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Arbeitsministerium und IWAK bereiten Arbeitgeber auf 30 Jahre Mangel vor: Für erfolgreiche Zukunft ist strategische Neuausrichtung geboten
Die Fachkräfteinitiative des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration hat heute zusammen mit dem Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität online erste Ergebnisse ihrer regionalen Zukunftswerkstätten präsentiert. Danach werden weitsichtige Strategien benötigt, um langfristig ausreichend Fachkräfte für den hessischen Arbeitsmarkt sichern zu können.
FRANKFURT.
In
den regionalen Zukunftswerkstätten besprechen die Arbeitsmarktakteure der
Regionen unter
Federführung der lokalen Wirtschaftsförderungen und moderiert durch das IWAK
die zu erwartende Entwicklung des Arbeitsmarkts und denken über regionale
Lösungsansätze nach. Bisher bewährte Strategien werden angesichts der
Entwicklungen noch breiter und nachhaltiger aufgestellt. Die demographische
Entwicklung ist absehbar: Die Babyboomer und die in den 1970er-Jahren Geborenen
werden den Arbeitsmarkt in den kommenden 30 Jahren altersbedingt verlassen. Die
nachfolgenden Generationen können die entstehende Lücke nicht schließen. Um dem
absehbaren Mangel an Fachkräften rechtzeitig vorzubeugen bzw. ihn zu dämpfen,
sind weitsichtige Strategien notwendig. Hier bestehen in Hessen gute
Grundlagen, weil in den meisten Regionen bereits Strategien zur
Fachkräftesicherung entwickelt wurden.
„In
Hessen verfolgen wir seit langem einen breiten Fachkräftesicherungsansatz und
bearbeiten die Fachkräftesicherung kontinuierlich. Diesen guten Weg müssen wir
stringent fortsetzen“, erklärte Sozial- und Integrationsminister Kai Klose im
Rahmen der heutigen sehr gut besuchten Online-Veranstaltung. „Mit unserer
Fachkräfteinitiative ‚Zukunftsgerecht und regional' haben meine Stabsstelle
Fachkräftesicherung und das IWAK der Goethe-Universität in vielen hessischen
Kommunen Zukunftswerkstätten durchgeführt. Ihr Ziel ist, die bestehenden
Ansätze der Fachkräftesicherung zu prüfen, zu ergänzen und durch neue Impulse
zu verbessern. Diese Veranstaltungen stießen bisher auf eine erfreulich
positive Resonanz“. „Den Akteuren vor Ort wird oft erst durch diese kommunalen
Zukunftswerkstätten deutlich, wie ernst die Lage ist. Im Austausch mit anderen
wird ihnen klar, dass der Mangel nicht mehr ausgesessen werden kann. 30 Jahre
sind dafür ein viel zu langer Zeitraum, der überbrückt werden müsste“, ergänzt
Dr. Christa Larsen, Leiterin des IWAK.
Minister
Klose sprach die besondere Situation der sozialen Berufe an und wies darauf
hin, dass sich die Landesregierung dieses Themas in den vergangenen fünf Jahren
im Rahmen des „Neuen Bündnisses Fachkräftesicherung“ des HMSI in einer eigenen
Fokusgruppe Pflege und Gesundheit intensiv angenommen habe. An der Fokusgruppe
haben Akteure aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Arbeitsverwaltung,
Gesundheitssektor, Kirchen, Kommunen, Regionen, Wissenschaft, Verbänden und
Landesregierung zusammengearbeitet. Darüber hinaus sei das
Pflegequalifizierungszentrum Hessen eingerichtet worden – ein bundesweit
einmaliges Projekt, das Einrichtungen und potentielle Arbeitgeber bei der
internationalen Suche nach Pflege- und Gesundheitsfachkräfte unterstützt.
Außerdem ermögliche das Land Ausbildungsunterstützung, indem es die
Schulgeldfreiheit für alle Gesundheitsfachberufe fördere sowie den Zugang zur
Ausbildung niedrigschwelliger gestalte: „Mit der letzten Änderung des
Hessischen Altenpflegehilfegesetzes von 2020 wurden Möglichkeiten geschaffen,
zur Altenpflegehilfeausbildung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne
Hauptschulabschluss oder gleichwertigen Schulabschluss zugelassen zu werden.
Das ist eine erhebliche Erleichterung.“
Auch
das Förderprogramm „Sozialwirtschaft integriert“ habe das Ziel, mehr Menschen
in der Pflege in Ausbildung zu bringen und richte sich vor allem an Geflüchtete
mit guter Bleibeperspektive und an Migrantinnen und Migranten, so Klose weiter.
Das Modellprojekt für den Wiedereinstieg von Hebammen in die klinische
Geburtshilfe stärke zudem die Geburtshilfe in Hessen. Bereits ausgebildete
Hebammen, die aus der klinischen Geburtshilfe ausgeschieden sind, sollen wieder
dauerhaft für den Kreißsaal zurückgewonnen werden.
Um
weiter eine hochwertige gesundheitliche Versorgung im ländlichen Raum zu
sichern, habe die Landesregierung neben dem Erlass der Richtlinie zur
gesundheitlichen Versorgung insbesondere in ländlichen Räumen die
Doppel-Vorabquote für Medizinstudienplätze geschaffen. Die richte sich an
Interessierte, die Medizin studieren wollen, um anschließend als Hausärztin
bzw. Hausarzt im ländlichen Raum oder als Fachärztin bzw. Facharzt im
Gesundheitsamt zu arbeiten. Die bereits in mehreren Kreisen durchgeführten
Zukunftswerkstätten hätten zudem gezeigt, dass auch eine bessere Vernetzung der
kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderungen notwendig sei, waren sich
Klose und Larsen einig.
„Durch
die Zukunftswerkstatt im Werra-Meißner-Kreis konnten wir wichtige neue
Handlungsfelder identifizieren. Wir sind froh, dabei von den Erfahrungen
anderer Wirtschaftsförderer profitieren zu können; eine Erkenntnis ist, dass
wir das Fachkräftethema in Zukunft nur gemeinsam meistern können, kreisintern
und im Verbund mit den umliegenden Landkreisen“, berichtet Dr. Lars Kleeberg,
Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des
Werra-Meißner-Kreises. Bernd Rudolph, Geschäftsführer der
Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Hersfeld-Rotenburg, ergänzt:
„Unser Kreis ist seit Öffnung der innerdeutschen Grenze von einer starken
Logistikbranche geprägt, eine der Branchen, für die in Zukunft die größten
Arbeits- und Fachkräfteengpässe prognostiziert werden. Wir bündeln zukünftig
die Erfahrungen der Wirtschaftsförderungen aus den Regionen mit
Logistikstandorten und erhalten zusätzlich durch die wissenschaftliche
Begleitung des IWAK weitere Ideen aus dem Ausland. Dies sind optimale
Voraussetzungen für die Gestaltung zukunftsfähiger Handlungsfelder.“ Die
Kooperation zwischen den Kommunen soll bis Ende 2024 durch das IWAK begleitet
werden.
Die
Stabsstelle Fachkräftesicherung im Hessischen Ministerium für Soziales und
Integration und das IWAK der Goethe-Universität unterstützen im Rahmen der
Fachkräfteinitiative aktiv die Fachkräftesicherung in Hessen mit den
Zukunftswerkstätten und der interkommunalen Vernetzung der
Wirtschaftsförderungen. Prof. Dr. Michael Huth, Vizepräsident der
Goethe-Universität, betont: „Heute zeigt sich einmal mehr die enge und gute
Zusammenarbeit von Goethe-Universität und Land Hessen. Wir freuen uns,
gemeinsam diesen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung und damit zur
Stabilität des Wirtschaftsstandorts Hessen leisten zu können.“
Informationen
Dr. Christa Larsen
Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität
Telefon 069 798- 22152
E-Mail c.larsen@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation,
Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Wissenschaftler*innen diskutieren ihren Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele in New York City
Aktuell versammeln sich weltweit renommierte Wissenschaftler*innen
im Rahmen der UN-Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York City, um
die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) voranzubringen. In einem geladenen Vortrag
betont Prof. Luciano Rezzolla von der Goethe-Universität Frankfurt die
Bedeutung internationaler Kooperationen für den wissenschaftlichen Fortschritt.
FRANKFURT/NEW YORK CITY.
Bereits zum neunten Mal kommen hochranginge Wissenschaftler*innen aus aller
Welt zum Wissenschaftsgipfel im Rahmen der Generalversammlung der Vereinten
Nationen in New York City zusammen, um zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele
(Sustainable Development Goals, SDGs) beizutragen. In diesem Jahr ist Prof.
Luciano Rezzolla vom Institut für Theoretische Physik an der Goethe-Universität
einer von ihnen.
„Es ist eine große Ehre und ein Privileg, in diesem Rahmen von
meiner Arbeit berichten zu dürfen,“ sagt Rezzolla, der eingeladen wurde, um
über die Entstehung des ersten Bilds eines Schwarzen Lochs überhaupt sowie des
ersten Bilds des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße zu sprechen.
Die Bilder der supermassiven Schwarzen Löcher M87* und Sgr A* sorgten in den
vergangenen Jahren nicht nur in der astrophysikalischen Community für Furore,
sondern riefen auch ein breites mediales Echo hervor. Ermöglicht wurden die
Bilder durch die weltweite „Event Horizon Telescope“ Kollaboration. Sie hat
Radioteleskope auf der ganzen Welt zu einem virtuellen Riesenteleskop von der
Größe der Erde zusammengeschlossen, die gemessenen Daten ausgewertet und mit
aufwändigen theoretischen Berechnungen abgeglichen.
Die
Gründung derartiger internationaler wissenschaftlicher Kooperationen ist auch
erklärtes Ziel des Wissenschaftsgipfels, der damit der Verwirklichung der SDGs
ein Stück näherkommen will. So lautet auch der
Titel der Vortragsreihe, deren Hauptredner Rezzolla ist, "Erweiterung
wissenschaftlicher Horizonte durch internationale Kooperation und
Vernetzung". In seiner Rede will er insbesondere den Stellenwert der
interdisziplinären Zusammenarbeit hervorheben:
„Anders als noch vor 100 Jahren sind wissenschaftliche Durchbrüche heute häufig
nur durch die enge und interdisziplinäre Zusammenarbeit vieler Wissenschaftler
rund um den Globus möglich. Die Event Horizon Telescope Kollaboration brachte
mehr als 300 Forscherinnen und Forscher von 80 verschiedenen Institutionen
zusammen, was letztendlich das scheinbar Unmögliche ermöglichte: die Aufnahme
eines Fotos eines Schwarzen Lochs.“
Auch aktuell spielt die Kooperation unterschiedlicher Fachgebiete
eine zentrale Rolle in Rezzollas Forschungsalltag. Im Clusterprojekt ELEMENTS,
dessen Sprecher er ist, arbeiten mehr als 100 Astro- und Kernphysiker*innen mit
ganz unterschiedlichen Methoden zusammen an der Frage, wie schwere Elemente im
Universum entstanden sind.
Die 78. Generalversammlung der Vereinten Nationen wurde am 5.
September 2023 eröffnet. Parallel dazu findet ab heute der 9.
Wissenschaftsgipfel statt. Bis zum 29. September treffen sich hier zahlreiche
Akteure aus Wissenschaft und Politik, um sich mit dem Beitrag der Wissenschaft
zur Umsetzung der SDGs zu befassen. Zusätzlich wird
das Treffen Input für den Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen liefern, der im
September 2024 unter deutscher Ko-Führung stattfindet.
Eine virtuelle Teilnahme am 9. UN-Wissenschaftsgipfel (Science
Summit) ist kostenfrei möglich. Der Vortrag von Prof. Luciano Rezzolla wird am
15. September 2023 um 14:45 Uhr deutscher Zeit übertragen. Weitere
Informationen: https://sciencesummitunga.com
Bilder zum Download: https://www.puk.uni-frankfurt.de/142418346
Bildtext: Luciano Rezzolla wird am 15. September auf dem Wissenschaftsgipfel
der UN-Vollversammlung über die Bedeutung wissenschaftlicher Kooperation
sprechen (Foto: Uwe Dettmar).
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Luciano Rezzolla
Leiter Theoretische Astrophysik
Institut für Theoretische Physik
Goethe-Universität
+49 (0)69 798 47871
rezzolla@th.physik.uni-frankfurt.de
https://astro.uni-frankfurt.de/rezzolla/
Twitter: @elements_uni
Redaktion: Dr. Phyllis Mania, Referentin für
Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation,
Telefon 069 798-13001, Fax
069 798-763-12531, mania@physik.uni-frankfurt.de
Jahreskonferenz 2023 des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) untersucht historische und regionale Varianzen von gesellschaftlichem Zusammenhalt.
FRANKFURT. In den letzten Jahren hat sich „gesellschaftlicher Zusammenhalt“ zu einem zentralen Schlagwort politischer und wissenschaftlicher Debatten entwickelt. Gleichzeitig bezeichnen verschiedene Akteur:innen damit sehr unterschiedliche Dinge und mobilisieren dabei ganz unterschiedliche intellektuelle Traditionen. Das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) untersucht dieses hochpolitische und volatile Phänomen in insgesamt über 80 Forschungs- und Transferprojekten. Die Konferenz bilanziert nach drei Forschungsjahren Antworten auf die Frage danach, wie gesellschaftlicher Zusammenhalt und seine diskursive Produktion historisch und regional variieren: Warum versammeln sich so viele verschiedene Interpretationen unter dem einen (im Werden begriffenen) gesellschaftlichen Grundbegriff? Welche aktuellen Transformationen regionaler und nationaler Reichweite werden damit adressiert und wie verständigen sich Akteur:innen innerhalb von Gesellschaften und zwischen Gesellschaften darüber, wie ihr gesellschaftlicher Zusammenhalt aussehen soll?
Der
Sitz der Geschäftsführung, als einer der drei koordinierenden Standorte des
Forschungsinstituts, ist an der Goethe-Universität ansässig. Zum Verbund
gehören insgesamt elf bundesweit verteilte Standorte, die Jahreskonferenz 2023
des Instituts findet an der Universität Leipzig statt
von Donnerstag, 14.
September bis Samstag, 16. September 2023
im Hotel Felix,
Augustusplatz 1-3,
04109 Leipzig.
Gerahmt
wird die Konferenz durch Keynotes von Stefanie Schüler-Springorum (TU Berlin)
und Matthias Middell (Universität Leipzig) am Donnerstag sowie von Ursula
Lehmkuhl (Universität Trier) und Olaf Groh-Samberg (Universität Bremen) am
Samstag. Diese beleuchten aus historischer und international vergleichender
Perspektive, wie das Konzept des „gesellschaftlichen Zusammenhalts“ in den
letzten Jahren an Prominenz gewonnen und einen bemerkenswerten Aufstieg zu
einem gesellschaftlichen Grundbegriff genommen hat.
Der
Freitag ist der Diskussion in parallelen Panelsessions gewidmet. Hier reichen
die inhaltlichen Schwerpunkte von der Diffusion des Zusammenhaltsbegriffs in
politischen, sozialen und diskursiven Netzwerken über gesellschaftlichen
Zusammenhalt im frankophonen Raum bis hin zur Frage nach Zusammenhalt in Zeiten
ökologischer Transformation.
Am
Samstag findet zudem eine Podiumsdiskussion mit drei Vertreter:innen des
FGZ-Praxisrats statt: Anna Hofmann (ZEIT-Stiftung), Matthias Schulze-Böing
(Beauftragter für Sonderaufgaben der Stadt Offenbach am Main) und Gerhard Timm
(Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege).
Diese dreht sich um die Frage, inwieweit das FGZ seinem Anspruch gerecht wird,
Forschungserkenntnisse für die Praxis nutzbar zu machen und Impulse aus der
Gesellschaft zum Thema Zusammenhalt aufzunehmen.
Die
Keynotes und ein Teil der Panelsessions werden auf Englisch abgehalten. Die
Podiumsdiskussion am Samstag sowie ein Teil der Panelsessions werden auf
Deutsch stattfinden. Die Keynotes und die Podiumsdiskussion werden live im
YouTube-Kanal des FGZ gestreamt. Eine Online-Teilnahme an den Panels via Zoom
ist möglich.
Weitere Informationen und Programm:
https://www.fgz-risc.de/veranstaltungen/jahreskonferenzen
Anmeldung:
Für
die digitale Teilnahme können Sie sich noch bis 10. September anmelden unter: https://www.fgz-risc.de/annual-conference/registration
Kontakt:
Christine
Tonscheidt
Leiterin
Geschäftsstelle Leipzig
Forschungsinstitut
Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Telefon:
+49 341 97-37882
E-Mail:
christine.tonscheidt@uni-leipzig.de
Sarah
Lempp
Leiterin
Öffentlichkeitsarbeit
Forschungsinstitut
Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Telefon:
+49 341 97-37762
E-Mail:
sarah.lempp@uni-leipzig.de
Rebecca
Caroline Schmidt
Administrative
Geschäftsführerin
Forschungsinstitut
Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Telefon
+49 69 798-31401
E-Mail
rebecca.schmidt@em.uni-frankfurt.de
www.fgz-risc.de
Ausstellung in der Universitätsbibliothek Frankfurt zur Veröffentlichung der „Lückenliste“ der Initiative #breiterkanon. Angebot für die germanistische Lehre und den schulischen Deutschunterricht
FRANKFURT. An Universitäten und Schulen wird Kanon gemacht. Weil die Werke von Frauen und marginalisierte Texte auf Leselisten stark unterrepräsentiert sind, entwickelt das Netzwerk #breiterkanon eine „Lückenliste“, die Lücken adressiert und reflektiert. Sie versammelt Texte, die bisher nicht Teil des Kanons sind, aber von denen die Beitragenden meinen, dass sich die Lektüre lohnt. Die Lückenliste versteht sich als Angebot für den Einsatz in Seminaren und in der Schule sowie für die individuelle Lektüre – und als Diskursangebot. Sie ist unvollständig und offen und lädt zu Entdeckungen ein.
Die anlässlich der Veröffentlichung der
„Lückenliste“ konzipierte Ausstellung erzählt Geschichten des Ausschlusses und
der Kanonisierung an ausgewählten Objekten. Sie bietet Chancen zur Begegnung
mit „vergessenen“ und marginalisierten Texten, unter anderem auf der Basis von
Materialien aus den Beständen der Universitätsbibliothek und anderen Sammlungen
der Universität. Das Rahmenprogramm fordert mit Workshops und Gesprächen zur
Diskussion über Kanonpraktiken auf. Projekt und Ausstellung werden organisiert
und kuratiert von Esther Köhring und Martina Wernli, beide Institut für
deutsche Literatur und ihre Didaktik.
Ausstellung
15.
September - 22. Oktober 2023
Dienstag
- Freitag 13:00 - 21:30 Uhr
Samstag
u. Sonntag 10:30 - 18:00 Uhr
Im
Schopenhauer-Studio der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Zentralbibliothek,
Bockenheimer Landstraße 134–138, 60325 Frankfurt am Main
Vernissage
14.
September 2023, 18:00 Uhr, Abendveranstaltung und Launch der „Lückenliste“ mit
Textvorstellungen sowie einem Podiumsgespräch mit Anna Bers, Anna Yeliz
Schentke und Sara Bachiri. Die Veranstaltung ist öffentlich; eine Anmeldung ist
nicht nötig.
Das
vielfältige Rahmenprogramm finden Sie auf https://www.ub.uni-frankfurt.de/ausstellung/kanon.html
Für
Pressevertreter*innen gibt es die Möglichkeit, am Eröffnungstag um 15 Uhr die
Ausstellung mit den Kuratorinnen zu besichtigen. Dafür bitten wir um Anmeldung
an: pr-team@ub.uni-frankfurt.de
Weitere Informationen: Esther Köhring; koehring@lingua.uni-frankfurt.de; Martina Wernli, wernli@lingua.uni-frankfurt.de, beide Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Kontakt für Pressefragen allgemein: Bernhard Wirth, Stabsabteilungen
Personalentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit der Bibliothek, Tel. +49 (69) 798
39223; Mail: pr-team@ub.uni-frankfurt.de
Bad Homburg Conference 2023 mit Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft und Gesellschaft / Philosophin Donatella Di Cesare hält Abendvortrag
FRANKFURT/BAD HOMBURG. Menschen sind in Bewegung: Flucht und Migration sind keine neuen Phänomene. Sie führen zu grundlegenden gesellschaftlichen Transformationen, und wie Gesellschaften damit umgehen, ist immer auch Gradmesser für ihr Selbstverständnis. Weil Religionen für die durch Flucht und Migration ausgelösten Prozesse eine besondere Rolle spielen, stehen sie im Fokus der diesjährigen Bad Homburg Conference.
Das Forschungskolleg Humanwissenschaften und die Stadt Bad Homburg
v. d. Höhe laden herzlich zur Bad Homburg Conference 2023 ein:
Flucht
und Migration: Herausforderungen für Religionen und (post)säkulare
Gesellschaften
Dienstag,
12. September, und Mittwoch, 13. September,
im
Forschungskolleg Humanwissenschaften,
Am
Wingertsberg 4, 61348 Bad Homburg v. d. Höhe.
Flucht und Migration machen nicht an Grenzen halt, sondern stellen
diese gerade in Frage ‒ und
fordern zu einer neuen Interpretation traditioneller Begriffe wie Territorium,
Grenze, Staat und Zugehörigkeit auf. Was das bedeutet, entfaltet die
italienische Philosophin Prof. Dr. Donatella Di Cesare in ihrem Vortrag über
theologisch-politische Perspektiven der Migration. Ihre Thesen sind Gegenstand
der anschließenden Podiumsdiskussion mit den Philosophen Prof. Dr. Rainer Forst
und Prof. Dr. Andreas Niederberger.
In vier Themenblöcken beleuchtet die Konferenz darüber
hinaus historische, philosophisch-ethische, gesellschaftliche und theologische
Aspekte ihres Themas. Die Referentinnen und Referenten kommen aus
unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen oder haben in der Praxis mit
Flucht, Migration und der Frage nach der Bedeutung von Religionen und
Glaubensgemeinschaften zu tun. Im Zentrum stehen die Fragen: Welche
historischen Perspektiven helfen, die Auswirkungen von Flucht und Migration in
den heutigen Gesellschaften besser zu verstehen? Wie verändern sich Religionen
und (post)säkulare Gesellschaften durch die Zuwanderung neuer religiöser
Gruppen? Welche Rolle spielen Religionen und Religionsgemeinschaften bei der
Verarbeitung von Fluchterfahrungen und bei der Integration in die
Einwanderungsgesellschaft? Welche Erfahrungen wurden in interreligiösen
Integrationsprojekten bereits gesammelt, um ein gelingendes Zusammenleben in
demokratischen, multireligiösen Gesellschaften zu ermöglichen?
Referentinnen und Referenten: Dr. Ryszard Bobrowicz
(Katholieke Universiteit Leuven), Prof. Dr. Donatella Di Cesare (Universität La
Sapienza Rom), Dr. Yasemin El-Menouar (Bertelsmann Stiftung), Prof. Dr. Rainer
Forst (Goethe-Universität Frankfurt), Katrin Hechler (Hochtaunuskreis), Prof.
Dr. Doron Kiesel (Frankfurt, Jüdische Akademie), Prof. Dr. Markus Koller
(Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr. Britta Konz (Johannes
Gutenberg-Universität Mainz), Dr. Karen Körber (Institut für die Geschichte der
deutschen Juden, Hamburg), Prof. Dr. Ines Michalowski (Westfälische
Wilhelms-Universität Münster), Prof. Dr. Andreas Niederberger (Universität
Duisburg-Essen), Dr. Ulrich Schmiedel (University of Edinburgh), Dr. Ewa
Tartakowsky (Centre National de la Recherche Scientifique, Paris), Dr. Frank
van der Velden (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Planungsgruppe: Dr. Bettina Gentzcke (Stadt Bad
Homburg v. d. Höhe), Iris Helene Koban (Forschungskolleg Humanwissenschaften),
Prof. Dr. Dr. Matthias Lutz-Bachmann (Goethe-Universität/Forschungskolleg
Humanwissenschaften), Prof. Dr. Armina Omerika (Goethe-Universität), Dr. Silvia
Richter (Goethe-Universität), Prof. Dr. Xenia von Tippelskirch
(Goethe-Universität), Prof. Dr. Christian Wiese (Goethe-Universität/Forschungskolleg
Humanwissenschaften)
Veranstalter: Forschungskolleg Humanwissenschaften der
Goethe-Universität Frankfurt und Stadt Bad Homburg v. d. Höhe – in Kooperation mit dem
Forschungsschwerpunkt „Dynamiken des Religiösen“ sowie dem Buber-Rosenzweig-Institut,
dem Institut franco-allemand des études en sciences historiques et sociales und
der Forschungsinitiative „ConTrust. Vertrauen im Konflikt. Politisches
Zusammenleben unter Bedingungen der Ungewissheit“.
Teilnahme und Anmeldung: Die Teilnahme an der Bad
Homburg Conference 2023 ist kostenlos und nach vorheriger Anmeldung per E-Mail
möglich (Anmeldeadresse: anmeldung@forschungskolleg-humanwissenschaften.de;
Anmeldeschluss: 8. September 2023). Bitte geben Sie bei der Anmeldung an, an
welchen Veranstaltungstagen Sie jeweils teilnehmen möchten (Dienstag oder
Mittwoch oder an beiden Tagen). Sie erhalten eine Anmeldebestätigung.
Programm:
https://www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de/downloads/2023-Flyer-BHC.pdf
Weitere Informationen und Kontakt:
Iris
Helene Koban
Forschungskolleg
Humanwissenschaften
Geschäftsführung
Telefon
06172 13977-10
Email
i.koban@forschungskolleg-humanwissenschaften.de
www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de
Redaktion: Pia Barth, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro
für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de
Die Frankfurter Filmtage zeigen Spielfilme des europäischen und US-amerikanischen Kinos zu Demokratie und Konflikt
FRANKFURT. Sieben Tage. Sieben Mal Streit. Sieben Filme, die Streit- und Konfliktthemen verschieden aushandeln und zwischen rhetorischer Kunstfertigkeit und eskalierender Gewalt entwickeln. Präsentiert werden die ausgewählten Spielfilme des europäischen und US-amerikanischen Kinos in der Filmreihe „StreitFilme – Die Frankfurter Filmtage zu Demokratie, Konflikt und Streit“ an sieben Terminen im Kino des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum.
Die Filme werden eingeführt durch einen Impulsvortrag von Wissenschaftler*innen der Forschungsinitiative „ConTrust – Vertrauen im Konflikt“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main und des Frankfurter Standorts des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt. Dabei soll es darum gehen, Perspektiven auf Streit und (demokratische) Entscheidungsfindung sowie das Wesen und Strukturen von Streit zu analysieren.
Die Filmreihe beginnt am Freitag, dem 1. September 2023, um 20 Uhr mit dem Film Twelve Angry Men/Die zwölf Geschworenen (OmU, USA 1957, R: Sidney Lumet, 96 Min.) im Kino des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum.
Den Eröffnungsvortrag hält der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Klaus Günther (Goethe-Universität, ConTrust, FGZ). An die Vorführung schließt sich eine Publikumsdiskussion an.
Weitere Vortragende zu den Filmvorführungen im Rahmen der Reihe (jeweils 20 Uhr) sind: der politische Philosoph und Co-Sprecher der Forschungsinitiative „ConTrust“ Prof. Dr. Rainer Forst (Goethe-Universität, FGZ) zu „Inherit the Wind/Wer den Wind sät“ (OmU, USA 1960, R: Stanley Kramer, 123 Minuten), die Radikalisierungsforscherin Prof. Dr. Hanna Pfeifer (Goethe-Universität, ConTrust) zu „Die bleierne Zeit“ (BRD 1981, R: Margarethe von Trotta,106 Minuten), die Soziologin Dr. Greta Wagner (TU Darmstadt, ConTrust) zu „Freibad“ (D 2022, R: Doris Dörrie, 102 Min.), der Filmwissenschaftler und Co-Sprecher der Forschungsinitiative „ConTrust“ Prof. Dr. Vinzenz Hediger (Goethe-Universität) zu „Lifeboat“ (OmU, USA 1944, R: Alfred Hitchcock, 96 Min.), der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Christopher Daase (Goethe-Universität, ConTrust, FGZ; angefragt) zu „Diplomatie“ (D/F 2014, R: Volker Schlöndorff, 84 Min.) und der Politikwissenschaftler Dr. Cord Schmelzle (Goethe-Universität, FGZ), der zum Film „The Party“ (OmU, GB 2017, R: Sally Potter, 71 Min.) sprechen wird. Moderieren wird der Filmexperte Urs Spörri (DFF, TeleVisionale Baden-Baden).
Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt, der Forschungsinitiative „ConTrust – Vertrauen im Konflikt“ an der Goethe-Universität Frankfurt, der Evangelischen Akademie Frankfurt sowie des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum Frankfurt und wird gefördert vom Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main.
Eintritt: 5 Euro, Platzzahl beschränkt. Kartenreservierungen empfohlen unter 069 961 220-220. Kartenvorverkauf unter www.dff.film/kino/
Weitere Informationen und Programm unter: https://contrust.uni-frankfurt.de/streitfilme-die-frankfurter-filmtage-zu-demokratie-konflikt-und-streit/ oder https://fgz-risc.uni-frankfurt.de/streitfilme-frankfurter-filmtage-streit/
Information
Anke Harms
Referentin für Wissenschaftskommunikation der Forschungsinititative „ConTrust – Vertrauen im Konflikt“ und des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität
anke.harms@normativeorders.net
069/798-31407
Alterungsprozesse im Herzen erfassen auch Nerven/Studie von Forschenden der Goethe-Universität im Science-Magazine veröffentlicht
Wie wirken Nerven und Blutgefäße im alternden Herzen zusammen? Jüngste Forschungsergebnisse des Instituts für Kardiovaskuläre Regeneration und des Cardio-Pulmonary Institute der Goethe-Universität geben neue Einblicke in Alterungsprozesse des Herzens. Sie werden nun im renommierten Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht.
FRANKFURT. Warum kommt das alternde Herz öfter aus dem Takt? Es ist vor allem die linke Herzkammer, die das Blut durch den Körperkreislauf pumpt, aber im Lauf des Lebens Spuren des Alterns zeigt: Sie wird größer und kann mitunter vernarben, was die Pumpfunktion beeinträchtigt. Die Studie "Ageing impairs the neuro-vascular interface in the heart" des Instituts für Kardiovaskuläre Regeneration und Cardio-Pulmonary Institute der Goethe-Universität und des Deutschen Zentrums für Herzkreislaufforschung (DZHK) weist nun erstmals nach, dass es in der linken Herzkammer auch an der Schnittstelle von Blutgefäßen und Nervensystem im Alter zu Veränderungen kommt: Die Nerven bilden sich zurück. Dem Herzen fällt es danach schwerer, auf entsprechende Anforderungen unter Belastungssituationen mit der Herzschlagfrequenz, dem Puls, zu reagieren. Es kommt sozusagen aus dem Takt. Die Erkenntnisse der Frankfurter Wissenschaftler:innen wurden soeben im angesehenen Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht.
Das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Stefanie Dimmeler und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Julian Wagner widmete sich dem Zusammenspiel zwischen Nervensystem und Blutgefäßen im Herzen. Während schon länger bekannt ist, dass die das Herz mit Blut versorgenden Gefäße in ihrer Funktion mit zunehmendem Alter nachlassen, war bisher nicht bekannt, ob die Wechselwirkung mit den das Herz versorgenden Nerven durch den Alterungsprozess ebenfalls beeinflusst werden kann. Nun konnte das Team nachweisen, dass sich in alten Herzen die Nerven zurückbilden. Ausgelöst wird diese Reaktion dadurch, dass Blutgefäße im Herzen mit zunehmendem Alter u.a. den Botenstoff Semaphorin-3A in ihre Umgebung freisetzen, der das Wachstum und die Aussprossung von Nervenzellen im Herzmuskelgewebe hemmt. Die Folge der verringerten Nerven im Herzen selbst ist, dass die Herzmuskelzellen nicht mehr von Impulsen der Nervenzellen „informiert“ werden, etwa durch einen schnelleren Herzschlag einen erhöhten Bedarf der Sauerstoffversorgung des Körpers unter Belastung zu gewährleisten. Das Herz verliert somit einen Teil der autonomen Kontrolle über die Herzfrequenz, was möglicherweise auch langfristig nachteilige Konsequenzen für das Überleben haben dürfte, wie klinische Beobachtungen nahelegen.
Eine zentrale Rolle für den Rückgang der Nervenzellen im Herzen scheinen alternde, sogenannte ‚seneszente' Zellen des Gefäßsystems zu spielen. Verhindert man experimentell die Anzahl dieser ‚seneszenten' Zellen durch gezielte Medikamente (sogenannte Senolytica), wachsen die Nervenzellen wieder nach, und das Herz gewinnt die autonome Kontrolle über die Pulsregulation wieder zurück. Inwieweit sich diese Behandlungs-Ansätze jedoch auf den Menschen übertragen lassen, müssen zukünftige Untersuchungen zeigen.
Mit ihren Erkenntnissen über ein gestörtes Zusammenspiel von Blut- und Nervenzellen im Herzgewebe, das mit zunehmendem Alter einhergeht, rücken die Frankfurter Forscher einen bislang weitgehend unbeachteten Schwerpunkt der Herzforschung in den Vordergrund.
Das Institut für Kardiovaskuläre Regeneration und das Cardio-Pulmonary Institute der Goethe-Universität (CPI) bzw. das Deutsche Zentrum für Herzkreislaufforschung weist darauf hin, dass diese Erkenntnisse zum Verständnis der Herzgesundheit im Zusammenhang mit dem Alterungsprozess beitragen. Diese Forschung stelle einen wichtigen Schritt dar, um die komplexen Mechanismen besser zu verstehen, die Herzkrankheiten zugrunde liegen. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten möglicherweise neue Ansätze zur Vorbeugung und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eröffnen.
Das Cardio-Pulmonary Institute ist ein gemeinsames Exzellenzcluster von Goethe-Universität und Justus-Liebig-Universität Gießen, die die Federführung des Clusters innehat.
Publikation: Wagner JUG, Tombor L, Malacarne PF, Kettenhausen L-M, Panthel J, Kujundzic H, Manickam N, Schmitz K, Cipca M, Stilz KA, Fischer A, Muhly-Reinholz M, Abplanalp WT, John D, Mohanta S, Weber C, Habenicht A, Buchmann GK, Angendohr S, Amin E, Scherschel K, Klöcker N, Kelm M, Schüttler D, Clauss S, Guenther S, Boettger T, Braun T, Bär C, Pham M, Krishnan J, Hille S, Müller O, Bozoglu T, Kupatt C, Nardini E, Osmanagic-Myers S, Meyer C, Zeiher AM, Brandes RP, Luxán G, Dimmeler S. „Ageing impairs the neurovascular interface in the heart“. Science (2023).
Bild zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/141760859
Bildtext: Nervenfasern im jungen und im alten Herzen: Im Alter kann es zu einer gestörten Blutgefäß-Nerven-Kommunikation kommen, bei der Blutgefäße Botenstoffe, wie das Semaphorin-3A, ausschütten und damit eine Rückbildung von Nerven fördern. Dies führt zu einem Verlust der autonomen Kontrolle der Herzfunktion im Alter (Copyright ©Olha Saiuk via Canva.com, bearbeitet von Julian Wagner und Katharina Schulenburg)
Weitere Informationen
Prof. Dr. Stefanie Dimmeler
Direktorin des Instituts für Kardiovaskuläre Regeneration
Zentrum für Molekulare Medizin
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Telefon: +49-69-6301-6667
E-Mail: dimmeler@em.uni-frankfurt.de
Homepage: https://www.cardiovascular-regeneration.com
Wissenschaftlerin der Goethe-Universität sucht nach Substanzen, mit denen sich das zelluläre Gleichgewicht wiederherstellen lässt.
Mit einem „Exploration Grant“ von 161.000 Euro fördert die Boehringer Ingelheim Stiftung ein Projekt von Dr. Alexandra Stolz von der Goethe-Universität. Die Gruppenleiterin am Institut für Biochemie II sucht gemeinsam mit Prof. Jeff Kelly vom Scripps Research Institute im kalifornischen San Diego nach Substanzen, mit denen sich das zelleigene Entgiftungs- und Entsorgungsprogramm gezielt anschalten lässt, um damit vor allem neurodegenerative Krankheiten bekämpfen zu können. Alexandra Stolz ist assoziiert mit dem Clusterprojekt EMTHERA (Emerging Therapies), das von der Goethe-Universität und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz koordiniert wird.
FRANKFURT. Gerät
das komplexe Regelsystem aus dem Ruder, mit dem die Nervenzelle Signale
verarbeitet sowie Wachstums- und Stoffwechselwege orchestriert, kann es zu
massiven Störungen des zellulären Gleichgewichts kommen. Nervenzellen nutzen
daher ein innerzelluläres Entgiftungs- und Entsorgungsprogramm, um die Folgen
solcher Störungen zu beseitigen: die Autophagie. Sie sorgt dafür, dass
Verklumpungen von Proteinen beseitigt werden, dass die unter anderem für die
Zellmembranen wichtigen fettähnlichen Lipide genau in der benötigten Menge
vorhanden sind und dass damit die Signalweiterleitung in den Nervenleitungen
(Axonen) weiterhin funktioniert.
Bei neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer-Demenz, Morbus
Parkinson und Amyotropher Lateralsklerose funktioniert dieser zelluläre
Schutzmechanismus nicht richtig. Prof. Jeff Kelly vom Scripps Research
Institute hat daher zusammen mit Dr. Alexandra Stolz und ihrem Team am Institut
für Biochemie II der Goethe-Universität in einem sogenannten Hochdurchsatz-Screening
rund eine Millionen Substanzen daraufhin untersucht, ob diese möglicherweise
die Autophagie aktivieren könnten. 221 der so genannten kleinen Moleküle haben
sich dabei als geeignete Kandidaten herausgestellt. Alexandra Stolz erläutert:
„In unserem durch den Exploration Grant geförderten Projekt wollen wir jetzt
herausfinden, welche dieser Moleküle tatsächlich die Regenation erkrankter
Nervenzellen unterstützen und damit als potenzielle Wirkstoffe für spätere
Medikamente infrage kommen.“
Dabei haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler spezifische Formen der Autophagie wie die des Endoplasmatischen Retikulums im Blick, eines Membransystems innerhalb der Zelle, das unter anderem in der Proteinherstellung eine zentrale Rolle spielt. Für diese sogenannte ER-Phagie gibt es – im Gegensatz zur Stimulierung des zentralen Autophagie-Signalwegs – bislang kaum spezifisch aktivierende Moleküle.
Die Boehringer Ingelheim Stiftung fördert mit den Exploration
Grants jeweils zwei Jahre lang herausragende Grundlagenforscherinnen und
–forscher aus Biologie, Chemie und Medizin und gibt ihnen früh in ihrer
Karriere die Möglichkeit, neue Forschungsrichtungen auszuloten.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können damit neuen Ideen oder überraschenden
Ergebnissen nachgehen, die das Potenzial haben, das eigene Forschungsprofil zu
ergänzen oder neu auszurichten. Denn oft seien es unerwartete Beobachtungen
oder unkonventionelle Ideen, die die Wissenschaft entscheidend weiterbrächten,
so die Stiftung.
Hintergrundinformation:
Funktionsweise der ER-Phagie (2023): https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/wenn-die-zelle-sich-selbst-verdaut-wie-sich-neurodegenerative-erkrankungen-entwickeln/
Das
Clusterprojekt EMTHERA (Emerging Therapies) sucht nach neuen Ansätzen
zur Erforschung von Infektions- und Entzündungskrankheiten sowie Störungen des
Immunsystems und zur Entwicklung neuartiger Therapien. EMTHERA ist eine
Initiative der Rhein-Main-Universitäten (RMU). https://www.emthera.de/
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/141582374
Bildtext: Dr. Alexandra Stolz, Institut für Biochemie II, Goethe-Universität
Frankfurt. Foto: Uwe Dettmar für Goethe-Universität
Weitere Informationen
Dr.
Alexandra Stolz
Gruppenleiterin
„ER Quality Control“
Institut für Biochemie II, Forschungskonsortium EUbOPEN https://www.eubopen.org/Goethe-Universität Frankfurt
stolz@em.uni-frankfurt.de
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Twitter:
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@RMU_EMTHERA
@IBC2_GU
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation,
Telefon 069 798-12498, Fax
069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
Forschende der Goethe-Universität klären einen entscheidenden Teil im RNA-Bindemechanismus vom Nucleocapsidprotein (N) auf – SARS-CoV-2 nutzt wahrscheinlich menschliche Körpertemperatur für Vermehrungsstrategie
SARS-CoV-2-Viren gelingt es, menschliche Zellen mit einem Minimum eigener Proteine zu kapern und als Brutkästen für ihre Nachkommen zu nutzen. Eines der viralen Multifunktionsproteine ist das Nucleocapsidprotein (N), das in Vervielfältigung und Verpackung eine zentrale Rolle spielt. Forschende der Goethe-Universität haben jetzt herausgefunden, wie N sowohl virale RNA allgemein als mithilfe von „Fingern“ auch spezifische RNA-Positionen erkennt. Die spezifische Erkennung ist an die erhöhte Temperatur der Wirtszelle angepasst. Möglicherweise wird Fieber, das wir im Laufe einer Infektion entwickeln, von SARS-CoV-2 zur Umschaltung von Virus-Vervielfältigung auf Virus-Freisetzung genutzt.
FRANKFURT.
Unmittelbar nach einer Infektion einer Zelle in Rachen oder Lunge arbeitet das
SARS-CoV-2 Virus mit Hochdruck an seiner Vervielfältigung. Dabei nutzt es die
Stoffwechselwege der menschlichen Zelle, um seine Proteine herstellen und sein
Erbgut (das RNA-Genom) kopieren zu lassen. Schließlich wird das RNA-Genom sehr
kompakt in neue Viruspartikel verpackt, die aus der Zelle freigesetzt werden,
um weitere Zellen zu infizieren.
Für die schnelle und effiziente Vermehrung ist besonders ein
Virusprotein wichtig, das so genannte Nucleocapsid-Protein (N). Im Virus
umhüllt es das RNA-Genom und sorgt dafür, dass die sehr lange RNA kompakt
aufgewickelt ist. Beim Eindringen in die Zelle löst sich N vom RNA-Genom und
übernimmt jetzt im Laufe der viralen Vermehrung eine ganze Reihe von
Funktionen: Wenn die RNA in Virusproteine übersetzt wird, schützt N die RNA
davor, dass der Virus-Abwehrmechanismus der Zelle („RNA-Interferenz“) sie
zerstört. N wirkt auch direkt bei der Umschreibung in Virusproteine mit, und
schließlich sammelt es die vervielfältigte virale RNA in der Zelle ein und
wickelte sie auf, damit neue Viruspartikel gebildet werden können.
Wie ein Schweizer Taschenmesser verfügt N für all diese Funktionen
über mehrere Werkzeuge: Zum einen muss N zwischen zellulärer und virale RNA
unterscheiden und letztere spiralförmig aufwickeln können. Daher ist N in der
Lage, verhältnismäßig unspezifisch virale RNA zu binden. Um beispielsweise die
Umschreibung der viralen RNA in Virusproteine (Translation) zu steuern, muss N
jedoch ebenso in der Lage sein, bestimmte Positionen auf der Virus-RNA zu
erkennen, so genannte RNA-Motive.
Wie diese spezifische Bindung durch eines der Werkzeuge von N, der
sogenannten N-terminalen Domäne (NTD), genau funktioniert, haben jetzt
Wissenschaftler:innen um Dr. Sophie Korn und Dr. Andreas Schlundt vom Institut
für Molekulare Biowissenschaften und dem Zentrum für biomolekulare magnetische
Resonanzspektroskopie (BMRZ) der Goethe-Universität aufgeklärt. Ihre Ergebnisse
bauen auf Vorarbeiten des während der Pandemie in Frankfurt gegründeten
Covid19-NMR-Konsortiums auf. In der vorliegenden Arbeit nutzten Korn und ihre
Kollegen die Kernspinresonanz- oder NMR-Spektroskopie, bei der die Atome des
NTD-Werkzeugs und der gebundenen RNA einem starken Magnetfeld ausgesetzt werden
und so etwas über ihre räumliche Anordnung bei der Bindung verraten. Außerdem
gab ein spezielles Röntgenstrahlverfahren (Kleinwinkel-Röntgenstreuung, SAXS)
präzise Informationen über die Stabilität der neu gebildeten Molekülkomplexe.
Das Ergebnis: Sowohl die Abfolge der RNA-Bausteine (Basen) ist für
eine Bindung wichtig als auch die räumliche Faltung der RNA. Dabei bindet der
positiv geladene Teil der NTD recht unspezifisch die negativ geladene RNA.
Mehrere „Finger“ der NTD tasten danach die RNA nach Motiven ab, mit denen die
NTD stabilere Bindungen eingehen kann. Was den Forscher:innen auffiel: Die
Motive, die die NTD bevorzugt, liegen bei der Körpertemperatur in Lungenzellen
in einer bestimmten räumlichen Faltung vor, die bereits bei wenigen Grad
Temperaturerhöhung verloren geht. Dadurch werden diese nicht nur als eigene
Ziel-Motive identifiziert, sondern auch deutlich stärker gebunden, was zur
Ausübung neuer Funktionen der NTD führen könnte.
Sophie Korn meint: „Unsere Daten sind zwar nur ein erster Schritt,
aber sie lassen die Vermutung zu, dass das Virus auf diese Weise zwischen
Vervielfältigung und Verpackung in neue Viruspartikel umschalten könnte: Bei
normaler Körpertemperatur werden in der Zelle vorwiegend Bausteine für neue
Viren hergestellt. Bekommen wir im Verlauf der Infektion Fieber, weil das Virus
von unserem Immunsystem erkannt und bekämpft wird, so schaltet das Virus
möglicherweise als direkte Folge auf die Vervielfältigung um und sorgt dafür,
dass die virale RNA vermehrt verpackt und in Form neuer Viruspartikel
freigesetzt wird. Den Schalter liefern die Virus-RNA-Motive selbst, betätigt
wird der Schalter vom Abwehrsystem des Menschen.“
Andreas Schlundt ist überzeugt: „Mit der Kombination von
NMR-Spektroskopie und SAXS haben wir eine Untersuchungsmethode etabliert, mit
der wir rasch einschätzen können, welche Bindungspartner N bevorzugt, was sich
wahrscheinlich auf andere virale Proteine übertragen lässt. Dies wird sowohl
bei der Erforschung neu auftretender Viren und Virusvarianten von Nutzen sein
als auch bei der Entwicklung antiviraler Medikamente, die sehr gezielt das
Virus ausschalten und damit die Nebenwirkungen minimieren.“
Hintergrundinformationen:
Das COVID19-NMR-Konsortium
https://covid19-nmr.de/
Von Fließbandforschung und Einzelkämpfern (2022)
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/von-fliessbandforschung-und-einzelkaempfern/
Potenzielle SARS-CoV2-Wirkstoffe könnten direkt das RNA-Erbgut des
Virus angreifen (2021)
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/sars-cov-2-achillesfersen-im-viren-erbgut/
Faltung von SARS-CoV2-Genom zeigt Angriffspunkte für Medikamente
(2020)
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/faltung-von-sars-cov2-genom-zeigt-angriffspunkte-fuer-medikamente-auch-vorbereitung-auf-sars-cov3/
Publikation: Sophie
Marianne Korn, Karthikeyan Dhamotharan, Cy M. Jeffries, Andreas Schlundt: The
preference signature of the SARS-CoV-2 Nucleocapsid NTD for its 5'-genomic RNA
elements. Nature Communications (2023) https://doi.org/10.1038/s41467-023-38882-y
Bilder zum
Download:
https://www.uni-frankfurt.de/141582190
Bildtext: Die Finger des Protein N von SARS-CoV2: Wie Finger tasten
Ausstülpungen der N-terminalen Domäne des viralen Protein N nach RNA (schwarz)
und stellen bei bestimmten Motiven der Virus-RNA eine feste Bindung her. Bild: Andreas Schlundt, Goethe-Universität
Weitere Informationen
Dr. Andreas Schlundt
Emmy Noether Junior Group Leader
Institute for Molecular Biosciences and
BMRZ
Goethe University Frankfurt
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Tel. +49 69 798 29699
Dr. Sophie Korn
Group of Dr. Andreas Schlundt
Institute for Molecular Biosciences and
BMRZ
Goethe
University Frankfurt
Tel.
+49 69 798 29698
korn@bio.uni-frankfurt.de
Twitter: @goetheuni @lab_nmr @Sophie_Korn
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax
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Museum Giersch der Goethe-Universität lädt mit Führungen, offenem Atelier für Kinder und der traditionellen Antiquariatsmeile zum Museumsuferfest 2023 ein
FRANKFURT. Das
diesjährige Museumsuferfest vom 25. bis 27. August bietet die letzte
Gelegenheit zum Besuch der Ausstellung „Spontan und konstruktiv – Ernst
Weil (1919–1981)“ im MGGU – Museum Giersch der Goethe-Universität. Führungen
durch die Ausstellung im Museum und ein offenes Atelier für Kinder vor dem Haus
laden dazu ein, sich näher mit dem Werk des gebürtigen Frankfurter Künstlers
Ernst Weil zu beschäftigen.
Mit etwa 120 Werken von privaten wie öffentlichen Leihgeber*innen
wird das vielseitige Schaffen Weils im MGGU noch bis einschließlich 27. August
2023 präsentiert. Die Arbeiten bewegen sich zwischen Abstraktion und
Gegenständlichkeit und umfassen Malerei, Zeichnung, Druckgraphik und angewandte
Kunst. Die Ausstellung zeigt die fruchtbare Vernetzung des zeichnerischen und
angewandten Schaffens des Künstlers und greift dabei auf malerische Arbeiten
Weils zurück, die 2020 in der Kunstvilla Nürnberg gezeigt wurden.
Angelehnt an das kreative Schaffen von Ernst Weil können Kinder im
Zelt vor dem MGGU in Ateliers fantasievolle Bilder aus geometrischen
Formen erstellen. Die Kinder zerlegen malerisch Formen und Objekte in Linien
und Flächen – oder sie gestalten angeleitet von Museumspädagoginnen
spielerische Papier-Collagen. Weil selbst malte, zeichnete und collagierte
Landschaften, Blumenvasen, Kräne, Hafen und Figuren.
Die 16. Antiquariatsmeile vor dem Museum ist ein Ort des
Entdeckens und Stöberns. Mehrere Antiquariate und fliegende Buchhändler aus
ganz Deutschland bieten ein breit gefächertes Sortiment von Taschenbüchern bis
zu Handpressedrucken und Tonträgern an. Die Meile ist auf dem Museumuferfest
ein absolutes Highlight und wird großzügig von der STIFTUNG GIERSCH
unterstützt!
Das Programm im Detail:
Freitag, 25. August
•
10.00 – 17.00 Uhr Ausstellung „Spontan und konstruktiv – Ernst Weil (1919 –
1981)“
• 15.00 Uhr Eröffnung
der Antiquariatsmeile
Samstag, 26. August
•
10.00 – 20.00 Uhr Ausstellung „Spontan und konstruktiv – Ernst Weil (1919 –
1981)“
• 12.00 – 17.00 Uhr
Happy Abstraction! Kreatives Gestalten für Kinder
Sonntag, 27. August
•
10.00 – 19.00 Uhr Ausstellung „Spontan und konstruktiv – Ernst Weil (1919 –
1981)“
• 12.00 – 17.00 Uhr
Happy Abstraction! Kreatives Gestalten für Kinder
Führungen durch die Ausstellung „Spontan und konstruktiv – Ernst Weil“ mit Astrid Gräfin von Luxburg vom Veranstaltungsservice KULTUR-ERLEBNIS:
• Samstag, 26. August:
15.00 Uhr & 17.00 Uhr
• Sonntag, 27.
August: 12.00 Uhr & 13.00 Uhr
Während des Museumsuferfestes erfolgt der Eintritt von Freitag,
dem 25.8. ab 15 Uhr bis einschließlich Sonntag, dem 27.8. nur mit
Museumsufer-Button. Der Button ist ab sofort für 7 Euro an der Museumskasse
erhältlich. Inhabern der Museumsufercard oder des Museumsufertickets wird
Einlass auch ohne Button gewährt.
Das Programm im Detail mit allen Uhrzeiten finden Sie aktualisiert
auf der Website im Veranstaltungskalender: www.mggu.de/veranstaltungen
MGGU – Museum Giersch der Goethe-Universität, Schaumainkai 83,
60596 Frankfurt am Main
Weitere Informationen:
Christine Karmann
069/138210121 // E-Mail: presse@mggu.de
Texte und Bilder zum Download für die Presse: www.mggu.de/presse
Neue Studie der Goethe-Universität zeigt: Eintrag aus Kläranlagen verändert die Gemeinschaft wirbelloser Arten in Hessens Gewässern
Kläranlagen sind ohne Zweifel eine große Errungenschaft, haben sie doch erheblich zur Verbesserung der Wasserqualität in natürlichen Gewässern beigetragen. Eine im Fachjournal „Water Research“ veröffentlichte Studie zeigt aber, dass noch immer Substanzen in den Wasserkreislauf gelangen, die sich auf die Zusammensetzung der darin lebenden Organismen auswirken.
FRANKFURT. Die Einleitungen aus Kläranlagen bewirken einerseits, dass manche Arten verloren gehen, andere wiederum profitieren. Dezimiert werden vor allem bestimmte Insektenordnungen, wie die Larven von Steinfliegen und Köcherfliegen. Bestimmte Würmer und Krebstiere hingegen können in ihrer Anzahl hingegen zunehmen. Dies weist ein Team der Goethe-Universität um Daniel Enns und Dr. Jonas Jourdan in einer im Fachjournal „Water Research“ veröffentlichten großangelegten Studie nach. Sie haben insgesamt 170 Kläranlagen in Hessen auf die Artenzusammensetzung von Wirbellosen untersucht.
Kläranlagen gehören unverzichtbar zur Infrastruktur der modernen
Welt; sie haben einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Wasserqualität
in unseren Oberflächengewässern geleistet. Allerdings sind sie meist nur
eingeschränkt in der Lage, sogenannte Spurenstoffe, zu denen auch Wirkstoffe
aus Medikamenten und Körperpflegeprodukten, Pestizide und andere synthetische
Substanzen gehören, vollständig aus dem Abwasser zu entfernen. So gelangen
diese Stoffe in behandeltem Abwasser zurück in die Gewässer und stellen eine
zusätzliche Belastung für Flüsse und Bäche dar, die die Wasserfauna und die
bereits anfälligen Insektengemeinschaften weiter unter Druck setzt. Bisherige
Studien – die sich zumeist auf einzelne Kläranlagen konzentrierten – haben
bereits gezeigt, dass die Gemeinschaften der wirbellosen Organismen unterhalb
der Einleitungen im Allgemeinen von verschmutzungstoleranten Artgruppen
dominiert werden.
Bisher war jedoch unklar, wie allgegenwärtig diese Veränderungen
sind. Deshalb hat nun ein Team von Biologinnen und Biologen der
Goethe-Universität Frankfurt umfassend untersucht, wie sich die Abwässer aus
170 hessischen Kläranlagen auf die Artenzusammensetzung von Wirbellosen
auswirkt. Dabei erfolgte eine Anpassung der herkömmlichen Vorstellung, dass durch
den Menschen verursachter Stress die Anzahl der Arten und somit die Vielfalt in
Lebensräumen verringert: Die Befunde deuten darauf hin, dass vielmehr ein
Artenaustausch beobachtet wird. Manche Arten gehen durch Einleitungen aus
Kläranlagen durchaus verloren – das betrifft zum Beispiel die Larven von
Steinfliegen und Köcherfliegen, sie verschwinden durch die Abwassereinleitungen
vielerorts völlig. Andere Artgruppen, etwa bestimmte Würmer und Krebstiere
hingegen profitieren und lassen sich vermehrt nachweisen. Diese Veränderung ist
vor allem in Bächen und kleineren Flüssen zu beobachten. Es konnten deutliche
Veränderungen in der Zusammensetzung der Artgemeinschaft zwischen den
Standorten flussaufwärts und flussabwärts der Kläranlagen festgestellt werden. Insgesamt
verändern Kläranlagen die Bedingungen flussabwärts zugunsten von toleranten und
zum Nachteil der empfindlichen Artgruppen.
Wie lässt sich die Belastung der Gewässer reduzieren?
Moderne Reinigungstechniken wie Ozonung oder Aktivkohle können die
Wasseraufbereitung in Kläranlagen effizienter machen, so dass eine breitere
Palette von Schadstoffen, einschließlich zahlreicher Spurenstoffe, aus dem
Abwasser entfernt werden kann, bevor es wieder in die Gewässer gelangt. Auch
die Zusammenlegung kleinerer Kläranlagen kann zu einer Entlastung der Umwelt
beitragen. Bei allen Maßnahmen ist wichtig zu beachten, dass stromaufwärts
gelegene Abschnitte nicht bereits beeinträchtigt sind und sich in einem guten
chemischen und strukturellen Zustand befinden.
Publikation: Enns
D, Cunze S, Baker NJ, Oehlmann J, Jourdan J (2023) Flushing away the future:
The effects of wastewater treatment plants on aquatic invertebrates. Water Research, 120388.
doi.org/10.1016/j.watres.2023.120388
Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/141365425
Bildtext:
Bild
1+2: Behandeltes
Abwasser wird in einen nahegelegenen Bach eingeleitet. Auf diese Weise gelangen
zahlreiche Spurenstoffe in die Gewässer. (Fotos: Jourdan)
Bild 3: Das
Bild zeigt eine typische Kläranlage, die Abwasser durch verschiedene
Reinigungsstufen leitet, um Schadstoffe zu entfernen, bevor das gereinigte
Wasser in die Umwelt abgegeben wird. (Foto: Jourdan)
Weitere Informationen
Dr.
Jonas Jourdan
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Institut für Ökologie, Evolution und Diversität
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Telefon 069 798-42149
E-Mail: jourdan@bio.uni-frankfurt.de
Twitter: @Jourdan_Jonas
Internationale Konferenz des Instituts für Sozialforschung: „Futuring Critical Theory“, 13. bis 15. September 2023
FRANKFURT. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens veranstaltet das Institut für Sozialforschung die Internationale Konferenz „Futuring Critical Theory“, die vom 13. bis 15. September 2023 auf dem Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt am Main stattfinden wird. Die Tagung zielt auf eine Standortbestimmung und Neuausrichtung kritischer Theoriebildung im Lichte der existenziellen Herausforderungen der Gegenwart.
Einige vermeintliche Gewissheiten der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule wurden in jüngerer Zeit, im Zuge wissenschaftlich-politischer Debatten etwa um Post- und De-Kolonialismus, Queer-Feminismus und Neuen Materialismus, teilweise grundlegend in Frage gestellt. Die damit einhergehende theoretische Bewährungsprobe ist daher eine doppelte: Auf dem Prüfstand steht einerseits die Erklärungskraft eines Ansatzes, der bislang weder die globale Vernetzung gesellschaftlicher Phänomene noch die stoffliche Dimension gesellschaftlicher Reproduktion in den Mittelpunkt seiner Krisendeutungen gestellt hat; zur Debatte steht andererseits, ob das normative Rüstzeug der klassischen Kritischen Theorie den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen noch gerecht werden kann.
Zum
100-jährigen Jubiläum markiert „Futuring Critical Theory“ den Ort, an welchem
der Entwicklungsprozess eines neuen Forschungsprogramms des IfS seinen
vorläufigen Abschluss findet und dieses erstmals einer breiteren Öffentlichkeit
präsentiert wird. Den drei Konferenztagen ist eine vierschrittige Prozesslogik
zugrunde gelegt: I, Dissecting Critical Theory; II, Globalizing Critical
Theory; III, Materializing Critical Theory; IV, Recomposing Critical Theory.
Weitere
Informationen und Registrierung unter https://fct2023.ifs.uni-frankfurt.de
Kontakt:
Mirko
Broll, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent für Öffentlichkeitsarbeit,
Institut für Sozialforschung. broll@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Dr. Dirk Frank, Pressereferent / stv. Leiter, Büro für PR &
Kommunikation, Telefon 069
798–13753, frank@pvw.uni-frankfurt.de
Frankfurter Forschungsteam zeigt, wie der Erreger über kurze evolutive Zeiträume große Funktionsveränderungen von Proteinkomplexen erreichen kann
Im Krankenhaus erworbene Infektionen sind oft besonders schwer zu behandeln, weil die Erreger Resistenzen gegen gängige Antibiotika aufweisen. In dieser Hinsicht besonders gefürchtet ist das Bakterium Acinetobacter baumannii, für dessen Bekämpfung unter großem Druck neue Therapieansätze gesucht werden. Bioinformatiker der Goethe-Universität und der Forschergruppe FOR2251 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) haben nun innerhalb von A. baumannii eine unerwartet große Diversität bestimmter Zellanhänge nachgewiesen, die mit der Pathogenität im Zusammenhang stehen. Daraus könnten Behandlungsstrategien resultieren, die spezifisch auf einen bestimmten Keim zugeschnitten sind.
Jährlich erkranken in Europa mehr als 670 000 Menschen an antibiotikaresistenten Erregern, und 33 000 sterben an den von ihnen verursachten Krankheiten. Besonders gefürchtet sind Keime, die unempfindlich gleich gegen mehrere Antibiotika sind. Zu ihnen gehört das Bakterium Acinetobacter baumannii, das heute vor allem als „Krankenhauskeim“ gefürchtet ist: Schätzungen zufolge gehen bis zu fünf Prozent aller im Krankenhaus erworbenen und ein Zehntel aller bakteriellen Infektionen mit tödlichem Ausgang allein auf diesen Keim zurück. Damit steht A. baumannii ganz oben auf einer Liste von Erregern, für die laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) neue Therapien entwickelt werden müssen.
Eine Voraussetzung dafür ist das Verständnis, welche Eigenschaften A. baumannii zu einem Krankheitserreger machen. Bioinformatiker um Prof. Ingo Ebersberger von der Goethe-Universität Frankfurt und dem LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (LOEWE-TBG) vergleichen hierzu die Genome und die darin kodierten Proteine über eine Vielzahl unterschiedlicher Acinetobacter-Stämme hinweg. Vor allem aus den Unterschieden zwischen gefährlichen und harmlosen Stämmen können Rückschlüsse gezogen werden, welche Gene zur Pathogenität beitragen.
Entsprechende Studien haben sich mangels geeigneter Methoden bisher darauf konzentriert, ob ein Gen in einem Bakterienstamm vorhanden ist oder nicht. Daneben können Bakterien aber auch neue Eigenschaften erwerben, indem sie schon vorhandene Gene und damit die davon kodierten Proteine verändern. Ebersbergers Team hat deshalb eine bioinformatische Methode entwickelt, um die Veränderung von Proteinen entlang einer evolutionären Linie zu verfolgen und diese Methode nun in Kooperation mit Mikrobiolog:innen des Instituts für Molekulare Biowissenschaften sowie des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Infektionskontrolle der Goethe-Universität erstmals auf Acinetobacter angewendet.
Dabei konzentrierten sich die Forscher:innen auf haarähnliche Zellanhänge, sogenannte Typ-IVa-(T4A)-Pili, die bei Bakterien weit verbreitet sind und die der Interaktion mit der Umwelt dienen. Dass sie einerseits bei ungefährlichen Bakterien vorkommen, andererseits bei manchen Pathogenen sogar als Schlüsselfaktor für die Virulenz identifiziert wurden, deutet darauf hin, dass die T4A-Pili im Laufe der Evolution wiederholt neue, mit der Pathogenität assoziierte Eigenschaften erworben haben.
Tatsächlich konnte das Forschungsteam zeigen, dass das Protein ComC, das an der Spitze der T4A-Pili sitzt und für deren Funktion essenziell ist, innerhalb der Gruppe der pathogenen Acinetobacter-Stämme auffällige Veränderungen zeigt. Selbst verschiedene Stämme von A. baumannii verfügen über unterschiedliche Varianten dieses Proteins. Ebersberger vergleicht daher die T4A-Pili mit einem multifunktionalen Gartenwerkzeug, bei dem der Griff stets gleich bleibt, die Aufsätze aber auswechselbar sind. „Auf diese Weise können über kurze evolutionäre Zeiträume drastische Funktionsänderungen erreicht werden“, ist der Bioinformatiker überzeugt. „Wir gehen davon aus, dass Bakterienstämme, die sich in den T4A-Pili unterscheiden, auch unterschiedlich mit ihrer Umwelt in Kontakt treten. Das kann sich beispielsweise darauf auswirken, in welcher Nische innerhalb des Menschen sich der Erreger ansiedelt.“
Das Wissen um die unerwartet hohe Diversität innerhalb des Keims soll dafür genutzt werden, die Behandlung von Infektionen mit A. baumannii zu verbessern, wie Ebersberger erklärt: „Aufbauend auf unseren Ergebnissen könnten personalisierte Therapien entwickelt werden, die ganz auf einen bestimmten Erregerstamm zugeschnitten sind“. Die Studie von Ebersberger und Kolleg:innen zeigt aber noch etwas anderes: Vermutlich haben bisherige Studien zur vergleichenden Genomik von A. baumannii erst die Spitze des Eisbergs ans Licht gebracht. „Unser Ansatz hat die Auflösung der Suche nach möglichen Komponenten, die Pathogene charakterisieren, deutlich erhöht“, so Ebersberger.
Publikation: Ruben Iruegas, Katharina Pfefferle, Stephan Götting, Beate Averhoff, Ingo Ebersberger: Feature-architecture aware phylogenetic profiling indicates a functional diversification of type IVa pili in the nosocomial pathogen Acinetobacter baumannii. PLOS Genetics (2023)
https://doi.org/10.1371/journal.pgen.1010646
Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/141211330
Bildtext: Wie ein multifunktionales Gartenwerkzeug: Die T4A-Pili verschiedener Acinetobacter-Stämme haben in der Evolution das ComC-Protein an ihrer Spitze verändert (oval, in verschiedenen Farben), um sich in unterschiedlichen Nischen innerhalb des Menschen anzusiedeln. Graue Balken: Zellhülle. Grafik: Katharina Pfefferle, Goethe-Universität Frankfurt
Weitere Informationen
Prof. Dr. Ingo Ebersberger
Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft
Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 (0)69 798 42112
ebersberger@bio.uni-frankfurt.de
Homepage: http://www.bio.uni-frankfurt.de/43045195/ak-ebersberger
https://www.bio.uni-frankfurt.de/51172482/Forschergruppe_FOR2251
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
16. Internationale Konferenz für die Geschichte der Wissenschaft in Ostasien (ICHSEA 2023). 21. - 25. August 2023, Goethe-Universität Frankfurt.
FRANKFURT. Die 16. Internationale Konferenz zur Wissenschafts-, Technik- und Medizingeschichte Ostasiens, die in diesem Jahr vom 21. bis zum 25. August stattfindet, ist ein weiterer Schritt bei der Erforschung der ostasiatischen Wissenschafts-, Technik- und Medizingeschichte. Sie wird unter der Schirmherrschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main im Auftrag der International Society for the History of East Asian Science, Technology and Medicine (ISHEASTM) organisiert. Die Konferenzreihe begann 1980 mit einer kleinen Konferenz zur chinesischen Wissenschaftsgeschichte und hat sich mittlerweile auf ganz Ostasien ausgedehnt. Sie zieht regelmäßig mehrere hundert Teilnehmer an – in Frankfurt werden ca. 400 Teilnehmer erwartet. Thematisch umfasst die Konferenz das gesamte Feld der Wissenschafts- und Technikgeschichte in Ostasien, von den Anfängen bis zur Gegenwart. Ein besonderer Schwerpunkt der diesjährigen Konferenz liegt auf dem Thema „Krisen und Verflechtungen“. Dabei wird sowohl die Verantwortung von Wissenschaft, Technik und Medizin für die Entstehung betrachtet, andererseits aber auch darauf hingewiesen, wie Prozesse der Kollaboration und die Unmöglichkeit, die Verflechtungen der Welt aufzulösen, historisch betrachtet das Potenzial hatten, Krisen zu verhindern, zu lösen oder zumindest zu entschärfen.
ICHSEA 2023
16. Internationale Konferenz für die Geschichte der Wissenschaft in Ostasien
21. - 25. August 2023,
Goethe-Universität, Frankfurt am Main
www.ichsea2023.uni-frankfurt.de
Zum Hintergrund:
Die vielfältigen Krisen, die die heutige Welt heimsuchen, erfordern
entscheidende Interventionen der historischen Forschung, einschließlich Studien
zur Geschichte der ostasiatischen Wissenschaft, Technologie und Medizin.
„Whiggish“-Vorstellungen über die Geschichte der Wissenschaft wurden längst
verworfen und Fantasien über ein „Ende der Geschichte“ wurden zur Ruhe gelegt.
Stattdessen haben neuere Studien die Verflechtung der Geschichte von
Wissenschaft, Technologie und Medizin hervorgehoben, identifizierten die
verschiedenen Akteure, die an ihrer Produktion und Verbreitung beteiligt waren
und erforschten die vielfältigen Skalen, in denen epistemische Praktiken
angesiedelt sein müssen. Auch wenn diese neuen Ansätze spannende und fruchtbare
Perspektiven eröffnen, haben sie selten versucht, unser Fachgebiet um einen
Rahmen zu erweitern, der die Existenz und das Fortbestehen von Krisen, die das
Überleben der Menschheit zu bedrohen scheinen, systematisch anerkennt.
Probleme, die durch einen solchen Rahmen
angegangen werden können, beginnen mit der Frage, inwieweit Wissenschaft und
Technologie zur Entstehung oder Verschärfung solcher Krisen beigetragen haben,
und reichen bis hin zu Hoffnungen und Erwartungen, dass Wissenschaft,
Technologie und Medizin zur Überwindung dieser Krisen beitragen können. Nicht
weniger wichtig ist die Frage nach der Rolle von Verflechtungen in
Krisenzeiten: Wie belastbar ist die wissenschaftliche und technologische
Zusammenarbeit und wie zuverlässig sind Netzwerke, durch die Wissen generiert
und bewahrt wird?
Wenn man sich Krisen so vorstellt, dass sie
mit erheblichen Störungen des gesellschaftlichen Lebens einhergehen, wird die
Frage, wie Wissenschaft, Technik und Medizin unter solchen Bedingungen
funktionieren, zu einem entscheidenden Problem. Tatsächlich haben geografische,
zeitliche, disziplinäre und intellektuelle Verflechtungen oft eine wichtige
Rolle bei der Milderung oder Bewältigung von Krisen gespielt. Bei diesem
Bemühen waren die Aufrechterhaltung der Zusammenarbeit und des Kontakts
zwischen wissenschaftlichen Gemeinschaften, die Erforschung historischer
Präzedenzfälle und das „Denken und Handeln über den Tellerrand hinaus“ von
großer Bedeutung. Auch wenn diese Reaktionen innerhalb wissenschaftlicher
Gemeinschaften Krisen nicht allein lösen konnten, waren sie es oft doch Wege
aus ihnen vorschlagen oder ebnen. Diese Konferenz lädt zu Beiträgen zu diesem
Thema ein und zielt darauf ab, neue Ansätze in der Geschichte der Wissenschaft,
Technik und Medizin in Ostasien zu identifizieren, die den Herausforderungen
unserer Zeit gerecht werden.
Forschungen zur Geschichte der
ostasiatischen Wissenschaft, Technik und Medizin sind ein relativ neues
Phänomen. Ein maßgeblicher Beitrag dazu wurde von dem renommierten englischen
Embryologen und Wissenschaftshistoriker Joseph Needham (1900-1995) geleistet.
Die UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization)
verdankt ihm das „S“ für Wissenschaft in ihrem Namen. Bereits in den 1930er Jahren
äußerte Needham erstmals Zweifel an der triumphalen Erzählung der westlichen
Wissenschaft und wies darauf hin, dass Ostasien, insbesondere China, erhebliche
Beiträge zur Entwicklung der universellen Wissenschaft geleistet habe. Dieser
Aufruf zur Erforschung nichteuropäischer Wissenschaft stieß auf großes
Interesse bei Historikern und Naturwissenschaftlern in Ostasien. Needhams
vielbändiges Opus Magnum „Science and Civilisation in China“ dürfte zu den mit
am meisten gelesenen Werken der Wissenschaftsgeschichte gehören – anders als
der Titel suggeriert, spielen auch hier Technik und Medizin eine große Rolle.
Aus einem anfänglich kleinen Feld ist nicht
zuletzt durch Needhams Beiträge mittlerweile ein äußerst wichtiges und
kreatives Gebiet der Ostasienwissenschaften entstanden. Gleichzeitig hat es
auch zunehmend Eingang in die allgemeine Erforschung der
Wissenschaftsgeschichte gefunden. Die Beschäftigung mit der Geschichte der
ostasiatischen Wissenschaft bedeutet jedoch nicht nur eine Wiedergutmachung historischen
Unrechts. Viel wichtiger ist es, den eurozentrischen Blickwinkel zu
durchbrechen und das weit verbreitete Narrativ zu erweitern, dass Wissenschaft
ausschließlich auf der griechischen deduktiven Logik basierend in Europa
entwickelt wurde.
Die Kulturen Ostasiens haben eine lange
Tradition der sorgfältigen Beobachtung und Aufzeichnung der Natur. Diese
stellte eine wichtige Grundlage für die Entstehung und Fortentwicklung
wissenschaftliches Denkens dar, sie liefert uns aber auch wertvolle Daten zu geologischen
Ereignissen wie Erdbeben, zur Astronomie, zu Klimaveränderungen sowie zu Flora
und Fauna, die für unser Verständnis des Anthropozäns unverzichtbar sind.
Die Begeisterung für nicht-invasive
medizinische Praktiken und Akupunktur auch in Europa und Amerika ist ohne den
Blick auf die Geschichte der ostasiatischen Medizin kaum zu verstehen. Das
Gleiche gilt für die Pharmazie. Es wurde oft darauf hingewiesen, aber bisher
nur unzureichend gewürdigt, dass für die Isolierung des Artemisinins als
Antimalaria-Mittel, für die der chinesischen Pharmakologin Tu Youyou im Jahr
2015 der Nobelpreis verliehen wurde, die Verwendung der traditionellen
chinesischen alchemistischen und pharmazeutischen Literatur von großer
Bedeutung war. Auch der ostasiatische Umgang mit Krankheiten, Seuchen und
Pandemien (zum Beispiel die Verbreitung der verschiedenen Pestwellen über die
Welt) und deren Kontrolle findet zunehmend Beachtung. Zudem gewinnen
umwelthistorische Fragen an Bedeutung, die in vielen Fällen mit wissenschafts-,
technik- und medizinhistorischen Fragen in Beziehung stehen.
Schließlich hat in jüngerer Zeit die
internationale Forschung verstärkt Prozesse des Austauschs und der Verflechtung
zwischen Ostasien und dem Rest der Welt in den Fokus genommen. Die Analyse von
Kooperationsformen und den damit verbundenen Möglichkeiten und Schwierigkeiten
hat weitreichende Bedeutung, die über die rein historische Erkenntnis
hinausgeht. Sie ermöglicht uns, Einblicke in Strukturen, Formen und
Persönlichkeiten zu gewinnen, die den Aufbau wissenschaftlicher Netzwerke zum
Nutzen aller Beteiligten ermöglichen.
Medienvertreter*innen sind herzlich zur
Veranstaltung eingeladen; bitte melden Sie sich vorab unter ichsea2023@uni-frankfurt.de an.
Kontakt:
Prof.
Dr. Iwo Amelung, Interdisziplinäres Zentrum für Ostasienstudien, IZO Sinologie,
Goethe-Universität Frankfurt. Tel.: (069) 798-22897; amelung@em.uni-frankfurt.de
Internationalem Forschungsteam aus Frankfurt und New York gelingt Strukturaufklärung eines Biomoleküls, mit dem Caenorhabditis elegans Gefahren erkennt
Der kleine Fadenwurm Caenorhabditis elegans meidet das Licht. Zwar besitzt er keine Augen, dafür jedoch in bestimmten Zellen ein Protein namens LITE-1. Es warnt ihn vor der Sonne, deren Strahlen für das Tier gefährlich sind. Die Struktur von LITE-1 hat jetzt ein Wissenschaftsteam von der Goethe-Universität Frankfurt, dem Max-Planck-Institut für Biophysik und dem Flatiron Institute der Simons Foundation in New York aufgeklärt: LITE-1 ist eine gänzlich neue Art eines lichtgesteuerten Ionenkanals. Anstelle von biochemischen Experimenten nutzten die Forscher:innen eine künstliche Intelligenz zur Strukturaufklärung und überprüften das Strukturmodell mit biologischen Experimenten.
FRANKFURT. In
einem Komposthaufen findet der Fadenwurm Caenorhabditis elegans einen
reich gedeckten Tisch: Der nur einen Millimeter lange Wurm ernährt sich von
Bakterien, die organisches Material zersetzen. Das Sonnenlicht muss das Tier
dabei strikt meiden, nicht nur damit es in seinem Temperaturoptimum bleibt und
nicht austrocknet. Blaues Licht und UV-Licht sind energiereich und richten in
den Zellen des durchsichtigen Wurms großen Schaden an: Das Erbmolekül DNA kann
mutieren, oder es entstehen reaktive Sauerstoffverbindungen wie
Wasserstoffperoxid (H2O2), die zum Beispiel die korrekte
Herstellung von Proteinen verhindern und Zellen in den Tod treiben können. Im
Labor lässt sich daher beobachten, dass Caenorhabditis elegans
reflexartig vor einem Lichtkegel zurückweicht.
Augen besitzt der Fadenwurm nicht, er verfügt jedoch in einigen
sensorischen Nervenzellen über das Protein LITE-1. Es setzt auf bislang
unbekannte Weise Lichtsignale in biochemische Signale um, die letztlich die
Fluchtbewegung auslösen. Struktur und Funktionsweise von LITE-1 haben jetzt
Wissenschaftler:innen um Prof. Alexander Gottschalk von der Goethe-Universität
Frankfurt, Prof. Gerhard Hummer vom Max-Planck-Institut für Biophysik sowie der
Goethe-Universität und Dr. Sonya Hanson vom Flatiron Institute in New York
aufgeklärt. Dafür nutzte das Wissenschaftsteam die Software
„AlphaFold2-Multimer“, eine künstliche Intelligenz, die Struktur von Proteinen
und Proteinkomplexen anhand der Abfolge ihrer Aminosäure-Bausteine vorhersagen
kann. Das Ergebnis: LITE-1 ist ein Protein in der Zellmembran, das eine Art
Pore bildet, durch die geladene Teilchen – Ionen –die Membran passieren können,
ein sogenanntes Kanalprotein.
„Die KI hat wirklich sehr gut funktioniert und eine plausible
Struktur für LITE-1 vorgeschlagen“, sagt Alexander Gottschalk. „In genetischen
Experimenten haben wir dann überprüft, ob Vorhersagen, die sich aus dieser
Struktur ergeben, sich auch bei Untersuchungen des Fadenwurms und seiner
Reaktion auf Licht wiederfinden lassen.“ Dazu schalteten die Forscher:innen
gezielt einzelne Strukturelemente in LITE-1 aus und beobachteten die Folgen auf
das lichtinduzierte Verhalten. So führten unter anderem der Austausch von Aminosäuren,
die den Kanal bilden, zu einem kompletten Funktionsverlust von LITE-1. Weitere
Mutationsexperimente zeigten Stellen auf, an denen das Protein mit H2O2
wechselwirken könnte und offenbarten eine zentrale Aminosäure, die offenbar für
die Aufnahme von Energie durch UV-Licht verantwortlich ist.
Gerhard Hummer erläutert: „Es scheint, als ob LITE-1 ein ganzes
Netzwerk an Aminosäuren enthält, die ausgerichtet sind wie Antennen, um die
Energie der UV-Photonen aufzufangen und an eine zentrale Position im Protein
weiterzuleiten. Dort befindet sich ein Hohlraum, der als Bindetasche für ein
Molekül dienen könnte, das Photonen beziehungsweise deren Energie aufnehmen
kann, ein sogenanntes Chromophor.“ Dem Modell der Forscher:innen zufolge wird
dieses noch unbekannte Chromophor zusätzlich von blauem Licht direkt angeregt
und überträgt die gesamte Energie dann auf das LITE-1-Protein, was zur Öffnung
des Ionenkanals und dem Einströmen von Ionen in die Zelle führt. Die höhere
Ionenkonzentration ist der Startpunkt für ein biochemisch-elektrisches Signal,
das schließlich den Fluchtreflex auslöst.
Dabei spielt offenbar eine Rolle, ob auch durch das Licht
gebildetes H2O2 in den Zellen vorhanden ist, so Alexander
Gottschalk: „Die zusätzliche Aktivierung von LITE-1 durch H2O2
stellt sicher, dass der Fluchtreflex nicht von schwachem Licht ausgelöst wird,
sondern nur von sehr intensivem, gewebeschädigendem Licht wie direkter
Sonnenstrahlung.“
LITE-1 stellt eine sehr einfache Form der Lichtwahrnehmung dar.
Vergleiche mit Geruchsrezeptoren von Insekten legen nahe, so Gottschalk, dass
LITE-1 von einem solchen Geruchsrezeptor abstammt, der vielleicht zufällig ein
Molekül gebunden habe, das auch Licht absorbieren konnte und damit zusätzlich
zu einem unangenehmen Geruch auch ein Warnsignal vor schädlichem Licht
weitergegeben habe.
Gottschalk unterstreicht die Bedeutung dieses Rezeptors auch für
das Forschungsgebiet der mit der Entdeckung und Beschreibung des ersten
lichtabhängigen Ionenkanals – eines Kanalrhodopsins – in Frankfurt
mitbegründeten Optogenetik, also der Möglichkeit, zur Untersuchung zellulärer
Funktionen lichtgesteuerte Schalter in Zellen einzusetzen: „LITE-1 und ähnliche
Proteine, die wir ebenfalls analysiert haben, lassen sich als neue
optogenetische Werkzeuge einsetzen, mit denen wir das Spektrum in den
UV-Bereich erweitern können.“ Die Bioinformatikerin Sonya Hanson sieht in der
Forschungsmethodik großes Potenzial für die Zukunft: „Die von uns eingesetzte
KI ist inzwischen so gut, dass wir möglicherweise künftig auch bei anderen
Proteinen auf aufwändige biochemische Arbeit verzichten können, zumindest um
eine Idee zu erhalten, wie ein bestimmtes Protein funktioniert.“
Publikation: Sonya
M. Hanson, Jan Scholüke, Jana Liewald, Rachita Sharma, Christiane Ruse, Marcial
Engel, Christina Schüler, Annabel Klaus, Serena Arghittu, Franziska Baumbach,
Marius Seidenthal, Holger Dill, Gerhard Hummer, Alexander Gottschalk: Structure-function
analysis suggests that the photoreceptor LITE-1 is a light-activated ion
channel. Current
Biology (2023), https://doi.org/10.1016/j.cub.2023.07.008
Hintergrund Optogenetik:
Ein kleiner Wurm – Liebling der Optogenetiker. Forschung Frankfurt
2/2015
https://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/59324382/FoFra_2015_2_Licht_in_der_Zelle_Ein_kleiner_Wurm-Liebling_der_Optogenetiker.pdf
Bilder zum Download:
www.uni-frankfurt.de/141166470
Bildtext: Das neuartige Photosensor-Protein LITE-1 des Fadenwurms Caenorhabditis
elegans reagiert als Gefahrensensor auf UV- und Blaulicht. LITE-1 ist ein
lichtgesteuerter Ionenkanal und nach dem seit langem bekannten Kanalrhodopsin
von Algen die zweite Form eines lichtgesteuerten Ionenkanals, der bislang
entdeckt wurde.
LITE-1-multicolored: Alexander Gottschalk,
Goethe-Universität Frankfurt
LITE-1-bronze: Lucy Reading-Ikkanda/Simons
Foundation
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Alexander Gottschalk
Professor für zelluläre und molekulare Neurobiologie
Institut für Biophysikalische Chemie und Buchmann Institut
Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 (0)69 798-42518
a.gottschalk@em.uni-frankfurt.de
https://www.bmls.de/Cellular_and_Molecular_Neurobiology/aboutus.html
https://www.uni-frankfurt.de/69793125/Molecular_Membrane_Biology_and_Neurobiology
Prof. Dr. Gerhard Hummer
Max-Planck-Institut für Biophysik und
Institut für Biophysik der Goethe-Universität Frankfurt
Tel. +49 (0)69 6303 2501
gerhard.hummer@biophys.mpg.de
https://www.biophys.mpg.de/theoretical-biophysics
Sonya M. Hanson, Ph.D.
Center for Computational Biology
Center for Computational Mathematics
Flatiron Institute
New York, USA
shanson@flatironinstitute.org
https://www.simonsfoundation.org/structural-and-molecular-biophysics-collaboration/
Twitter: @GWormlab @sonyahans @goetheuni
@SimonsFdn @MPIbp
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax
069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
Forschende der Goethe-Universität entdecken zentrale Schaltstelle in Fehlfaltungsstress-Signalkette von Mitochondrien
Die Kraftwerke höherer Zellen, die Mitochondrien, waren ursprünglich eigenständige Lebewesen. Wie sehr sich ihr Stoffwechsel im Laufe der Evolution mit dem ihrer Wirtszellen verschränkt hat, haben Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität Frankfurt am Beispiel einer Stressreaktion von Mitochondrien untersucht. Sie fanden heraus, dass die Mitochondrien zwei unterschiedliche biochemische Signale senden. Diese werden in der Zelle miteinander verarbeitet und starten ein Unterstützungsprogramm, um das zelluläre Gleichgewicht (Homöostase) wiederherzustellen. Die Arbeiten wurden unter anderem im Rahmen der Clusterinitiative ENABLE (fortgeführt als EMTHERA) der Goethe-Universität gemacht.
FRANKFURT. Als
das Leben sich auf unserer Erde in Form verschiedenster einzelliger Lebewesen
verbreitete, gelang einem dieser Einzeller irgendwann vor 3,5 bis einer
Milliarde Jahren ein evolutionärer Coup: Statt Bakterien zu fressen und zu
verdauen, kapselte es seine Beute ein und nutzte sie als Energielieferant. Im
Gegenzug bot es als Wirtszelle Schutz und Nahrung. Dieser sogenannten
Endosymbionten-Theorie zufolge war jener Einzeller die Urmutter aller höheren
Zellen, aus denen sich alle Tiere, Pilze und Pflanzen entwickelten. Im Laufe
der Jahrmilliarden wurde das eingeschlossene Bakterium zum Kraftwerk der Zelle,
dem Mitochondrium, das ihr die zelluläre Energieeinheit ATP liefert. Es verlor
einen Großteil seiner Erbsubstanz DNA und tauschte kleinere DNA-Abschnitte mit
der Mutterzelle aus. Nach wie vor teilen sich Mitochondrien jedoch unabhängig
von der Zelle und besitzen eine Reihe eigener Gene.
Wie eng Zelle und Mitochondrium heute in menschlichen Zellen
zusammenarbeiten, untersucht ein Wissenschaftsteam um Dr. Christian Münch von
der Goethe-Universität. Die Forscher:innen haben jetzt entdeckt, auf welche
Weise das Mitochondrium Unterstützung durch die Zelle anfordert, wenn es unter
Stress gerät. Auslöser für solchen Stress können zum Beispiel Infektionen,
Entzündungsvorgänge oder genetische Störungen sein, aber auch Nährstoffmangel
oder Zellgifte.
Eine bestimmte Form des mitochondrialen Stresses wird durch falsch
gefaltete Proteine hervorgerufen, die nicht rasch abgebaut werden und sich im
Mitochondrium ansammeln. Die Folgen für das Mitochondrium wie für die Zelle
sind dramatisch: Fehlgefaltete Proteine können zum Beispiel die
Energieproduktion stören oder zur Bildung größerer Mengen sogenannter reaktiver
Sauerstoffverbindungen führen, die die Mitochondrien-DNA angreifen und weitere
Fehlfaltungen von Proteinen zur Folge haben. Auch können fehlerhaft gefaltete
Proteine die Mitochondrien-Membranen destabilisieren, sodass Signalstoffe aus
dem Mitochondrium freigesetzt werden, die das Selbstzerstörungsprogramm
„Apoptose“ der Zelle anschalten.
Daher reagiert das Mitochondrium auf den Stress, indem es vermehrt
Protein-Faltungshelfer (Gouvernanten-Proteine) herstellt, um die Fehlfaltungen
zu verringern, sowie Protein-Schreddereinheiten, die die fehlgefalteten
Proteine abbauen. Wie Zellen dieses Schutzprogramm starten, war bisher unbekannt.
Die Forschenden der Goethe-Universität lösten in den Mitochondrien
kultivierter menschlicher Zellen den Fehlfaltungsstress künstlich aus und
analysierten die Folgen. „Die Schwierigkeit in der Aufklärung solcher
Signalprozesse besteht darin,“ erläutert der Biochemiker Münch, „dass
unglaublich viele gleichzeitig und mit hoher Geschwindigkeit in der Zelle
ablaufen.“ Das Wissenschaftsteam nutzte daher Methoden (Transkriptom-Analysen),
mit denen sich im Zeitverlauf messen lässt, wie stark Gene abgelesen werden.
Außerdem beobachteten die Forscher:innen unter anderem, welche Proteine zu
welchem Zeitpunkt aneinander binden, in welchen Zeiträumen sich die
Konzentrationen innerzellulärer Stoffe ändern und welche Auswirkungen das
gezielte Ausschalten einzelner Proteine hat.
Das Ergebnis: Bei Protein-Fehlfaltungsstress senden Mitochondrien
zwei chemische Signale an die Zelle: Sie setzen reaktive Sauerstoffverbindungen
frei und blockieren den Import von Protein-Vorstufen, die in der Zelle
hergestellt und erst im Inneren des Mitochondriums in ihre funktionale Form
gebracht werden. Dadurch reichern sich diese – ungefalteten – Vorstufen in der
Zelle an. Die reaktiven Sauerstoffverbindungen führen unter anderem zu
chemischen Veränderungen an einem Protein namens DNAJA1. DNAJA1 unterstützt in
der Zelle normalerweise einen bestimmten Faltungshelfer (Gouvernantenprotein,
englisch: chaperone), der die neu entstehenden Proteine der Zelle in die
richtige Form bringt.
Als Folge der chemischen Veränderung drängt sich DNAJA1 nunmehr
verstärkt dem Faltungshelfer HSP70 als Assistenz auf. HSP70 kümmert sich
daraufhin besonders um die fehlgefalteten Protein-Vorstufen, die sich wegen des
Importstopps rund um das Mitochondrium ansammeln. Durch verringert HSP70 seine
Interaktion mit seinem regulären Partner HSF1. Der wiederum wird nun
freigesetzt, kann ins Innere des Zellkerns wandern und dort das
Anti-Stressprogramm für das Mitochondrium starten.
Der Biochemiker Münch erklärt: „Es war sehr spannend
herauszufinden, wie die beiden Stress-Signale des Mitochondriums in der Zelle
zu einem Signal zusammengeführt werden, das dann das Antwortprogramm der Zelle
auf den mitochondrialen Stress startet. Außerdem greifen bei diesem komplexen
Prozess, der wesentlich durch winzige lokale Konzentrationsänderungen getrieben
wird, die Stress-Signalwege der Zelle und des Mitochondriums sehr elegant
ineinander wie ein perfektes Uhrwerk.“
Publikation: F.X.
Reymond Sutandy, Ines Gößner, Georg Tascher, Christian Münch: A cytosolic
surveillance mechanism activates the mitochondrial UPR. Nature (2023) https://doi.org/10.1038/s41586-023-06142-0
Hintergrundinformation: Fehlfaltung in Mitochondrien: Emmy-Noether-Stipendium der
Deutschen Forschungsgemeinschaft für Christian Münch https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/fehlfaltung-in-mitochondrien-wie-reagiert-die-zelle/
Das Clusterprojekt EMTHERA (Emerging Therapies) sucht nach
neuen Ansätzen zur Erforschung von Infektions- und Entzündungskrankheiten sowie
Störungen des Immunsystems und zur Entwicklung neuartiger Therapien. EMTHERA
ist eine Initiative der Rhein-Main-Universitäten (RMU). https://www.emthera.de/
Bilder zum Download:
http://www.uni-frankfurt.de/93374838
Bildtext: Dr. Christian Münch, Institut für Biochemie II, Goethe-Universität
Frankfurt. Foto: Uwe Dettmar für Goethe-Universität
Weitere Informationen
Dr.
Christian Münch
Leiter Emmy Noether-Gruppe – Protein-Qualitätskontrolle und Quantitative
Proteomics
Institut für Biochemie II
Fachbereich Medizin
Goethe Universität Frankfurt
Tel.: +49 (0)69 6301-3715
Web: https://pqc.biochem2.de
Twitter: @MuenchLab @goetheuni
Goethe-Universität startet Messung von halogenierten Kohlenwasserstoffen auf dem Kleinen Feldberg bei Frankfurt
Viele gasförmige Stoffe mit Halogenen wie Chlor oder Fluor tragen ähnlich wie Kohlendioxid zum Treibhauseffekt bei. Am Taunus-Observatorium auf dem Kleinen Feldberg bei Frankfurt haben Forschende der Goethe-Universität jetzt ein Messgerät in Betrieb genommen, das erstmals in Deutschland kontinuierlich und mit hoher Genauigkeit die Konzentrationen solcher Gase im Rahmen eines internationalen Netzwerks überwacht. Erste Messergebnisse deuten auf Quellen spezieller fluorierter Gase (F-Gase) auch in Deutschland hin. Die Frankfurter Wissenschaftler:innen betonen, dass die Erfassung von F-Gasen langfristig in das behördliche Luftmessungsprogramm aufgenommen werden sollte.
FRANKFURT. Früher waren sie in jedem Kühlschrank und in jeder Spraydose, bis herausgefunden wurde, dass sie ein Loch in die schützende Ozonschicht der Atmosphäre gerissen hatten: Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe, kurz FCKW. Seit 2000 ist die FCKW-Produktion durch das Montreal-Protokoll weltweit praktisch verboten. Als Ersatz kamen vermehrt halogenierte Kohlenwasserstoffe ohne Chlor, sogenannte F-Gase zum Einsatz – bis sich herausstellte: Diese Gase stellen zwar keine Bedrohung für die Ozonschicht dar, sind aber, genau wie die FCKWs, starke Treibhausgase. Im Jahr 2016 wurden daher im Rahmen des sogenannten „Kigali-Abkommen“ auch die F-Gase in das Montreal-Protokoll aufgenommen. In Europa sollen die Emissionen durch die F-Gas-Verordnung (517/2014) reduziert werden.
Trotz ihrer niedrigen Konzentrationen tragen halogenierte Treibhausgase erheblich zum Klimawandel bei: Bis zu neun Prozent des anthropogenen Treibhauseffekts werden durch halogenierte Treibhausgase verursacht, denn ein Kilogramm dieser Gase kann den gleichen Klimaeffekt haben wie zehn Tonnen Kohlendioxid. Bisher wird in Deutschland ihr Vorkommen in der Atmosphäre allerdings nicht systematisch überwacht.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität haben jetzt am Taunus-Observatorium auf dem Kleinen Feldberg bei Frankfurt im Rahmen des ACTRIS Infrastrukturprogramms ein Messgerät namens „Medusa“ in Betrieb genommen, das kontinuierlich die Konzentration einer Vielzahl atmosphärisch relevanter Spurengase misst. Die Messungen der halogenierten Treibhausgase sind zudem in das internationale Netzwerk AGAGE eingebunden, das seit 1978 an Stationen überall auf der Erde das Vorkommen klimarelevanter Spurengase beobachtet. Dadurch sind dies die ersten hochqualitativen Messungen dieser Art in Deutschland, die auch global vergleichbar sind.
Prof. Andreas Engel vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität, der „Medusa“ betreut, sagt: „Unsere Messungen haben bereits klar gezeigt, dass es in Deutschland bedeutsame Quellen von F-Gasen gibt. Wir haben uns daher im Rahmen eines durch die EU geförderten Projekts mit weiteren Forschenden vor allem aus Deutschland, der Schweiz und Großbritannien zusammengetan, um aus den Messungen mit Hilfe von Computermodellen die Emissionen der F-Gase zu quantifizieren und ihre Herkunftsregionen stärker einzugrenzen.“
Die Messungen seien wegen der sehr niedrigen Konzentrationen, der Vielzahl der zu messenden Komponenten und der benötigten hohen Genauigkeiten sehr aufwendig, so Engel. Wegen der Relevanz der F-Gase sollten die Messungen langfristig jedoch von der Forschung in die behördliche Luftüberwachung übergehen, ist der Atmosphärenforscher überzeugt: „Wir müssen ein Programm aufbauen, das die systematische Erfassung halogenierter Treibhausgase, inklusive der F-Gase in das System der behördlichen Luftmessungen einbezieht. Damit können ausreichend Daten gewonnen werden, um Quellen zu identifizieren und geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen.“
Hintergrund:
Tot geglaubte Treibhausgase (Forschung Frankfurt 2-2020) https://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/95369562.pdf
AGAGE: Weltweites Atmosphärenforschungsprojekt „Advanced Global Atmospheric Gases Experiment“ https://agage.mit.edu/
Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/140750923
Bildtext:
Das Taunus-Observatorium auf dem Kleinen Feldberg bei Frankfurt am Main beherbergt das neue Messgerät „Medusa“, mit dem sich klimaschädliche F-Gase aufgespürt werden könnten. Foto: Markus Bernards, Goethe-Universität
Weitere Informationen
Prof. Dr. Andreas Engel
Institut für Atmosphäre und Umwelt
Goethe-Universität Frankfurt
Tel: + 49 (0)69 798-40259
an.engel@iau.uni-frankfurt.de
Website: http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12498, Fax 069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
Wissenschaftsjahr bringt mobiles Planetarium nach Hofheim
HOFHEIM/FRANKFURT. Im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2023 „Unser Universum“ präsentiert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit lokalen Partnern in einem 75 Quadratmeter großen mobilen Planetarium aktuelle Themen in den Bereichen Astronomie und Astrophysik. Im Rahmen ihres gemeinsamen Forschungsclusters ELEMENTS beteiligen sich die Goethe-Universität Frankfurt, die TU Darmstadt und das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung zusammen mit der Sternwarte Hofheim an der fünftägigen Veranstaltung: 26. bis 30. Juli 2023 Planetariumszelt Kellereiplatz, Hofheim am Taunus.
Im Planetariumszelt können die Besucher_innen in einer 360-Grad-Show nicht nur in die Tiefen des Weltalls reisen, sondern auch echte Daten aus aktuellen Forschungsprojekten bestaunen. So kann beispielsweise die farbenprächtige Simulation zweier kollidierender Neutronensterne beobachtet werden. Im Begleitzelt gibt es einen solchen Neutronenstern dann direkt zum Anfassen – ELEMENTS hat ein interaktives Exponat entwickelt, bei dem das Innere dieser kompakten Sterne Schicht für Schicht enthüllt werden kann. Daneben ist ein originales Bauteil des GSI-Teilchenbeschleunigers zu sehen, in dem auch die extremen Materiezustände untersucht werden, die im Inneren eines Neutronensterns herrschen.
Im Rahmen der begleitenden Abendveranstaltungen hält Prof. René Reifarth von der Goethe-Universität Frankfurt einen öffentlichen Vortrag über die Entstehung von Elementen in Sternen:
26. Juli 2023, 20:00 Uhr
Vortrag: „Elemententstehung – Einblicke in das Leben von Sternen“
Prof. René Reifarth
Planetariumszelt
Kellereiplatz, Hofheim am Taunus
Um eine Voranmeldung über die Webseite wird gebeten. Der Eintritt ist frei. Information und Anmeldung: https://www.wissenschaftsjahr.de/2023/universe-on-tour/hofheim
„Gebrochene Traditionen?“: Hans-Böckler-Stiftung fördert neues Promotionskolleg an Goethe-Uni, Universität Frankfurt (Oder) und Hochschule für Musik Weimar
Die intellektuellen und künstlerischen Aktivitäten von Jüdinnen und Juden im nationalsozialistischen Deutschland stehen im Mittelpunkt eines neuen gemeinsamen Promotionskollegs von Goethe-Universität Frankfurt am Main, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar.
FRANKFURT. Mit rund 900.000 Euro fördert die Hans-Böckler-Stiftung das interdisziplinäre Promotionskolleg „Gebrochene Traditionen? Jüdische Literatur, Philosophie und Musik im NS-Deutschland“, das gemeinsam von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), der Goethe-Universität in Frankfurt (Main) und der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar eingeworben wurde. Die Förderung wurde zunächst auf 4,5 Jahre zugesagt.
Vom Sommersemester 2024 an werden sich neun Promovierende an allen drei Hochschulen wissenschaftlich mit den intellektuellen und künstlerischen Aktivitäten von Jüdinnen und Juden beschäftigen, die innerhalb NS-Deutschlands vermittelt, offen artikuliert oder illegal verbreitet auf die soziale Entrechtung, Ausgrenzung und schließlich Ermordung großer Teile des europäischen Judentums reagierten.
Die Promotionen erfolgen bei Prof. Kerstin Schoor (Deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)), Prof. Christian Wiese (Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie, Goethe-Universität Frankfurt/Main) und Prof. Jascha Nemtsov (Geschichte der jüdischen Musik, Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar). Das Kolleg wird seinen Sitz am Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Ber-lin-Brandenburg haben.
Als Kooperationspartner konnten das International Institute for Holocaust Research der Erinnerungsstätte Yad Vashem, das Franz Rosenzweig Minerva Research Center der Hebrew University of Jerusalem, das Leo Baeck Institute Jerusalem sowie das Music Department des Dr. Hecht Arts Center der University of Haifa gewonnen wer-den.
Die Ausschreibung der Stipendien erfolgt Ende August 2023. Interessierte sind gebeten, im Laufe des Septembers 2023, möglichst bis zum 15. mit dem/der gewünschten Erstbetreuer/in Kontakt aufzunehmen. Die Bewerbung auf ein Stipendium erfolgt in Rücksprache zum 2. November 2023 bei der Hans-Böckler-Stiftung.
Stimmen zum Kolleg:
„Ich freue mich sehr, dass durch diese Förderung der Hans-Böckler-Stiftung ein spezifischer thematischer Schwerpunkt der beteiligten Lehrstühle und Institutionen in einem interdisziplinären Verbundprojekt vertieft und an eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weitergegeben werden kann.“, so Prof. Dr. Kerstin Schoor, Kolleg-Sprecherin und Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder).“
„Das Themenfeld des Kollegs aus der Perspektive der drei beteiligten Disziplinen zu erkunden, verspricht nicht nur Einblicke in die Vergangenheit, sondern auch fundierte Diskussionen über drängende Herausforderungen unserer Zeit – dem sehe ich mit Freude entgegen“, so Prof. Dr. Christian Wiese, Direktor des Frankfurter Buber-Rosenzweig-Instituts in Frankfurt Main.
Prof. Dr. Jascha Nemtsov (Weimar) begrüßt in diesem Sinne in dem Kolleg auch „eine großartige Möglichkeit, das Schaffen jüdischer Komponistinnen und Komponisten im NS-Deutschland zu erforschen und ihre Werke dem heutigen Musikleben zurückzugeben.“
Die Hans-Böckler-Stiftung „freut sich, in ihrem neuen Promotionskolleg (PK057) neun Dissertationen zur jüdischen Literatur, Philosophie und Musik im NS-Deutschland in einem interdisziplinären Forschungszusammenhang fördern zu können.“ Sie unterstützt das Kolleg in der ersten Förderphase mit einer institutionellen und individuellen Förderung mit rund 900.000 Euro.
Zum Hintergrund:
Forciert durch die politische Zensur und einen bereits 1933 massiv einsetzenden Prozess der Ausgrenzung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden im NS-Deutschland, waren die damaligen Entwicklungen in Literatur, Philosophie und Musik stärker als in anderen Zeiten geprägt durch eine (kritische) Reflexion überkommener künstlerisch-ästhetischer, kultureller und religiöser Traditionen. Für Intellektuelle, Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Musikerinnen und Musiker jüdischer Herkunft wurde das Verhältnis zu Traditionen deutscher, jüdischer und europäischer Kulturen zur „Gretchenfrage“ intellektueller und künstlerisch-ästhetischer Positionsbildungen.
Ziel des Kollegs ist es, die Kenntnisse zum jüdischen kulturellen Leben in einem seit 1933 zunehmend separierten jüdischen Kulturkreis innerhalb NS-Deutschlands in der Literaturwissenschaft, der Philosophie und Religionswissenschaft sowie der Musikwissenschaft zu erweitern. Gerahmt von der gemeinsamen Forschungsfrage nach Gebrochenen Traditionen werden hierfür intellektuelle, literarische und künstlerisch-ästhetische Traditionsbezüge im kulturellen Leben deutscher Juden der 1930er und frühen 1940er Jahre im NS-Deutschland einer kritischen Re-Lektüre unterzogen.
Das Kolleg reagiert dabei auf einen Forschungsstand, der – im Unterschied zur Geschichtswissenschaft – noch immer durch eine weitgehende Abwesenheit der Darstellung charakteristischer Entwicklungen von Literatur, Philosophie und Musik von Intellektuellen und Künstlern jüdischer Herkunft im NS-Deutschland, durch das weitgehende Fehlen einer Reflexion über die Gründe der verzögerten Rezeptionsgeschichte dieser intellektuellen und künstlerischen Aktivitäten seit den Nachkriegsjahren bis in die 1990er Jahre sowie – in disziplinär unterschiedlicher Weise – durch eine desolate Quellenlage gekennzeichnet war und dies zum Teil bis heute ist. Es reiht sich ein in die internationalen Bemühungen der NS- und Holocaust-Forschung, im Rahmen derer es zudem in seiner spezifischen disziplinären Zusammensetzung wie inhaltlichen Ausrichtung einen originären Anspruch erhebt.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Christian Wiese, c.wiese@em.uni-frankfurt.de
Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie und Buber-Rosenzweig-Institut für Jüdische Geistes- und Kulturgeschichte der Moderne an der Goethe-Universität Frankfurt/Main
Prof. Dr. Kerstin Schoor, schoor@europa-uni.de
Axel Springer-Lehrstuhl für deutsch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte, Exil und Migration an der Europa Universität Viadrina Frankfurt/Oder
Prof. Dr. Jascha Nemtsov, jascha.nemtsov@hfm-weimar.de
Lehrstuhl für Geschichte der jüdischen Musik an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation,
Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
Carolinum führt Studie zu unterschiedlichen Materialien durch
Viele Menschen knirschen nachts mit ihren Zähnen. Dabei wirken große Kräfte, was langfristig zu erheblichen Verlusten von Zahnschmelz und zu Schäden an Füllungen und Kronen führen kann. Aufbissschienen sollen diesen Schäden vorbeugen. Für eine Materialstudie am Carolinum, dem Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZZMK) der Goethe-Universität, werden nun Probanden gesucht.
FRANKFURT. Etwa ein Fünftel der erwachsenen Bevölkerung tut es, und zwar vor allem in der Nacht: Unbewusst knirschen sie mit den Zähnen oder pressen sie aufeinander. Dieses Phänomen, das in der Medizin als „Bruxismus“ (abgeleitet von altgriechisch βρυγμός brygmos, „das Zähneknirschen“) bezeichnet wird, kann unterschiedliche Ursachen haben, z.B. eine Zahn-/Kieferfehlstellung oder Stress. Die langfristigen Folgen sind oft unangenehm: Wegen der andauernden Überlastung verschleißt der Zahnhalteapparat, Zähne, Zahnkronen und Füllungen können Schaden nehmen, außerdem auch das Kiefergelenk, die Kaumuskulatur sowie andere Muskelgruppen, die zur Stabilisierung des Kopfes angespannt werden.
Um solche Schäden zu reduzieren, gibt es so genannte Aufbissschienen, die nachts getragen werden können. Die aus Kunststoff bestehende Schiene wird vor dem Schlafengehen auf die Zähne eines Kiefers gesetzt. Die Schiene rastet dabei mit einem leichten Klick über den Zähnen ein. Da der Kunststoff, aus dem die Schiene besteht, etwas weniger hart ist als die Zähne, wird der Druck auf die Zähne leicht gedämpft und eine weitere Abnutzung der gesunden Zahnhartsubstanz vermieden. Für eine Studie über unterschiedliche Kunststoffe sucht das ZZMK Menschen, die mit den Zähnen knirschen.
Die rechte und die linke Seite der Schiene bestehen aus verschiedenen Materialien, die im Rahmen der geplanten Studie getestet werden sollen. Beide Materialien sind CE-zertifiziert, die Herstellung ist jedoch unterschiedlich. Beide Materialien sind im polierten Zustand transparent (Bild 1). Meistens wird die Schiene für den Oberkiefer hergestellt (Bild 2).
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie erhalten kostenfrei eine Schiene und tragen diese ein halbes Jahr lang regelmäßig jede Nacht. Während der Tragephase werden der Tragekomfort mittels Fragebögen sowie die Qualität des Schienenmaterials an mehreren Kontrollterminen dokumentiert. Am Ende der Tragephase bleibt die Schiene zur weiteren Auswertung im Carolinum. Wie alle medizinischen Studien wurde auch diese Studie von der Ethikkommission des Fachbereichs Medizin, Universitätsklinikum der Goethe-Universität genehmigt.
Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/140680618
Bildtext:
Bild 1: Polierte Schiene auf dem Modell.
Bild 2: Im Oberkiefer eingesetzte Schiene. (Fotos: Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik)
Weitere Informationen und Anmeldung:
Oliver Dadas
Zahnarzt
Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik,
Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Carolinum) der Goethe-Universität
Telefon +49(0)69 6301-7506
E-Mail o.dadas@med.uni-frankfurt.de
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