Matthias Ruf

Handeln Gottes

Zweifelsohne gehört es in grundlegender Weise zum christlichen Selbstverständnis, dass Gott als ein Handelnder oder Wirkender aufgefasst wird. Als generell unproblematisch gilt diese Vorstellung dann, wenn sie auf eine allgemein gefasste, göttliche „Erhaltung“ der Welt bezogen wird. Äußerst kritisch wird dagegen die Überzeugung eingeschätzt, dass Gottes Einflussnahme auf die Welt auch die wirkursächliche Verursachung spezifischer Ereignisse einschließt (zu denken wäre etwa an eine Reaktion Gottes auf Fürbittegebete oder die Rede von der leiblichen Auferstehung Christi). Neben Einwänden, die sich unter Verweis auf eine öffentliche Vernunft und besonders naturphilosophische Überlegungen ergeben, wird eine solche Auffassung auch von theologischer Seite vielfach als „interventionistisch“ kritisiert oder wegen des anthropomorphen Charakters dieser Rede und angesichts einer drohenden Verschärfung der Theodizeeproblematik zurückgewiesen. Alternativ wird vorgeschlagen, entsprechend problematische Glaubensbezüge metaphorisch zu verstehen oder religiöse Sätze in rein expressive, ästhetische, oder moralische zu überführen. Auch wenn durch solche Rekonstruktionen ein Anschluss an die Denkvoraussetzungen der Moderne gelingen mag, entsprechen solche theologischen Modelle jedoch häufig nicht mehr dem Selbstverständnis von Gläubigen und auch Theologen, die religiöse Sätze und eine entsprechende Praxis so verstehen, dass damit jenseits subjektiver Glaubensaussagen etwas Wahres über die Wirklichkeit ausgesagt werden soll.

In meiner Arbeit möchte ich angesichts dieses Problemgefüges zunächst theologische Kernbestandteile von einem „Handlungsmodell“ einer spezifischen göttlichen Einflussnahme erarbeiten und dabei besonders den Fragen nachgehen, inwiefern ein solches gegenüber zentralen theologischen und geschichtstheoretischen Einwänden plausibilisiert werden kann und theologisch naheliegend ist. Im Anschluss daran soll ein gewichtiger „nicht-theologischer“ Einwand gegen jene Rede von einer göttlichen Bewirkung spezifischer Ereignisse vorgestellt werden: nämlich die Behauptung, das Prinzip der „kausalen Geschlossenheit des Physikalischen“ sei gültig. In Aufnahme zeitgenössischer Diskussionen aus der Wissenschaftstheorie und insbesondere der Philosophie des Geistes soll jenes Grundprinzip eines zeitgenössischen Physikalismus kritisch evaluiert werden, um mögliche Konsequenzen für die interdisziplinäre Diskussion um „divine action“ aufzeigen zu können.