischer-lohnatlas/ oder http://www.iwak-frankfurt.de/veranstaltungen-2/

Den Hessischen Lohnatlas finden Sie zum Download unter dem folgenden Link: http://www.arbeitswelt.hessen.de/im-fokus/der-neue-hessische-lohnatlas-mit-virtueller-dokumentation-ist-veroeffentlicht

 

Sep 22 2020
14:07

​Förderzusage macht die Erhaltung der wertvollen Sammlung im Besitz des Instituts für Jugendbuchforschung an der Goethe-Universität möglich

Walter Benjamins Kinderbuchsammlung wird restauriert

FRANKFURT. Die Kinderbuchsammlung von Walter Benjamin soll für die Zukunft gesichert werden. Mit vereinten Kräften finanzieren der Bund, das Land Hessen und das Institut für Jugendbuchforschung die ersten Restaurierungsmaßnahmen an diesem wertvollen historischen Bestand.

Nur 204 Bücher umfasst die Sammlung aus dem früheren Besitz von Walter Benjamin. Doch sie ist gleich in mehrfacher Hinsicht besonders wertvoll: Für die Forschung liefert sie wichtige Erkenntnisse über den großen Intellektuellen, der eng mit Theodor W. Adorno befreundet war und zum Umkreis der Frankfurter Schule zählt. Stammen die Bücher doch zum Teil aus Benjamins eigener Kindheit, in seinen Schriften und Radiobeiträgen hat er sich auch ausgehend von seiner Sammlung mit Kinderliteratur befasst. Zudem handelt es sich durchgehend um besonders schöne und seltene Exemplare: Der gebürtige Berliner Benjamin hat vor allem nach ästhetischen Kriterien gesammelt; sein besonderes Interesse galt den illustrierten und künstlerisch aufwendig gestalteten Kinderbüchern.

An das Institut für Jugendbuchforschung in Frankfurt kam die Sammlung in den 1980er-Jahren durch Ankauf von den Erben Benjamins. Es war der ausdrückliche Wunsch des Sohnes Stefan Benjamin, dass die Sammlung wieder nach Deutschland gelange. Sie wurde in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt in einer Ausstellung gezeigt, zu der ein ansprechender Katalog erstellt wurde (zum Herunterladen auf den Seiten des Instituts: www.uni-frankfurt.de/65668457/Die_Kinderbuchsammlung_Walter_Benjamin_Katalog.pdf), seither werden die Bücher in einem Stahlschrank in der Bibliothek für Jugendbuchforschung aufbewahrt. Um sie weiterhin der Forschung zugänglich zu machen, sind dringend Restaurierungsmaßnahmen notwendig: Die Bücher sind stark benutzt und teilweise entsprechend beschädigt, der Zahn der Zeit hat ein Übriges getan. Nun sollen sie zunächst „stabilisiert“ werden. Ein Teil ist bereits an das Zentrum für Bucherhaltung in Leipzig gegangen, wo zunächst, soweit notwendig, das Papier entsäuert wird, die Buchdeckel und -kanten stabilisiert und maßgeschneiderte Klappdeckelboxen für jedes einzelne Buch hergestellt werden.

„Benjamin hat die Bücher seiner eigenen Kindheit mit bescheidenen Mitteln zu einer Sammlung ausgebaut“, erklärt Dr. Felix Giesa, Kustos des Instituts für Jugendbuchforschung. Gesammelt habe er vor allem nach ästhetischen Kriterien, vorwiegend illustrierte Texte aus dem 19. Jahrhundert. Neben verschiedenen Ausgaben der Grimm'schen Kinder- und Hausmärchen gehören auch Märchenbücher von Wilhelm Hauff und Charles Perrault zum Bestand. Außerdem machen etwa sogenannte Verwandlungsbilderbücher wie ein seltenes Buch von Christian Gottfried Heinrich Geißler aus dem Jahr 1815 einen wichtigen Teil der wertvollen Sammlung aus.

Mit Mitteln der bundeseignen Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK), die 50 Prozent der Kosten übernimmt, des Landes, das über das HMWK 40 Prozent trägt, und Berufungsmitteln von Prof. Ute Dettmar wird nun zunächst der Bestand gesichert und katalogisiert, dann soll es eine Ausstellung und ein Symposium geben. Insgesamt sind für diese Maßnahmen rund 30.000 Euro verfügbar. Anschließend soll der Bestand auch digitalisiert werden, damit er der Benjamin-Forschung im In- und Ausland zur Verfügung steht – ohne dass die Nutzung weitere Spuren in den Originalen hinterlässt.


Bilder zum Download finden Sie unter folgendem Link: http://www.uni-frankfurt.de/92258379

Bildtext: Vielgenutzt und entsprechend lädiert: Die Kinderbuchsammlung von Walter Benjamin soll für die Zukunft gesichert werden. Die Mittel dafür stehen nun bereit. (Foto: Uwe Dettmar)

 

Sep 17 2020
14:43

Physiker der Goethe-Universität leiten eine der technischen Erneuerungen von „ALICE“ zur Erforschung des Quark-Gluon-Plasmas

Physik: Kollisions-Filme mit erneuertem Teilchen-Detektor am CERN

Das ALICE-Experiment am Teilchenbeschleuniger CERN in Genf soll neue Erkenntnisse über einen extrem heißen und dichten Materiezustand bringen, das Quark-Gluon-Plasma. Wenige Millionstel Sekunden nach dem Urknall lag die gesamte Materie des Universums in diesem Zustand vor, und Forscher wollen unter anderem mit dem ALICE-Experiment herausfinden, wie sich aus dieser „Ursuppe“ das Universum entwickelt hat. Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat dafür jetzt unter der Leitung von Physikern um Harald Appelshäuser von der Goethe-Universität Frankfurt das Herzstück des ALICE-Detektors auf den neuesten Stand der Technik gebracht. 

FRANKFURT. Im Moment ruhen am CERN die Beschleuniger, es ist die Zeit der „zweiten langen Betriebspause“. In dieser Zeit werden die Beschleuniger auf- und umgerüstet, damit künftig mehr Teilchen beschleunigt und die Zahl der Kollisionen erhöht werden können. Auch die Detektoren werden verbessert. Doch während bei den großen Allzweckdetektoren ATLAS und CMS der große Umbau erst in der nächsten, dritten langen Betriebspause ab 2025 ansteht, wird der Spezialdetektor ALICE schon jetzt erneuert in die bevorstehende Messkampagne gehen. 

ALICE ist das besondere Projekt in den Forschungsabenteuern rund um den Large Hadron Collider (LHC) des CERN. Während die anderen drei Detektoren entschlüsseln, was in Kollisionen zwischen Wasserstoffkernen (Protonen) vor sich geht, befassen sich die Forscherinnen und Forscher des ALICE-Experiments mit Blei-Ionen, also Teilchen, die um ein Vielfaches schwerer sind. Jedes Jahr wird der LHC einen Monat lang mit Blei-Ionen betrieben, damit der ALICE-Detektor Daten sammeln kann. Die Forscherinnen und Forscher wollen einen besonderen Materie-Zustand untersuchen: das Quark-Gluon-Plasma. Es entsteht, wenn im ALICE-Experiment Blei-Atomkerne mit sehr großer Energie aufeinanderprallen und sich für einen kurzen Moment in ihre elementaren Bestandteile auflösen. In dieser heißen und dichten Materiesuppe können sich die Quarks und Gluonen, die sonst fest in den Protonen und Neutronen des Atomkerns gebunden sind, quasi frei bewegen. Was bei den Kollisionen passiert, kann Rückschlüsse darauf zulassen, wie sich aus dem Quark-Gluon-Plasma unser Universum, wie wir es heute kennen, gebildet hat

Film drehen statt Einzelbilder schießen 

Nach der Betriebspause wird der erneuerte ALICE-Detektor zeigen, was er nun kann: Bisher lieferte der LHC-Beschleuniger 10.000 Kollisionen pro Sekunde. Bei 18.000 Teilchen pro Kollision macht das 180 Millionen Teilchen pro Sekunde, von denen der ALICE-Detektor aber nur einen Teil aufzeichnen konnte. Nach der Betriebspause werden die technologischen Hürden, die die Zahl der ausgelesenen Kollisionen bisher limitiert haben, ausgeräumt sein. Der LHC soll dann 50.000 Kollisionen pro Sekunde von Blei-Ionen liefern, wodurch 900 Millionen Teilchen pro Sekunde entstehen werden. „Wir wollen alle Kollisionen komplett aufnehmen, und zwar kontinuierlich – also praktisch einen Film drehen, statt einzelne Bilder zu schießen“, erklärt Harald Appelshäuser, Professor am Institut für Kernphysik an der Goethe-Universität Frankfurt und Projektleiter des Teildetektors, der nach dem Umbau für den großen Unterschied sorgen wird. 

Detektor im Umbau 

Dafür wurde einer der zentralen Detektoren des 26 Meter langen und 16 Meter hohen ALICE-Detektorkomplexes, die Spurendriftkammer (Time Projection Chamber, TPC), ganz am Anfang der Betriebspause ausgebaut und vorsichtig aus der unterirdischen Detektorkaverne in einen Reinraum an der Oberfläche gebracht. Nach und nach wurden dort die über Jahre auf der ganzen Welt hergestellten Bauteile sorgfältig eingebaut. Jetzt wurde die technisch aufgerüstete TPC wieder an ihre Heimat im Herzen von ALICE zurückgebracht. 

Der Clou sind die neuen Auslesekammern, die nicht mehr aus vielen feinen Drähten bestehen, sondern im Prinzip aus rund fünf Milliarden winzigen Löchern. In diesen Löchern werden die Signale der geladenen Teilchen verstärkt, so dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler genau die Spur jedes Teilchens ausrechnen können. Diese Kammern nennen sich „GEMs“ – Gas Electron Multiplier – und sind eine CERN-Erfindung, die auch schon ihren Weg in medizinische Anwendungen gefunden hat. 500.000 Kanäle sorgen dafür, dass dem ALICE-Experiment nichts entgeht. Jede Sekunde entstehen später bei den Kollisionen Daten von 3,4 Terabyte. 

Dafür mussten auch neue Verfahren entwickelt werden, mit denen diese Flut an Daten prozessiert werden kann. Mit dem Experten für Hochleistungsrechner Prof. Volker Lindenstruth und seinen Kollegen sind auch hier Wissenschaftler der Goethe-Universität federführend beteiligt. „Wir haben da jetzt das Feinste vom Feinsten und freuen uns auf die ersten Kollisionen“, so Appelshäuser. 

Die neuen GEM-Auslesekammern wurden in Deutschland – an der Goethe-Universität Frankfurt sowie an den Universitäten Heidelberg und Bonn sowie der Technischen Universität München und dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung – durch Tests und Weiterentwicklungen für das ALICE-Experiment maßgeschneidert und später in verschiedenen Ländern zusammengebaut, darunter neben Deutschland auch Ungarn, Finnland, Rumänien und die USA. „Die Logistik war ganz schön kompliziert“, erzählt der Projektverantwortliche Appelshäuser. „Die TPC wurde im Jahr 2019 in den Reinraum gebracht, dort haben wir dann die älteren Kammern aus- und die neuen Kammern eingebaut und getestet. Zum Glück waren wir gerade fertig, bevor die Pandemie begann.“ 

ALICE bekommt während der Betriebspause auch eine neue innere Spurkammer, die noch dichter am Kollisionspunkt sitzt und im Gegensatz zu ihrem Vorgänger die Präzision noch weiter erhöht. Und präzise müssen die Detektoren sein, denn nur durch die genaue Bestimmung der Teilchenpfade und -energien lassen sich Rückschlüsse ziehen auf die ersten Bruchteile von Sekunden des Universums.

Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/92047073 

Bildtext: Arbeiten am ALICE-Detektor unter Corona-Bedingungen. Von links: Robert Münzer (Goethe-Universität Frankfurt, GU), Chilo Garabatos (GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung), Lars Bratrud (GU), Yiota Chatzidaki (Universität Heidelberg), Christian Lippmann (GSI). 

Foto: Robert Münzer Weitere Bilder zum Download bei CERN: https://cds.cern.ch/record/2727174# 

Weitere Informationen: Prof. Dr. Harald Appelshäuser Institut für Kernphysik Goethe-Universität Tel: +49 (0) 69 798-47034 oder 47023 appels@ikf.uni-frankfurt.de

 

Sep 17 2020
14:21

Frankfurter Kinder-Uni: Sämtliche Videoaufzeichnungen seit 2004 sind ab sofort online nach Themen und Schlagworten recherchierbar

76 Vorlesungen für neugierige Kinder

FRANKFURT. Die 18. Frankfurter Kinder-Uni, die ursprünglich für diese Woche geplant war, wird coronabedingt erst im nächsten Jahr stattfinden. Kinder-Uni-Fans jeden Alters müssen dennoch nicht ohne kindgerechten wissenschaftlichen Input auskommen: Das Videoangebot der Frankfurter Kinder-Uni ermöglicht ab sofort die Recherche nach Themen und Schlagworten. 

Erstmals seit ihrem Start im Jahr 2003 findet die Kinder-Uni nicht statt: Hunderte von Kindern im großen Hörsaal, die temperamentvoll Anteil an den Vorlesungen nehmen und mit den Referentinnen und Referenten interagieren – das verträgt sich nicht mit den Bedingungen der Pandemie. Die mit den Professorinnen und Professoren bereits vereinbarten Vorlesungen werden – wie bereits mitgeteilt – um ein Jahr verschoben auf den turnusgemäß nächsten Termin in der Woche vom 27. September bis 1. Oktober 2021. Dabei wird es voraussichtlich ums Klima gehen, um Tierrechte, Märchen und amerikanische Geschichte, soviel sei bereits verraten.

Damit die Wartezeit auf die nächste Kinder-Uni nicht zu lang wird, hat das Kinder-Uni-Team das Videoangebot auf der Website der Goethe-Universität verbessert: Nun sind die Vorlesungen nach Themengruppen geordnet aufgeführt und können auch über eine Schlagwortsuche durchforstet werden. Auf diese Weise können sämtliche Vorlesungsmitschnitte seit dem Jahr 2004, in dem die Aufzeichnungen begonnen wurden, in den Klassenzimmern oder zu Hause angeschaut werden und – für die Vorlesungen ab 2008 – auch die Quizze gelöst werden. Insgesamt stehen 76 Videos zur Verfügung. Die Verbesserung des Videoangebots wurde vom Förderer der Kinder-Uni, der Dr. Marschner Stiftung, finanziell unterstützt. 

Hier einige Themenbeispiele: Wie wird man Kaiser von China? Welche Spuren führen zum Täter? Aßen Römer auch schon Döner? Sprechen lernen - das ist doch kinderleicht! Bulle und Bär - an der Börse geht´s tierisch ab! Wieso mag mein Computer Chips? Wie erziehe ich meine Eltern? Macht Sport schlau? Wie baut man ein Atom? Wieviel Geometrie steckt im Fußball? Wieso sieht unser Gehirn mehr als unsere Augen? Gibt es Kinder ohne Rechte? Wie aus kleinen Leuten große Leute werden… Savanne - Supermarkt und Apotheke? Hat Rumpelstilzchen einen fairen Strafprozess verdient? Mord im Bienenvolk! Wie Gladiatoren wirklich kämpften. Für jeden Geschmack und jedes Interesse dürfte etwas Passendes dabei sein.

Link zur Kinder-Uni-Seite der Goethe-Universität: https://www.kinderuni.uni-frankfurt.de; zum Videoangebot: https://www.kinderuni.uni-frankfurt.de/91850140/Videos_der_Kinder_Uni_Vorlesungen 

Ein Bild zum Download finden Sie unter dem folgenden Link: http://www.uni-frankfurt.de/9207731

Bildunterschrift: Wegen der Corona-Pandemie musste die diesjährige Frankfurter Kinder-Uni verschoben werden. Online stehen jedoch 76 Videomitschnitte aus den vergangenen Jahren zur Verfügung, die ab sofort nach Themengruppen oder Schlagworten durchsucht werden können. 

Informationen: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Campus Westend, Telefon 069 789-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de, www.kinderuni.uni-frankfurt.de.

 

Sep 14 2020
12:20

Innenminister Seehofer beruft Religionswissenschaftlerin Anja Middelbeck-Varwick von der Goethe-Universität

Frankfurter Wissenschaftlerin ist Mitglied im Expertenkreis Muslimfeindlichkeit

FRANKFURT. Prof. Dr. Anja Middelbeck-Varwick ist Mitglied des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM), der am kommenden Mittwoch zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrifft. Innenminister Horst Seehofer hat die 46-jährige Wissenschaftlerin in das neu gebildete Gremium berufen

Insgesamt zwölf Personen hat Horst Seehofer, Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, für den Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) berufen. Dessen Aufgabe wird es sein, aktuelle und sich wandelnde Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit zu analysieren und auf Schnittmengen mit antisemitischen Haltungen und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hin zu untersuchen, teilt das Bundesinnenministerium mit. Anlass für die Gründung seien rassistische und muslimfeindliche Vorfälle sowie terroristische Anschläge bzw. Anschlagsplanungen der jüngeren Zeit.

„Über die Berufung in den UEM freue ich mich sehr, denn dieser Kreis hat eine gewichtige Aufgabe. Die Zunahme von antimuslimischem Rassismus ist besorgniserregend. Ich hoffe, dass wir gemeinsam wirksame Handlungsempfehlungen erarbeiten können. Als Wissenschaftlerin, die sich mit dem Feld der christlich-muslimischen Beziehungen befasst, kann ich dazu beitragen, stereotype islamfeindliche Muster zu identifizieren und klassische Feindbilder zu entlarven. Denn Muslimfeindlichkeit beginnt in den Köpfen“, kommentiert Middelbeck-Varwick ihre Berufung. 

Die UEM wurde auf der Grundlage bisheriger Ergebnisse und Erörterungen der Deutschen Islamkonferenz gegründet. Sie soll jedoch unabhängig von dieser arbeiten und berichten.

Informationen: Prof. Dr. Anja Middelbeck-Varwick, Religionstheologie und Religionswissenschaft, Katholische Theologie FB 07, Campus Westend, Telefon +49 69 798 32933, E-Mail middelbeck@em.uni-frankfurt.de

 

Sep 14 2020
10:29

Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Goethe-Universität veranstaltet virtuelle Konferenz für europäische Arbeitsmarktforscher 

Der Mittelstand – auch in der Krise stark

FRANKFURT. Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – das hört man allenthalben. Doch was macht den Mittelstand stark? Und was hat er den Großkonzernen voraus? Dieses Forschungsfeld nimmt eine virtuelle Konferenz an der Goethe-Universität in den Blick, die von Donnerstag, 17. September, 14 Uhr bis Freitag, 18. September, 14 Uhr vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) veranstaltet wird.

Gerade während der Coronakrise stellt der Mittelstand seine Stärken unter Beweis. Die kleinen und mittelgroßen Betriebe, die auch in Hessen rund 90 Prozent aller Unternehmen ausmachen, sind meist deutlich besser gewappnet als die großen, wenn es darum geht, sich neuen Herausforderungen zu stellen. „Sie sind flexible Organisationen, die schnell auf Neues reagieren können, das gehört zu ihrem täglichen Programm“, stellt Dr. Christa Larsen, Geschäftsführerin des IWAK und Organisatorin der Konferenz fest. Ein wesentlicher Erfolgsgarant für kleine und mittelgroße Betriebe seien Besitzer- oder Geschäftsführerpersönlichkeiten. Sie „lebten“ oft für ihren Betrieb, seien regional gut eingebunden und immer auf der Suche nach guten Lösungen. Und sie blieben an Bord, auch und gerade, wenn es schwierig werde. Sie scheuten nicht davor zurück, ihren Beschäftigten etwas abzuverlangen, um die Krise zu überstehen. „Denn sie wissen, dass ihre Beschäftigten in guten Zeiten auch mehr als sonst üblich vom Betrieb profitieren. Das ist wie in einer großen Familie, ein Geben und Nehmen. Deshalb sind Betriebszugehörigkeiten von 20 oder 30 Jahren keine Seltenheit“, sagt Larsen.

Zu Recht werde der Mittelstand inzwischen vereinzelt von der jungen Generation entdeckt – geht man hier doch flexibel auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse ein. Doch nicht nur junge Berufseinsteiger interessieren sich dennoch meist mehr für die großen Unternehmen mit den klingenden Namen; auch die Arbeitsmarktforschung befasst sich immer noch viel zu wenig mit diesem Bereich des Arbeitsmarktes. Das sollte sich ändern, findet Christa Larsen: „Die Innovationspotenziale des Mittelstands zu erforschen, hilft nicht nur während der Krise. Die Politik muss wissen, wie sie diese Potenziale gezielt fördern kann.“ Dies ist auch das Anliegen des European Network on Regional Labour Market Monitoring, in welchem 400 Arbeitsmarktforscher aus mehr als 20 Ländern zusammengeschlossen sind, um entsprechende Hinweise bereitzustellen (http://regionallabourmarketmonitoring.net/). Das Netzwerk wird von der Goethe-Universität aus koordiniert, ebenso die jährliche Konferenz der Mitglieder, die nun zum 15. Mal stattfindet. „Es ist unbedingt notwendig, bei diesem Thema europäisch zu denken. Denn hier liegt die Zukunft der europäischen Wirtschaft“, sagt Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident an der Goethe-Universität mit dem Zuständigkeitsbereich Third Mission, den Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis.

Zwei Tage lang werden Arbeitsmarktforscher aus verschiedenen europäischen Regionen ihre Forschungsergebnisse vorstellen und diskutieren. Sie wollen herausfinden, welche Faktoren den Mittelstand so erfolgreich bei der Bewältigung der Krise machen. In Vorbereitung darauf haben 30 Forscherinnen und Forscher aus zehn Ländern einen Sammelband erstellt – ganz im europäischen Gedanken, so dass länderübergreifende Perspektiven diskutiert werden können. Der Band wird bei der Konferenz verfügbar sein. (https://www.buchhandel.de/buch/9783957102805) Vertreter der europäischen Kommission haben ein Vorwort dafür geschrieben und verfolgen die Konferenz, die auch Beiträge aus Hessen hat. „Viele bauen zurecht auf den Mittelstand“, sagt Dr. Jenny Kipper aus dem Frankfurter Organisationsteam. Dieser hat beste Voraussetzungen, um die Transformation zu einer nachhaltigen Arbeitsmarktpolitik zu schaffen, die die Europäische Kommission anstrebt.

Das Programm zur Veranstaltung findet sich unter: http://regionallabourmarketmonitoring.net/wp-content/uploads/2019/10/EN-RLMM_Conference-2020_2020-08-28.pdf 

Die Veranstaltung kann am 17. September ab 14 Uhr und am 18. September ab 9:15 Uhr als Live-Stream verfolgt werden. Der Link findet sich unter: http://regionallabourmarketmonitoring.net/?page_id=3531 

Zudem besteht am 17. September von 10 bis 12 Uhr unter 069 798-22152 die Möglichkeit, ein Interview mit Dr. Christa Larsen, der Geschäftsführerin des IWAK, zu führen, die auch die Koordinatorin des European Network on Regional Labour Market Monitoring ist. Gerne mit Voranmeldung unter: c.larsen@em.uni-frankfurt.de

 

FRANKFURT. Vom 14. September bis Frühjahr 2021 bleibt das Museum Giersch der Goethe-Universität aufgrund von Sanierungsarbeiten geschlossen. Nach 20 Jahren erfolgreichen Museumsbetriebs und knapp 60 Ausstellungen steht eine Sanierung der technischen Anlagen des Hauses an. Die Gebäudeleittechnik (Alarm, Sicherheit und Brandschutz) sowie die Klimatechnik der neoklassizistischen Villa am Frankfurter Schaumainkai werden auf die neuesten Standards gebracht. Das Ausstellungshaus wird durch diese von der STIFTUNG GIERSCH getragenen Sanierungsmaßnahmen für den zukünftigen Ausstellungsbetrieb bestens vorbereitet sein. 

„Der STIFTUNG GIERSCH liegen das Museum und seine Ausstellungsaktivitäten sehr am Herzen. Mit der Übernahme der Sanierungskosten möchte die STIFTUNG GIERSCH sicherstellen, dass das Museum seine erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann und technisch gut gerüstet ist für zukünftige interessante Sonderausstellungen aus den Bereichen Kunst, Kultur und Wissenschaft – mit besonderem Fokus auf der Rhein-Main-Region“, stellt Senator E. h. Professor Carlo Giersch fest. 

Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität, in dessen Trägerschaft sich das Ausstellungshaus seit 2015 befindet, bedankt sich bei der STIFTUNG GIERSCH für diese erneut großzügige finanzielle Geste und freut sich ebenfalls über die Fortsetzung der Ausstellungstätigkeit: „Ich bin mir sicher, dass dank der Zusammenarbeit zwischen der STIFTUNG GIERSCH und der Goethe-Universität die Sanierungsmaßnahmen planmäßig im nächsten Jahr abgeschlossen werden können. So kann das Museum gemeinsam mit Partnern aus Forschung, Lehre und den Sammlungen der Goethe-Universität weiterhin in die Stadtgesellschaft wirken.“ Geplant ist von Seiten der Universität auch die Umstellung des gesamten Gebäudes auf die energieeffiziente LED-Beleuchtungstechnik. 

Im März 2021 wird das Museum mit einer Retrospektive zu dem in Frankfurt geborenen Ernst Weil (1919–1986) wiedereröffnet werden. Der genaue Termin wird rechtzeitig bekannt gegeben. In der Schließungsphase können die digitalen Angebote des Museums wie z. B. der 3D-Rundgang, die Bildergalerie und der Einführungsfilm zur letzten Sonderausstellung „Die Welt im BILDnis. Porträts, Sammler und Sammlungen in Frankfurt von der Renaissance bis zur Aufklärung“ auf der Website www.welt-im-bildnis.museum-giersch.de wahrgenommen werden. Weitere digitale Angebote z. B. zur Geschichte des Hauses sind geplant und werden über den Newsletter des Museums und die Social-Media-Kanäle verbreitet.

Museum Giersch der Goethe-Universität, Schaumainkai 83, 60596 Frankfurt am Main
Ansprechpartnerin für die Presse: Christine Karmann Tel.: 069 / 138210121 // E-Mail: presse@museum-giersch.de

 

Sep 10 2020
15:16

Soziologen der Goethe-Universität untersuchten unterschiedliche Auswirkungen der Pandemie-Verordnungen auf Männer und Frauen

Sorgen und Ängste in der Corona-Zeit

FRANKFURT. Frauen und Männer haben die Einschränkungen während der Corona-Pandemie unterschiedlich wahrgenommen. Während Mütter verstärkt unter Stress gerieten, weil die Kinderbetreuung wegfiel, sorgten sich Männer vor allem um die wirtschaftliche Lebensgrundlage. Dies kann das geschlechtsspezifische Lohngefälle in Deutschland auch nach Ende der Beschränkungen weiter vergrößern

Die individuellen Sorgen und Ängste während der coronabedingten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen haben die Soziologen Dr. Christian Czymara, Alexander Langenkamp und Dr. Tomás Cano von der Goethe-Universität in einer aktuellen Studie untersucht. Hierfür haben sie die Aussagen aus einer während der ersten vier Wochen der Coronabeschränkungen durchgeführten Onlineumfrage analysiert. Die Befragten sollten ihre persönlichen Sorgen und Erfahrungen mit eigenen Worten beschreiben. Mit Hilfe von quantitativen Textanalysen konnten so die Antworten von mehr als 1.100 Personen systematisch ausgewertet werden. 

Dabei zeigte sich, dass sich die Menschen vor allem um soziale Kontakte sorgten, aber auch um Themen wie Kinderbetreuung und Familie. Im Erleben der allgemeinen Schließungen gibt es allerdings interessante Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So sorgen sich Frauen vermehrt um das Thema Kinderbetreuung. Bei Männern dominieren hingegen vor allem wirtschaftliche Fragen, etwa in Bezug auf die Sicherheit des eigenen Berufs oder die gesamtgesellschaftlichen ökonomischen Konsequenzen von Corona. Themen des Alltags, etwa das Einkaufen von Lebensmittel, sind hingegen bei beiden Geschlechter gleichermaßen präsent. 

Deutlich erkennbar ist das Muster der „traditionellen“ Arbeitsteilung, bei der Frauen sich vermehrt um Haushalt und Kindererziehung kümmern, während Männer eher bezahlter Vollzeitarbeit nachgehen. Die Corona-Pandemie trifft Frauen daher doppelt: Zum einen reduzieren Frauen ganz praktisch in höherem Maße die bezahlten Arbeitsstunden in ihrer Erwerbstätigkeit. Zum anderen kümmern sich Frauen häufiger um die Organisation der Kinderbetreuung. Sie verrichten damit Planungsarbeit, die oftmals unbemerkt für andere geschieht. Es ist wahrscheinlich, dass beide Prozesse Folgen für den Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern haben werden, die auch über das Ende der Beschränkungen hinaus wirksam sein werden. So könnte sich das im Durchschnitt ohnehin geringere Lohnniveau von Frauen in Deutschland trotz aller politischen Bemühungen weiter verfestigen oder sogar noch verstärken. 

Publikation: Czymara, C.S., Langenkamp, A. & Cano, T., 2020. Cause for concerns: gender inequality in experiencing the COVID-19 lockdown in Germany. European Societies, pp.1-14. (https://doi.org/10.1080/14616696.2020.1808692

Informationen: Dr. Christian Czymara, Alexander Langenkamp und Dr. Tomás Cano; Kontakt: Dr. Christian Czymara (christian@czymara.com)

 

Sep 8 2020
16:32

Öffentliche (Online-)Konferenz mit Fachleuten aus Wissenschaft, Politik und Kultur am Forschungskolleg Humanwissenschaften

„Europa. USA. Geteilte Zukunft?“ /„Transatlantic Futures. Shared or Divided?“

FRANKFURT/BAD HOMBURG. Haben die USA und Europa noch eine gemeinsame Zukunft? Wie können die schwierigen transatlantischen Beziehungen wieder verbessert werden? Mit diesen Fragen befasst sich nur wenige Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl die Bad Homburg Conference des Forschungskollegs Humanwissenschaften der Goethe-Universität – in diesem Jahr gleichzeitig als Online- und Präsenzveranstaltung. 

Über Jahrzehnte verbanden intensive politische Beziehungen und gemeinsame Werte die USA und Europa und garantierten auch in geopolitischen unruhigen Zeiten Stabilität und Sicherheit. Doch das transatlantische Verhältnis ist in eine Krise geraten. Die Bad Homburg Conference 2020 thematisiert die Gegenwart und Zukunft dieses Verhältnisses aus kultureller, gesellschafts- und sicherheitspolitischer Perspektive. Ein Ziel ist dabei, nach den kulturellen und politischen Initiativen zu fragen, die eine Wiederbelebung der problematisch gewordenen Beziehungen ermöglichen. 

Das Forschungskolleg Humanwissenschaften und die Stadt Bad Homburg v. d. Höhe laden die interessierte Öffentlichkeit zur Bad Homburg Conference 2020 ein am Freitag, 18. September, 18:00 bis 20:30 Uhr am Samstag, 19. September, 11:00 bis 18:00 Uhr im Forschungskolleg Humanwissenschaften Am Wingertsberg 4, 61348 Bad Homburg v. d. Höhe.

Internationale Expertinnen und Experten werden das belastete Verhältnis zwischen den USA und Europa analysieren und mit der Öffentlichkeit diskutieren. Das erste Panel der Konferenz fragt, ob in der amerikanischen Popkultur Potenziale zu finden seien, die die fragilen Beziehungen auf subversive Weise stabilisieren und lebendig halten können. Zwar diente die Popkultur den USA als „soft power“, die den amerikanischen Gesellschaftsentwurf weltweit verbreitete. Gleichzeitig war sie aber immer auch ein Ort für kritische Stimmen, die die Missachtung amerikanischer und europäischer Werte anprangerten. Solche Kritik scheint umso bedeutsamer, als die USA – aber auch europäische Staaten – von einer starken politischen und gesellschaftlichen Polarisierung gezeichnet sind, die die Demokratie bedrohen. Den Ursachen und Konsequenzen dieser Entwicklung widmet sich das zweite Panel. Im dritten Panel schließlich diskutieren Expertinnen und Experten Fragen der transatlantischen Außen- und Sicherheitspolitik, die durch die politischen Kehrwenden der USA in den vergangenen Jahren stark belastet wurde.

Der Bad Homburger Oberbürgermeister Alexander W. Hetjes, der Vizepräsident der Goethe-Universität Prof. Dr. Rolf van Dick und der Direktor des Forschungskollegs Humanwissenschaften Prof. Dr. Matthias Lutz-Bachmann werden die Konferenz am Freitagabend eröffnen. Den anschließenden Keynote-Vortrag hält der ehemalige Botschafter der Bundesrepublik in Washington Klaus Scharioth. Am zweiten Konferenztag werden Fachleute aus Wissenschaft, Politik und Kultur in die Panels einführen und gemeinsam diskutieren. Auf dem Podium des Panels zur Rolle der amerikanischen Popkultur sitzen die amerikanische Kuratorin und Direktorin des Deutschen Filminstituts und Filmmuseums Ellen M. Harrington (Frankfurt), der Filmwissenschaftler Vinzenz Hediger (Goethe-Universität), die Autorin und Journalistin Verena Lueken (Berlin/Frankfurt) und die Amerikanistin Ruth Mayer (Hannover). Die Gefährdung der Demokratien in den USA und Europa durch gesellschaftliche und politische Polarisierung wird der polnische Journalist und Aktivist Sławomir Sierakowski (Warschau/Berlin) mit der politischen Theoretikerin Paula Diehl (Kiel) und dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie (Gießen) analysieren. Auf die Konsequenzen und Perspektiven der belasteten transatlantischen Außen- und Sicherheitspolitik werden der amerikanische Historiker Micheal C. Kimmage (Washington), die Expertin für Außenpolitik Constanze Stelzenmüller (Washington), der Politiker Omid Nouripour (Berlin) und die Politikwissenschaftlerin Lora Anne Viola (Berlin) eingehen. Der Eröffnungsvortrag findet auf Deutsch statt; die Podiumsdiskussionen am Samstag auf Englisch; deutschsprachige Beiträge sind aber möglich und willkommen.

Die Konferenz ist die vierte in der Reihe der jährlich stattfindenden Bad Homburg Conferences, die vom Bad Homburger Forschungskolleg Humanwissenschaften – einer gemeinsamen Initiative der Goethe-Universität Frankfurt und der Werner Reimers Stiftung – geplant und von der Stadt Bad Homburg finanziert werden. Ziel sei es, so der Oberbürgermeister der Stadt Bad Homburg, Alexander W. Hetjes, “brennende gesellschaftliche Fragen auf hohem Niveau mit der Öffentlichkeit zu diskutieren und Anregungen für die Gestaltung unserer Zukunft zu geben. Eben deshalb ist der Stadt Bad Homburg als Wissenschaftsstandort daran gelegen, die Forschung ebenso zu fördern wie den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern über deren Resultate.“

Wissenschaftlich geleitet wird die Konferenz vom Direktor des Forschungskollegs Humanwissenschaften Matthias Lutz-Bachmann, Professor für Philosophie an der Frankfurter Goethe-Universität, sowie seinen Frankfurter Kollegen Andreas Fahrmeir (Professor für Neuere Geschichte), Gunther Hellmann (Professor für Politikwissenschaft), Darrel Moellendorf (Professor für Internationale Politische Theorie und Philosophie), Johannes Völz (Heisenberg-Professor für Amerikanistik) und Simon Wendt (Professor für Amerikanistik).

Details zur Bad Homburg Conference 2020 finden Sie auf der Webpage des Forschungskollegs Humanwissenschaften unter www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de.

Anmeldung: Aufgrund der Regelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie können leider nur wenige Personen vor Ort teilnehmen. Anmeldungen bitte bis 11. September unter Angabe der vollständigen Adresse und Telefonnummer an folgende E-Mail-Adresse: anmeldung@forschungskolleg-humanwissenschaften.de. Bitte teilen Sie unbedingt mit, , an welchen Veranstaltungen Sie teilnehmen möchten.

1. Eröffnungsveranstaltung am Freitag, 18.09.2020, 18 Uhr und / oder 

2. Konferenztag am Samstag, 19.09.20 

a) alle Podiumsdiskussionen (11:00 – 18:00 Uhr) oder 

b) einzelne Diskussionen

  • Panel 1 (“Popular Culture"): 11:00 – 13:00 Uhr
  • Panel 2 (“Democratic Ways of Life"): 13:30 – 15:30 Uhr
  • Panel 3 (“Security and Foreign Policy"): 16:00 – 18:00 Uhr 

Die Teilnahmebestätigungen werden bis 14.9. per E-Mail versandt, diese bitte ausgedruckt mitbringen. Absagen werden ebenfalls per E-Mail versandt. Zusätzlich wird die Konferenz live auf unserem YouTube-Kanal übertragen, eine Anmeldung hierfür ist nicht erforderlich. Die Videos werden im Anschluss an die Konferenz dauerhaft dort zu finden sein.

 

Sep 8 2020
10:26

Alexander Schmidt-Catran und Christian Czymara analysieren die Einstellungen vor und nach den Ereignissen an der Gedächtniskirche

Der Berliner Terroranschlag und die öffentliche Meinung

FRANKFURT. Wie hat sich der Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin auf die Akzeptanz von Geflüchteten in der deutschen Gesellschaft ausgewirkt? Darüber gibt eine Studie zweier Soziologen an der Goethe-Universität Aufschluss.

Der starke Zustrom von Geflüchteten vom Spätsommer 2015 an hat die öffentlichen Debatten in Europa über einige Jahre dominiert. Als populärstem Aufnahmeland kam Deutschland eine besondere Rolle zu, die Diskussionen in Politik und Öffentlichkeit waren hierzulande besonders lebhaft. Befeuert wurde die Debatte immer wieder durch islamistische Terroranschläge, die sich bereits seit Januar 2015 (Charlie Hebdo) zu häufen begannen. Ein erster großer Anschlag auf deutschem Boden ereignete sich am 19. Dezember 2016 auf dem Weihnachtsmarkt an der Berliner Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche: Ein aus Tunesien geflüchteter Mann fuhr mit einem Laster in die Besuchermenge und tötete zwölf Menschen, 55 weitere wurden verletzt.

Die Auswirkungen dieses Terroranschlags auf die Akzeptanz von Geflüchteten in der deutschen Öffentlichkeit haben die Soziologen Prof. Dr. Alexander Schmidt-Catran und Dr. Christian Czymara von der Goethe-Universität in einer neuen Studie analysiert. Dabei machten sie sich den Umstand zunutze, dass zufällig zur Zeit des Anschlages eine große Bevölkerungsumfrage, das European Social Survey, erhoben wurde. Prof. Schmidt-Catran und Dr. Czymara konnten Einstellungen von Personen, die vor dem Anschlag befragt wurden, mit den Einstellungen von Personen vergleichen, die nach dem Anschlag an der Befragung teilnahmen. Somit konnten sie Rückschlüsse auf die Auswirkungen von terroristischen Anschlägen ziehen.

Ihre Analysen deuten darauf hin, dass der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt die Akzeptanz von Geflüchteten innerhalb der deutschen Bevölkerung tatsächlich verringert hat. Diese Veränderung fand allerdings nicht unmittelbar statt, sondern entfaltete sich graduell über mehrere Wochen. Die Ausgangshypothese der Forscher, dass sich dieser Trend durch die mediale Berichterstattung im Nachgang des Anschlags erklären ließe, bestätigte sich jedoch nicht. Die Forscher haben die zu dieser Zeit auf Spiegel Online, Welt Online und Zeit Online publizierten Artikel analysiert und dabei erkannt: Im Vergleich zu den sich über Wochen ändernden Einstellungen der Öffentlichkeit reagierten die Onlinemedien sehr schnell auf den Anschlag; die Prominenz des Themas in diesen Medien ebbte aber auch schnell wieder ab.

Tiefergehende Analysen zeigen, dass sich die negativen Einstellungen zu Geflüchteten nicht auf die Einstellungen gegenüber Einwanderung generell übertragen haben, da diese auch nach dem Anschlag unverändert blieben. Dies spricht gegen die These, dass islamistische Anschläge zu einem generell migrationsfeindlichen Klima führen. Die öffentliche Meinung präsentiert sich somit nicht als pauschal, sondern durchaus als differenzierend.

Publikation: Schmidt-Catran, A.W. and Czymara, C.S. (2020): Did you read about Berlin? Terrorist attacks, online media reporting and support for refugees in Germany. Soziale Welt, 71, p. 201-232 (https://doi.org/10.5771/0038-6073-2020-1-2-201).

Informationen: Prof. Dr. Alexander Schmidt-Catran und Dr. Christian Czymara; Kontakt: Prof. Dr. Alexander Schmidt-Catran (schmidt-catran@soz.uni-koeln.de)


 

Sep 7 2020
13:14

BMBF bewilligt Mittel für Maria Sibylla Merian Institute in Ghana

1,8 Millionen Euro für Frankfurter Internationalisierungsaktivitäten in Afrika

FRANKFURT. Ein neuer Knotenpunkt der deutschen geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschung in Afrika entsteht derzeit an der University of Ghana: das Maria Sibylla Merian Institute for Advanced Studies in Africa (MIASA). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat nun die Mittel für die Hauptphase bewilligt. Das Zentrum für interdisziplinäre Afrikaforschung (ZIAF) an der Goethe-Universität und das Forschungsinstitut Point Sud in Bamako, Mali, wirken mit einem wichtigen Teilprojekt mit, für das weitere 1,8 Millionen Euro zugesagt wurden.

Das „Merian Institute for Advanced Studies in Africa“ (MIASA) soll künftig zu einem Zentrum der deutschen Afrikaforschung werden. Zu seinen Aufgaben gehört es, ein ambitioniertes intellektuelles Programm und eine Forschungsagenda zu entwickeln, die afrikanische Perspektiven in Wissenschaft und Politik stärken und damit zum Abbau globaler Wissensasymmetrien beitragen sollen. Ein thematischer Fokus liegt dabei auf nachhaltiger Regierungsführung. Aktuelle Themen wie Migration, Demokratisierung und ökologischer Umbau sollen interdisziplinärer bearbeitet werden. Exzellente Nachwuchsforscherinnen und -forscher, die sich für ein mehrmonatiges Stipendium am MIASA bewerben können, werden besonders gefördert. Im Jahr 2018 ging das Projekt an den Start, nun wurden die für die im September beginnende sechsjährige Hauptphase notwendigen Mittel in Höhe von 11 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bewilligt.

Standort des MIASA ist die University of Ghana in Accra. Auf deutscher Seite sind die Albert-Ludwigs-Universität mit dem Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) und dem Arnold-Bergstraesser-Institut für kulturwissenschaftliche Forschung (ABI) federführend bei Aufbau und Koordination des Instituts. Weitere Partner sind das Deutsche Historische Institut Paris als Mitglied der Max-Weber-Stiftung, das German Institute of Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg und das Zentrum für Interdisziplinäre Afrikaforschung (ZIAF) an der Universität Frankfurt. Das Forschungszentrum Point Sud in Mali, das seit 2004 im Rahmen eines DFG-Programms von der Goethe-Universität finanziert wird, und sein stetig wachsendes Netzwerk von Partnern im anglo-, franko- und lusophonen Afrika spielen eine zentrale Rolle bei der Überwindung der Sprachbarrieren in Afrika. Für das ZIAF ist der Erfolg des Antrags von großer Tragweite: Das Frankfurter Zentrum wird zusammen mit Point Sud in Bamako und dessen Netzwerkpartnern in Afrika das Outreach- und Konferenzprogramm von MIASA organisieren. Das Netzwerk ist im Rahmen des DFG-Programms Point Sud entstanden und umfasst Partnerinstitutionen in Burkina Faso, Gabun, Mali, Mosambik, Niger, Senegal, Ghana und Südafrika. An den verschiedenen Standorten des Netzwerks sind internationale Konferenzen zu Themen wie regionale und kontinentale Integration, intra-regionale Migration oder Ressourcenmanagement und Klimawandel geplant. Außerdem wird es Schreibwerkstätten für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie Tagungen geben, die sich dezidiert mit der Wissensproduktion in Afrika beschäftigen. So wird das Frankfurter Teilprojekt einen entscheidenden Beitrag zur Sichtbarkeit und Verankerung von MIASA auf dem Kontinent und darüber hinaus leisten. Der Frankfurter Ethnologe und Afrikaforscher Prof. Dr. Mamadou Diawara wird von 2024 an den Direktorenposten innehaben, Dr. Marko Scholze, wird die Koordination des Frankfurter Teilprojektes übernehmen.

ZIAF und das Point Sud Netzwerk bringen jedoch nicht nur ihre Kompetenz bei der Organisation von hochklassigen akademischen Veranstaltungen, sondern auch ihre wissenschaftliche Expertise in die Arbeit von MIASA mit ein. So sind zahlreiche Persönlichkeiten des ZIAF und des Netzwerks an der inhaltlichen Konzeption des Konferenzprogramms direkt beteiligt. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag für die Internationalisierungs-Strategie der Goethe-Universität.

Ein Bild zum Download finden Sie unter: http://www.uni-frankfurt.de/91771072 

Bildunterschrift: Gruppenbild in Accra nach der Evaluierung des Projektes im Dezember. (Foto: Mohammed Amidu/University of Ghana) 

Information: Dr. Marko Scholze, Koordinator Programm Point Sud und Frankfurter Teilprojekt für das Merian Institute for Advanced Studies (MIASA) in Ghana, Institut für Ethnologie, 60323 Frankfurt am Main, Tel.: +49(0)69 79833230, E-Mail: scholze@em.uni-frankfurt.de

 

Sep 3 2020
13:54

​Unternehmerische Vorbilder in Zeiten der Pandemie: IWAK an der Goethe-Universität startet das Format „Betrieb des Monats“

Wie man in Corona-Zeiten Beschäftigte an sich bindet

FRANKFURT. Was können mittelständische Arbeitgeber während der Corona-Krise tun, um Beschäftigte an sich zu binden? Um Best Practice-Beispiele bekannt zu machen, startet das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität in der Stabstelle Fachkräftesicherung in Hessen das Format „Betrieb des Monats“.

Der Mittelstand ist das Rückgrat der hessischen Wirtschaft. Damit mittelständische Betriebe möglichst gut durch die Pandemie kommen, werden derzeit einige Anstrengungen unternommen. Ein auch während der Pandemie wichtiges Thema ist die Fachkräftesicherung. Zahlreiche Betriebe stehen vor der Frage: Wie können sie ihre Fachkräfte unter den Bedingungen von Homeoffice und Kurzarbeit an sich binden? Welche Maßnahmen haben sich schon in der Praxis bewährt? Um gute Ideen schnell zu verbreiten, hat das IWAK ein neues Format konzipiert: In der Reihe „Betrieb des Monats“ berichtet ab sofort monatlich ein mittelständischer Arbeitgeber aus Hessen.

Für den August wurde die Firma Lässig GmbH in Babenhausen als „Betrieb des Monats“ ausgewählt. Das Unternehmen bietet Produkte rund um das Kind und die Familie an, während der Pandemie ist die Nachfrage jedoch zurückgegangen. Das wirkt sich auch auf die Beschäftigten aus. „Wir haben über alle Kanäle mit unseren Beschäftigten kommuniziert und versucht, Kontakt miteinander zu halten“, berichtet Claudia Lässig, die Chefin des Betriebs. In einem Video erklärt Lässig, mit welchen Ideen und Formaten Sie die Fachkräftebindung unter den Vorzeichen der Pandemie angeht und warum dies gut funktioniert.

Von Beispielen guter Praxis lernen – diese Strategie setzt das IWAK bereits seit vier Jahren im Auftrag der Stabstelle Fachkräftesicherung in Hessen im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration im Rahmen des sogenannten „Hessischen Zukunftsdialogs“ um. Pro Jahr treffen sich dafür rund 1000 Interessierte aus Betrieben und Verwaltung bei dezentralen Veranstaltungen in Nord-, Mittel- und Südhessen, um darüber zu sprechen, wie das Finden und Binden von Fachkräften möglichst gut funktionieren kann. Viele Personaler haben diese Gelegenheit bereits zur Vernetzung genutzt. Da wegen der Pandemie derzeit keine größeren Veranstaltungen möglich sind, die Betriebe aber gerade besonders auf Beispiele guter Praxis angewiesen sind, wurde das virtuelle Format „Betrieb des Monats“ entwickelt.

In den nächsten Monaten werden Arbeitergeber aus unterschiedlichen Branchen als „Betrieb des Monats“ vorgestellt – unter anderem aus dem Bereich Gebäude- und Sicherheitstechnik, Metallverarbeitung, IT und Produkte für die Pharmaindustrie. Nord-, Mittel-, Süd- und Osthessen sind als Standorte vertreten, in der Auswahl spiegelt sich die ganze Vielfalt hessischer Betriebe – wobei die Herausforderungen je nach Branche und Region unterschiedlich aussehen können. Aber auch Betriebe in einer guten Lage, die kaum Auswirkungen der Pandemie spüren, müssen mit besonderen Hygienevorschriften, Homeoffice-Lösungen und Einschränkungen im persönlichen Kontakt umgehen. Die Videoreihe „Betrieb des Monats“ vermittelt, was in der aktuellen Situation wichtig für den Umgang mit eigenen Fachkräften ist, welche besonderen Aktivitäten und Maßnahmen in diesen Zeiten umgesetzt werden können. Sowohl Betriebe als auch unterstützende Organisationen wie Weiterbildner können sich hierdurch inspirieren lassen.

Zusätzlich wird es am 7. Dezember 2020 eine zentrale Veranstaltung zum Hessischen Zukunftsdialog 2020 geben.  Weitere Informationen dazu sind auf der Webseite des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität zu einem späteren Zeitpunkt zu finden.


Informationen: Dr. Christa Larsen, Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität, Campus Bockenheim, Telefon 069 798- 22152, E-Mail: c.larsen@em.uni-frankfurt.de, http://www.iwak-frankfurt.de/projekt/hessischer-zukunftsdialog-fur-eine-nachhaltige-fachkraftesicherung-in-den-regionen/

Der „Betrieb des Monats“ ist unter dem folgenden Link zu finden: https://soziales.hessen.de/arbeit/fachkraeftesicherung/betrieb-des-monats

 

Sep 3 2020
11:32

​ Archäologen aus Frankfurt und München belegen Ursprung im ersten Jahrtausend v. Chr.

Himmelsscheibe von Nebra wird neu datiert

FRANKFURT. Bisher galt die Himmelsscheibe von Nebra als frühbronzezeitlich und damit als älteste Himmelsdarstellung der Welt. Archäologen der Goethe-Universität Frankfurt und der Ludwig-Maximilians-Universität München analysierten nun erneut verschiedenste Daten zur Rekonstruktion von Fundort und Begleitumständen der Funde. Im Ergebnis muss die Scheibe in die Eisenzeit datiert werden und ist damit rund 1000 Jahre jünger ist als bisher angenommen. Damit sind alle bisherigen astronomischen Interpretationen hinfällig.

Die Himmelsscheibe von Nebra ist einer der bedeutendsten archäologischen Funde Deutschlands und zählt seit 2013 zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie wurde 1999 bei Raubgrabungen gefunden, nach Angaben der Raubgräber zusammen mit bronzezeitlichen Schwertern, Beilen und Armschmuck. Dieser Fundzusammenhang war für die wissenschaftliche Datierung wichtig, denn die Scheibe selber konnte weder naturwissenschaftlich noch archäologisch durch Vergleiche mit anderen Objekten datiert werden. In langjährigen Untersuchungen versuchten daher mehrere Forschergruppen, sowohl die Zuweisung des angeblichen Fundortes als auch die Zusammengehörigkeit der Objekte unabhängig von den vagen Angaben der Raubgräber zu verifizieren.

Rupert Gebhard, Direktor der Archäologischen Staatssammlung München und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, und Rüdiger Krause, Professor für Vor- und Frühgeschichte Europas an der Goethe-Universität Frankfurt, haben jetzt Fundumstände und Forschungsergebnisse zur Himmelsscheibe von Nebra umfassend analysiert. Ihre Ergebnisse: Bei der Stelle, die bisher als Fundort galt und die in einer Nachgrabung untersucht wurde, handele es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um die Fundstelle der Raubgräber. Es gebe zudem keine überzeugenden Hinweise darauf, dass die bronzezeitlichen Schwerter und Beile sowie der Armschmuck ein zusammengehöriges Ensemble bilden. Deshalb müsse man davon ausgehen, dass sich nicht um eine der typischen Deponierungen der Bronzezeit handelt und die Scheibe sich nicht zusammen mit den anderen Objekten in originaler Lage im Grabungsloch befunden habe.

Damit, so die Archäologen, müsse die Scheibe als Einzelfund untersucht und bewertet werden. Stilistisch und kulturell lässt sich die Himmelsscheibe nicht in die frühbronzezeitliche Motivwelt des beginnenden zweiten Jahrtausends vor Christus einfügen. Deutlichere Bezüge lassen sich hingegen zur Motivwelt der Eisenzeit des ersten Jahrtausends vor Christus herstellen. Auf einer divergierenden Datenlage und auf Grundlage dieser neuen Einschätzung, so Gebhard und Krause, müssen alle bisherigen, teilweise weitreichenden kulturgeschichtlichen Schlussfolgerungen neu und ergebnisoffen diskutiert werden und die Scheibe in anderen Zusammenhängen als bisher interpretiert und bewertet werden. Grundlage hierzu müsse die Vorlage aller bisher nicht veröffentlichten Daten und Fakten sein.

Ausführlichere Informationen auf der Seite der Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte https://dguf.de/himmelsscheibe.html

Publikation: Rupert Gebhard & Rüdiger Krause, Kritische Anmerkungen zum Fundkomplex der sog. Himmelsscheibe von Nebra. In: Archäologische Informationen. Early View: Zitierfähige Online-Fassung mit vorläufiger Seitenzählung. Nach Erscheinen des gedruckten Bandes finden Sie den Beitrag mit den endgültigen Seitenzahlen im Open Access dort: http://journals.ub.uni-heidelberg.de/arch-inf. Den gedruckten Band erhalten Sie unter http://www.archaeologische-informationen.de

Bilder zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/91701141

Bildtexte:
1. Die Himmelsscheibe von Nebra im Zustand vor der Übernahme des Landesmuseums Halle an der Saale. Foto: Hildegard Burri-Bayer
2. Bronzezeitliche Schwerter, Beile und Armschmuck, angeblich zusammen mit Himmelsscheibe von Nebra gefunden. Zustand vor der Übernahme des Landesmuseums Halle an der Saale. Foto Hildegard Burri-Bayer

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Rüdiger Krause
Prof. Dr. Rupert Gebhard
über
Pressestelle der Goethe-Universität Frankfurt
Dr. Markus Bernards
Tel. +49 (0)69 798 12498
bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Sep 2 2020
13:49

​Neue Professur am LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik

Genomiker Michael Hiller verstärkt Biodiversitäts-Forschung bei Senckenberg-Gesellschaft und Goethe-Universität

FRANKFURT. Das LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG), das sich der Erforschung der genomischen Grundlagen von Biodiversität widmet, hat zum 01. September renommierte Unterstützung erhalten: Prof. Michael Hiller verstärkt den Forschungsbereich Vergleichende Genomik und übernimmt Aufgaben in der Zentrumsleitung. Die Berufung erfolgte in Kooperation der beiden TBG-Partnerinstitutionen Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und Goethe-Universität Frankfurt. Zuvor leitete der Genomiker Hiller eine Forschungsgruppe an den Max-Planck-Instituten für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) sowie für Physik komplexer Systeme in Dresden.
 
Am LOEWE-Zentrum TBG wird sich Hiller mit seiner Arbeitsgruppe vor allem der vergleichenden Analyse des Erbguts verschiedener Lebewesen zuwenden. Im Fokus steht dabei für ihn die Frage, welche Änderungen in der DNA zu unterschiedlichen Eigenschaften von Organismen beitragen. Für diese Analysen entwickelt die Gruppe auch neue Computermethoden. „Bisher haben wir uns vor allem auf Vergleiche von Wirbeltier-Genomen konzentriert. Diese Untersuchungen wollen wir am LOEWE-Zentrum TBG künftig auf weitere Ordnungen von Lebewesen ausdehnen und die Methoden dafür anpassen und weiterentwickeln“, erläutert Hiller.
 
Ermöglicht wird diese Ausweitung des Forschungsspektrums unter anderem durch technische Fortschritte in der Sequenziertechnologie, die es praktikabel und finanzierbar machen, in kurzer Zeit viele Genomdaten zu erhalten. „Dadurch wird es denkbar, einen Genom-Atlas zu erstellen, der die Artenvielfalt auf genomischer Ebene erfasst. Das ist vielleicht vergleichbar mit den Zeiten der großen Entdeckungen und Kartierungen unseres Globus“, so Hiller. Am LOEWE-Zentrum TBG sieht der Genomiker sehr gute Voraussetzungen, um bei diesen Forschungsaktivitäten eine wichtige Rolle einzunehmen.
 
Doch nicht nur am Computer und im Labor wird Hiller tätig sein: Im Rahmen seiner Kooperationsprofessur von Senckenberg und der Goethe-Universität Frankfurt wird er in den Biowissenschaften Themen der vergleichenden und funktionellen Genomik an Studierende der Bioinformatik und anderer Master-Studiengänge vermitteln. Die Vorlesungen sollen durch praktische Übungen am Computer begleitet werden. Hiller freut sich auf die Kombination aus Forschung und Lehre: „So kann ich mich intensiv meinen Forschungsfragen widmen – und aktuelle Themen auch in der Lehre behandeln. Der Kontakt zu den Studierenden wird für mich sehr bereichernd sein, denn in meiner bisherigen Position als Gruppenleiter am Max-Planck-Institut in Dresden war dieser Austausch nicht sehr ausgeprägt.“
 
Wichtig ist ihm zudem die Frage nach dem Anwendungsaspekt der Genomforschung. Hiller hierzu: „Auch wenn wir primär Grundlagenforschung beitreiben, bei der es nicht immer offensichtlich ist, ob und wann neue Erkenntnisse nutzbar gemacht werden können, denke ich, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer auch mögliche Anwendungen im Blick haben sollten. Bezogen auf das LOEWE-Zentrum TBG und meine Forschungsinteressen können wir sicherlich viel von Tieren lernen, die im Laufe der Evolution Fähigkeiten entwickelt haben, die diejenigen des Menschen weit übersteigen. Zum Beispiel sind Fledermäuse in der Lage, mit gefährlichen Viren zu leben, ohne Krankheitssymptome zu zeigen. Diese und andere Tiere haben eine lange Lebensspanne und erkranken selten oder gar nicht an Krebs. Andere Lebewesen produzieren oft noch unbekannte Stoffe, die man vielleicht in der Biomedizin einsetzen kann. Da diese Merkmale und Fähigkeiten im Genom verschlüsselt sind, hoffe ich, dass die Genomforschung dazu beitragen kann, die molekularen Grundlagen besser zu verstehen. Um Max Planck zu zitieren – Dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen.“


Bild zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/91639023
 
Bildtext: Der Genomwissenschaftler Michael Hiller trat zum 01. September 2020 eine Kooperationsprofessur der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Goethe-Universität Frankfurt an und wird eine Leitungsrolle am LOEWE-Zentrum TBG übernehmen. (Foto: Sven Tränkner, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung)
 
Kontakt:
Prof. Dr. Michael Hiller
Vergleichende Genomik
LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG)
michael.hiller@senckenberg.de
 
Stephanie Mayer-Bömoser
Öffentlichkeitsarbeit
LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG)
Tel. +49 (0)69 7542-1840
Stephanie.mayer-boemoser@senckenberg.de

 

Sep 1 2020
11:47

Goethe-Universität und Hertie-Stiftung entwickeln „VirtualBrainLab“ für Unterricht und Homeschooling

Digitales Neurobiologie-Labor für die Schule

FRANKFURT. Erstmals können Schülerinnen und Schüler neurobiologische Experimente rein digital im „VirtualBrainLab“ durchführen. Das „VirtualBrainLab“ haben Fachdidaktiker im Fachbereich Biowissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt mit Unterstützung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung entwickelt, die das Projekt mit 300.000 Euro förderte. (www.VirtualBrainLab.de).

In diesen Tagen steht „Neurobiologie“ auf dem Stundenplan der Schülerinnen und Schüler der Qualifikationsphase. Aufgrund fehlender Ressourcen und mangelnder Zeit fand dies bisher größtenteils nur theoretisch statt. Mit dem „VirtualBrainLab“ hat die Abteilung für Didaktik der Biowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt mit Unterstützung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung nun ein wichtiges Add-on für die Lehrpläne entwickelt, das den Schülerinnen und Schülern einen spannenden Einblick in die neurowissenschaftliche Forschung gibt. Gemeinsam oder im Homeschooling können so momentan vier verschiedene neurowissenschaftliche Experimente aus den Bereichen Elektrophysiologie und Mikroskopie durchgeführt werden, die auf echten Daten basieren und in einem authentischen Forschungs-Setting stattfinden: „Die Messoberflächen und Layouts der virtuellen Experimente sind echten Experimenten nachempfunden – alles, was vorher nur im Labor möglich war, haben wir versucht digital umzusetzen. Damit möchte die Hertie-Stiftung die Digitalisierung von Lehrinhalten in den Schulen maßgeblich vorantreiben und auch anderen Fachbereichen einen Weg aufzeigen, wie dies didaktisch funktionieren kann“, erläutert Dr. Astrid Proksch, Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung für den Bereich „Gehirn erforschen“.

Neuste Didaktik: Auf innovative Art für das Gehirn begeistern
Neben dem Voranbringen der Digitalisierung im deutschen Bildungswesen soll das „VirtualBrainLab“ dazu beitragen, Talente für die Neurowissenschaften zu gewinnen. Denn durch den resultierenden Mangel an praktischen Laborversuchen haben in der Folge viele Lernende Schwierigkeiten, die neurophysiologischen Konzepte zu verstehen. Viele entwickeln sogar eine Abneigung gegen diese Fachrichtung. Daher stellen speziell für Schülerinnen und Schüler konzipierte Neurosimulationen eine einzigartige Zugangsmöglichkeit dar, die bisher nicht geboten werden konnte. Nachdenken, messen und analysieren – so schlüpfen die Schüler in die Rolle des Forschers, wenn sie beispielsweise eine elektrophysiologische Messung mit verschiedenen Rezeptoren an einer aktiven Zelle durchführen.

"Um hochqualifizierten Nachwuchs schon bei der Entscheidung für ein Studienfach zu gewinnen, muss dieses Wissen adäquat in den schulischen Kontext transferiert werden. Die Neurowissenschaften sind darauf angewiesen, die besten Köpfe für ihr Fach zu gewinnen. Die dafür notwendige praxisnahe Vermittlung der modernen Neurowissenschaften und seiner Methoden gelingt im Schülerlabor auf vorbildhafte Art und Weise“, betont Prof. Dr. Paul W. Dierkes, Professor für Didaktik der Biowissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt. Gemeinsam mit seinem Team hat er das „VirtualBrainLab“ in den vergangenen Monaten aus dem bereits bestehenden Projekt „Schülerlabor Neurowissenschaften“ entwickelt.

„VirtualBrainLab“
Das „VirtualBrainLab“ baut auf dem erfolgreichen Konzept des „Schülerlabors Neurowissenschaften“ auf. Die Inhalte und Experimente wurden weiterentwickelt und für die Digitalisierung angepasst. Damit werden innovative Anwendungen wie die Neurosimulation oder das virtuelle Mikroskop nachhaltiger einer großen Zielgruppe zugänglich gemacht. Den Lehrkräften werden didaktische Arbeitsmaterialien an die Hand gegeben, so dass diese das „VirtualBrainLab“ direkt im Unterricht einsetzen können. Auch eine schlechte Internetverbindung stellt kein Hindernis dar, denn das Entwickler-Team hat darauf geachtet, dass die Experimente auch mit kleinem Datenvolumen gut funktionieren.

Hintergrund: Schülerlabor für Neurowissenschaften
Im Jahr 2014 wurde das „Schülerlabor Neurowissenschaften“ als Kooperationsprojekt zwischen der Goethe-Universität Frankfurt und der Hertie-Stiftung ins Leben gerufen und in das bestehende Konzept der Schülerlabors Goethe-BioLab im Fachbereich Biowissenschaften integriert. Insgesamt wurde das „Schülerlabor Neurowissenschaften“ von 2015 bis 2018 von 2.262 Schülern an 157 Terminen besucht, wobei die Angebote für die Sekundarstufe II mit 124 Terminen am höchsten frequentiert waren. „Naturgemäß haben Schülerlabore einen begrenzten Wirkungsradius. Ein im Internet verfügbares Labor mit Anwendungen zum virtuellen Experimentieren kann dieses Problem lösen und den Wirkungsradius erweitern. Die Voraussetzungen zur Entwicklung solcher virtuellen Experimente sind im Schülerlabor Neurowissenschaften in Frankfurt durch die bereits entwickelten virtuellen Angebote und der vorhandenen Expertise auf ideale Art und Weise gegeben“, so Professor Dierkes.

Bild zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/91557326

Bildtext: Schülerinnen im digitalen Schülerlabor Neurowissenschaften (Goethe-Universität Frankfurt/Didaktik der Biowissenschaften)

Weitere Informationen:
Goethe-Universität Frankfurt
Dr. Sandra Formella-Zimmermann
Didaktik der Biowissenschaften
Tel.: +49 69 798 422 76
s.zimmermann@em.uni-frankfurt.de

Gemeinnützige Hertie-Stiftung
Dr. Claudia Becker
Kommunikation
Tel. +49 69 660 756 – 157
BeckerC@ghst.de

Goethe-Universität Frankfurt
Dr. Markus Bernards
Abteilung Presse und Kommunikation
Tel. +49 69 798 12498
bernards@em.uni-frankfurt.de

 

Aug 31 2020
15:08

Stefanie Dimmeler erhält höchste Auszeichnung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie

Goldmedaille für Herzforscherin der Goethe-Universität Frankfurt

FRANKFURT. Die Frankfurter Herzforscherin und Direktorin des Instituts für Kardiovaskuläre Medizin im Zentrum Molekulare Medizin an der Goethe-Universität, Professorin Stefanie Dimmeler, wird mit der Goldmedaille der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie geehrt. Sie erhält die Auszeichnung für ihre Forschungsarbeiten, die zum besseren Verständnis von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Entwicklung neuer Behandlungs-Ansätze beigetragen haben. „Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung. Die Goldmedaille gehört dem gesamten Team an Studenten und Mitarbeitern und Kollegen, die über viele Jahre gemeinsam an den Projekten gearbeitet haben“, bedankt sich Professorin Dimmeler. Die Goldmedaille wird jährlich an zwei oder drei herausragende Kardiologen oder Herzkreislaufforscher weltweit als höchste Auszeichnung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie vergeben.

Professorin Stefanie Dimmeler ist Sprecherin des durch das Excellence Strategie Programm geförderten „Cardiopulmonary Institute“ und wird ab Januar 2021 Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Ihre Arbeiten wurden bereits mehrfach durch hochkarätige Preise ausgezeichnet. Forschungsschwerpunkt ist die Untersuchung von Reparaturmöglichkeiten und Regeneration im Gefäßsystem und im Herzen. Neben der grundlagenwissenschaftlichen Aufklärung von Prozessen steht insbesondere die Entwicklung von therapeutischen Verfahren zur Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen im Vordergrund. Zuletzt entdeckte sie, dass kleine nicht-kodierende RNAs die Herzalterung und Herzfunktion regulieren. Ihre wissenschaftliche Lebensaufgabe sieht sie in dem langfristigen Ziel, die molekularen Mechanismen der Herz-Reparatur zu entschlüsseln, um die Heilung nach Herzinfarkt und Herzmuskelschwäche zu beschleunigen oder deren Auftreten zu vermeiden.

Bilder zum Download finden Sie unter folgendem Link: www.uni-frankfurt.de/91589002

Bildtext: Prof.'in Dr. Stefanie Dimmeler, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: privat

Weitere Informationen:
Goethe-Universität
Institut für Kardiovaskuläre Regeneration
Prof.'in Dr. Stefanie Dimmeler
über Office Management
Tel: +49 69 6301 6667
E-Mail: herfurth@med.uni-frankfurt.de

 

Aug 31 2020
12:10

Unternehmer Stefan Quandt stiftet neue Professur für Inklusionsforschung an der Goethe-Universität

Frankfurter Inklusionsforschung erhält eigene Spitzenprofessur 

FRANKFURT. Die Goethe-Universität besetzt das Gebiet Inklusionsforschung mit einer ganz diesem Thema gewidmeten Spitzenprofessur. Der Fachbereich Erziehungswissenschaften konnte hierfür die international ausgewiesene Inklusionsexpertin Prof. Dr. Vera Moser von der Humboldt-Universität zu Berlin gewinnen. Gefördert wird die neugeschaffene „Kathrin und Stefan Quandt-Stiftungsprofessur für Inklusionsforschung“ durch den Bad Homburger Unternehmer Stefan Quandt.

Spätestens mit dem Beitritt Deutschlands zur UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 war klar: In Deutschlands Schulen muss sich einiges ändern, damit mehr Kinder mit Behinderungen in Regelschulen unterrichtet werden können. Doch schnell zeigte sich, dass die politischen Vorgaben nicht so einfach zu erfüllen sind. Es fehlte vor allem bei der Ausbildung der Lehrkräfte für eine „Schule der Vielfalt“ und an wissenschaftlicher Begleitung des Umbauprozesses.

Chancen- und Bildungsgerechtigkeit stehen im Fokus der Forschung von Prof. Dr. Vera Moser und ihrem Team vom neuen Arbeitsbereich Inklusionsforschung, der dem Institut für Sonderpädagogik am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität zugeordnet ist. Ausgehend von ihrer sonderpädagogischen Grundbildung sucht Moser nach interdisziplinären Zugängen für eine möglichst barrierefreie Bildung aller Kinder.

Moser, Jahrgang 1962, stammt aus der Düsseldorfer Region und hat schon als Schülerin beschlossen, Sonderpädagogik zu studieren. Als Studentin an der Goethe-Universität konnte sie sich mit ihrer Professorin Helga Deppe in Italien ein Bild machen von der Abschaffung der Förderschulen. „Helga Deppe mit ihrer soziologischen Betrachtung der Pädagogik hat mich sehr geprägt: Denn nicht der individuelle gute Wille, sondern ein gesellschaftlicher sind für das Gelingen von Integration und Inklusion entscheidend“, so Moser.

Zum Hauptstudium wechselte Moser nach Marburg, nach Studienabschluss, Promotion und Referendariat kehrte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Assistentin an die Goethe-Uni zurück. 2002 wurde sie hier mit einer Arbeit über Sonderpädagogik als Disziplin habilitiert, einer kritischen Reflexion des eigenen Faches. Der erste Ruf führte sie 2003 als Professorin für Allgemeine Heil- und Sonderpädagogik an die Justus-Liebig-Universität in Gießen. 2010 trat sie eine Stelle als Professorin für Pädagogik bei Beeinträchtigungen des Lernens und Allgemeine Rehabilitationspädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin an. Zehn Jahre ist sie von Frankfurt nach Berlin gependelt, die Familie blieb am Main.

In Berlin hat Moser ein eigenes Zentrum und ein Graduiertenkolleg zum Thema Inklusion gegründet, war Mitglied im Landesbeirat für Inklusion. „Die Voraussetzungen dort waren bestens“, sagt sie. Dennoch sei ihr die Entscheidung für Frankfurt auch leichtgefallen – nicht nur der Familie wegen: „Die Integrationsforschung, die von Helga Deppe und Helmut Reiser begründet wurde, hat hier eine lange Tradition, es gibt viel Expertise. Eine eigene ausschließlich der Inklusionsforschung gewidmete neue Professur ist schon etwas Besonderes.“

Die Initiative hierfür geht auf die Unternehmerfamilie Quandt zurück, die den Arbeitsbereich und die Professur großzügig fördert. Der Unternehmer Stefan Quandt und seine Frau Kathrin hatten im eigenen Umfeld beobachtet, dass nach dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention beim Thema Inklusion politischer Anspruch und schulische Wirklichkeit stark auseinandergehen: „Die Schulen als Lernorte, an denen Inklusion gelebt und verwirklicht werden soll, waren auf diese Riesenaufgabe nicht vorbereitet“, so Stefan Quandt. Die Lehrkräfte seien überfordert gewesen, Schulleitungen fühlten sich von der Politik alleingelassen. „Absolut zentral auf dem Weg zur inklusiven Schule ist die Qualifizierung von Lehrkräften für die inklusive Schulpraxis“, sagt Quandt. Deshalb habe er sich entschieden, eine entsprechende Professur über voraussichtlich zehn Jahre mit insgesamt 3 Mio. Euro zu unterstützen. 

Hessens Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz zeigt sich erfreut über die Schaffung der neuen Stiftungsprofessur: „Inklusion ist nicht nur ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, der uns alle angeht, sondern vor allem auch eine ständige Aufgabe für die Qualitätsentwicklung jeder einzelnen Schule. Auch wenn diesbezüglich schon viel an unseren Schulen erreicht wurde, bleibt noch einiges zu tun. Ich erhoffe mir deshalb wertvolle Impulse aus der Forschung Professor Mosers.“ „Inklusion kann nur gelingen, wenn alle Lehrkräfte das Rüstzeug für die Unterrichts- und Erziehungsarbeit im inklusiven Bildungssystem haben“, sagt Uni-Präsidentin Prof. Dr. Birgitta Wolff. „Dazu werden wir als Goethe-Universität einen weiteren wichtigen Beitrag leisten, indem wir – mit der Expertise von Frau Prof. Dr. Moser – die Lehrkräfteausbildung an der Goethe-Universität für ein inklusives Schulsystem auch konzeptionell verbessern. Am Arbeitsbereich Inklusionsforschung werden die notwendigen Grundlagen hierfür erforscht.“

Im Fokus der Inklusionsforschung von Vera Moser steht die Chancen- und Bildungsgerechtigkeit, wobei die Erziehungswissenschaftlerin Wert auf einen interdisziplinären und multimethodischen Forschungszugang legt. Es soll um Fragen der bildungspolitischen und administrativen Steuerung gehen, aber auch um Fragen der Systementwicklung auf der Ebene von Schule und Unterricht. Dabei hat Moser, die selbst aus der qualitativen, soziologisch ausgerichteten Bildungsforschung kommt, keine Berührungsängste gegenüber der quantitativen, empirischen Bildungsforschung – im Gegenteil: „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF).“ In der Lehre sei es ihr wichtig, dass die Inklusionspädagogik in alle Lehramtsstudiengänge und die Fachdidaktiken hineinwirke – nur so könne die Qualität der Lehrerbildung nachhaltig an die Erfordernisse der Inklusion angepasst werden. Moser will auch Licht in die bisherige Inklusionspraxis bringen. Derzeit arbeitet sie u.a. an einem Forschungsantrag zur Rolle der Inklusionshelfer: Wer wird hierfür eingesetzt? Welche Qualifikationen werden verlangt? Welches Selbstverständnis und welche Auftraggeber haben diese Personen?

„Der neue Arbeitsbereich von Frau Moser wird uns einen riesigen Schritt voranbringen“, freut sich Prof. Dr. Isabelle Diehm, Dekanin des Fachbereichs Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität. „Wir brauchen eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die weitere pädagogische Konzeptentwicklung. Frankfurt hat hier seit den 1980ern Forschungsexpertise aufgebaut. Die neue Professur ist nun wie eine Krönung dieses Prozesses“, so Diehm.

Bilder zum Download finden Sie unter folgendem Link: http://www.uni-frankfurt.de/91579361

Bildtext: Vera Moser hat die neu an der Goethe-Universität eingerichtete Professur für Inklusionsforschung inne. (Foto: Lecher)

Informationen: Prof. Dr. Vera Moser, Professorin für Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Inklusionsforschung, Institut für Sonderpädagogik, Fachbereich Erziehungswissenschaften, Campus Westend, E-Mail: v.moser@em.uni-frankfurt.de, Tel.: +49 +69 798-36394 

 

Aug 27 2020
14:24

„Uni-Events“ als digitale Broschüre abrufbar – Vielfältige Angebote für Kinder und Jugendliche

Erster Unikontakt für Schülerinnen und Schüler

FRANKFURT. Wegen der Corona-Pandemie erscheint die Broschüre „Uni-Events“ in diesem Jahr als Online-Broschüre. Auch im Schuljahr 2020/21 wird es wieder vielfältige Möglichkeiten für Schülerinnen und Schüler geben, an Angeboten der Goethe-Universität teilzunehmen – obwohl zum Teil noch nicht absehbar ist, ob die Veranstaltungen live und vor Ort stattfinden oder ebenfalls digital.

Für jedes Alter wird etwas geboten: Die Jüngeren können frühere Ausgaben der Frankfurter Kinder-Uni als Aufzeichnung digital abrufen, zur Verfügung stehen Themen aus allen Forschungsbereichen der Universität. Oberstufenschüler können den „Tag der Naturwissenschaften“ im September dieses Jahres und die „MainStudy“ im Januar 2021 als virtuelle Veranstaltungen erleben.

In jahrgangs- und lernstufenbezogenen Projekten stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Arbeit praktisch vor und erarbeiten die Themen mit Klassen oder Schülergruppen als Ergänzung zum Schulunterricht. Eine Option für besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler ist das Schülerstudium.  

Bei Info- und Mitmachveranstaltungen lassen sich Fragen rund um Studien- und Berufswahl klären. Im Rahmen von Schnuppertagen oder der „MainStudy“ werden Studienfächer und Berufsfelder vorgestellt, das Team der Zentralen Studienberatung steht als Ansprechpartner für eine individuelle Studienorientierung zur Verfügung.

Informationen über und Ansprechpartner für ein auf die aktuelle Lage abgestimmtes Angebot für Schulen finden Sie im Internet unter: www.schule.uni-frankfurt.de.


Information: Susanne Mombers, Studienberaterin, Zentrale Studienberatung, Bereich Studien-Service-Center, Campus Westend, Telefon: 069 798-17384, e-Mail: mombers@em.uni-frankfurt.de

Die Broschüre „Uni-Events“ gibt es zum Download unter https://www.uni-frankfurt.de/91235594/Broschuere_Uni_Events_2020_web.pdf

 

Aug 26 2020
14:30

Internationaler Forschungsverbund bestimmt drei Verlaufsformen der „akut dekompensierten Leberzirrhose“

Wenn Leberzirrhose tödlich wird

FRANKFURT. Wenn der Körper das allmähliche Versagen der Leber als Folge einer Leberzirrhose nicht mehr ausgleichen kann, droht eine akute Dekompensation der Leberzirrhose. In manchen Patienten entwickelt sich diese schnell weiter zu einem oft tödlichen Akut-auf-chronischem Leberversagen, bei dem weitere Organe wie Niere oder Gehirn versagen. Welche Patienten hier besonders gefährdet sind, hat ein internationales Team von Forschenden unter Leitung von Prof. Jonel Trebicka vom Universitätsklinikum Frankfurt in einer Studie herausgefunden, die durch die Stiftung EF Clif gefördert wurde. Die Wissenschaftler haben damit die Grundlage gelegt für die Entwicklung präventiver Therapien zur Verhinderung eines Akut-auf-chronischen Leberversagens. (Journal of Hepatology, DOI 10.1016/j.jhep.2020.06.013)

Unsere Leber hat viele Funktionen: Sie speichert Nährstoffe und Vitamine, produziert Traubenzucker, Gerinnungsfaktoren und Hormone und baut Giftstoffe, Medikamente und Alkohol ab. Durch chronisch starken Alkoholkonsum, durch Viren oder andere Erkrankungen kann die Leber überlastet werden und chronisch erkranken. Unbehandelt führt eine chronische Lebererkrankung im Endstadium zu einer Leberzirrhose, bei der Lebergewebe in Bindegewebe umgewandelt wird und die Leber ihre Aufgaben immer weniger erfüllen kann. Die Folgen: Die Gerinnungsfähigkeit des Bluts wird eingeschränkt, giftige Stoffwechselprodukte reichern sich an, die Leber wird nicht mehr richtig durchblutet und der Blutdruck in der die Leber versorgenden Pfortader steigt.

Der Körper versucht, die Minderfunktionen der Leber auszugleichen. So bilden sich zum Beispiel als Folge des erhöhten Pfortaderdrucks Umgehungskreisläufe durch Venen von Speiseröhre, Magen und Darm, die sich zu Krampfadern erweitern. Wenn mit fortschreitendem Krankheitsverlauf ein solcher Ausgleich irgendwann nicht mehr möglich ist – Mediziner sprechen dann von einer akuten Dekompensation der Leberzirrhose –, spitzt sich die Situation lebensbedrohlich zu: Gewebsflüssigkeit (Aszites) sammelt sich in der Bauchhöhle, es kommt zu bakteriellen Infektionen und zu inneren Blutungen etwa in der Speiseröhre. Konzentrationsschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen oder Schläfrigkeit sind Anzeichen der Vergiftung des Gehirns (hepatische Enzephalopathie), die bis zu einem Leberkoma führen kann.

Eine europaweite klinische Studie unter der Leitung von Prof. Jonel Trebicka, die unter dem Dach der Europäischen Stiftung zur Untersuchung chronischen Leberversagens durchgeführt wurde, hat erstmals drei klinische Verlaufsvarianten von Patienten bestimmt, die mit einer akuten Dekompensation der Leberzirrhose ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

1.    Die erste klinische Verlaufsvariante zeichnet sich durch hohe Entzündungswerte im Blut aus, die Entzündungsreaktionen überall im Körper anzeigen. Innerhalb von drei Monaten nach Einlieferung ins Krankenhaus versagen mehrere Organe des Körpers: Die akute Dekompensation wird zu einem „Akut-auf-chronischen Leberversagen“ (ACLF). Daher benannten die Mediziner diese Variante als Pre-ACLF. Mehr als die Hälfte der Patienten versterben daran, nach einem Jahr lebt nur noch ein Drittel von ihnen.

2.    Die Patienten der zweiten klinischen Verlaufsvariante entwickeln kein ACLF und haben moderate Entzündungswerte, leiden aber unter einem deutlich erhöhten Pfortader-Blutdruck. Rund 20 Prozent von ihnen sterben innerhalb der folgenden drei Monate, weitere 15 Prozent innerhalb des Folgejahres. Diese Variante nannten die Mediziner „instabile dekompensierte Leberzirrhose“.

3.    Keine schweren Entzündungswerte oder häufige Komplikationen zeigen Patienten der dritten klinischen Verlaufsvariante. Sie entwickeln kein ACLF in den ersten drei Monaten. Innerhalb eines Jahres verstirbt aber immer noch jeder zehnte von ihnen. Diese Variante nannten die Mediziner „stabile dekompensierte Leberzirrhose“.

Studienleiter Prof. Jonel Trebicka, Gastroenterologe und Hepatologe an der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums Frankfurt, erläutert: „Wir arbeiten jetzt intensiv daran, insbesondere für Gruppe der Pre-ACLF-Patienten neue diagnostische Möglichkeiten zu entwickeln, um diese Gruppe noch vor Einlieferung ins Krankenhaus identifizieren und frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Die Entwicklung präventiver Therapien für die häufig tödlich verlaufende ACLF ist in diesem Zusammenhang eine unserer wichtigsten Forschungsaufgaben.“

Prof. Dr. Stefan Zeuzem, Dekan des Fachbereichs Medizin sowie Direktor der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums Frankfurt und Ko-Autor der Studie, erläutert: „Leberkrankheiten sind einer der Hauptschwerpunkte der Medizinischen Klinik I, und wir bieten zahlreiche Spezialambulanzen für Patientinnen und Patienten mit akuten und chronischen Lebererkrankungen an. So konnten wir einerseits Patienten für die Studie beobachten. Auf der anderen Seite kommen die Forschungsergebnisse zur Verbesserung von ACLF-Prävention und Therapien sehr rasch unseren und allen Patientinnen und Patienten zugute.“

Die Forschungsergebnisse sind Teil der europaweiten Studie namens PREDICT. Die Studie beobachtet den klinischen Verlauf akuter Dekompensationen der Leberzirrhose, um frühe Anzeichen für die Entwicklung Akut-auf-chronische Leberversagen (ACLF) zu finden. Die Studie wird von der Europäischen Stiftung zur Untersuchung chronischen Leberversagens (European Foundation for the Study of Chronic Liver Failure) gefördert. An PREDICT sind 136 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 47 Zentren und Institutionen in 14 europäischen Ländern beteiligt.

Publikation: Jonel Trebicka, Javier Fernandez, Maria Papp, Paolo Caraceni, Wim Laleman, Carmine Gambino, et al.: The PREDICT study uncovers three clinical courses of acutely decompensated cirrhosis that have distinct pathophysiology. Journal of Hepatology, https://doi.org/10.1016/j.jhep.2020.06.013

Weitere Informationen:
Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität Frankfurt
Medizinische Klinik I
Univ.-Prof. Dr. Dr. med. Jonel Trebicka
Sektion Translationale Hepatologie,
Medizinische Klinik I (Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Stefan Zeuzem)
Goethe Universität/Universitätsklinikum Frankfurt
Tel. +49 (0)69 6301 80789 (Jennifer Biondo, Sekretariat)
Jonel.Trebicka@kgu.de.