Fächer
- Altes Testament
- Neues Testament
- Kirchengeschichte
- Systematische Theologie
- Praktische Theologie
- Religionspädagogik
- Religionswissenschaft
- Martin-Buber-Professur
- Profil
- Aktuelles
- Personen
- Forschung und Projekte
- Zerbrechliche Nachbarschaft. Gedenkbuch der Synagogen und jüdischen Gemeinden in Hessen
- Editionsprojekt: Die Korrespondenz des Breslauer Historikers Markus Brann
- Buber-Korrespondenzen Digital: Das dialogische Prinzip in Martin Bubers Gelehrten- und Intellektuellennetzwerken im 20. Jahrhundert (BKD)
- Theodor Herzls dramatisches Werk. Eine kommentierte Edition seiner Stücke
- Narrating Jerusalem: Cultural Explorations of a Contested City
- Die Toten unter den Lebenden: Jüdische Trauerpraktiken nach der Shoah
- Jewish Translation in Early Modern Europe
- Emigration from Paradise: Home, Fate, and Nation in Post-World War I Jewish Hungary
- In Pursuit of Knowing: Nineteenth-Century Jewish Education and the Transformation of Jewish Knowledge
- Hebräische Entdeckung: Lesekultur deutschsprachiger Juden*Jüdinnen in den 1920er und 1930er Jahren
- Die historische Semantik der Buber-Rosenzweig-Bibel
- Der Kolonialismus und die Juden in Deutschland, 1880-1918
- Zionismusgeschichte und postcolonial studies: Historische und methodische Konvergenzen
- Die Solidarität der „Gemeinschaftsfremden“
- Postcolonial Studies, Nationalsozialismus und Holocaust
- Margarete-Susman-Briefedition
- Margarete Susman - Gedichtvertonungen
- Grenzgänge: Faktuales und fiktionales Erzählen in der deutschsprachigen jüdischen Literatur
- Grenzgänge: Faktuales und fiktionales Erzählen in der deutschsprachigen jüdischen Literatur
- The Writing of Self and History: Jewish Historians’ Autobiographies in the Late Twentieth Century
- Nationality and Citizenship in the light of Nationalhumanismus
- Biologische Identität im Judentum der Weimarer Republik
- Hannah Arendts politische Kierkegaard-Rezeption
- Richard Lichtheim (1885-1963). Eine politische Biographie
- Die Philosophie Siegfried Kracauers
- Relationales Denken und (Hebräische) Bibel: Bonhoeffer und Heschel
- Deutsche und italienische Wissenschaft des Judentums im 19. Jhdt.
- Abgeschlossene Projekte
- Veranstaltungen und Konferenzen
- Publikationen
- Lehre
- Martin Buber-Professur auf Facebook (externer Link)
Hebräische Entdeckung: Lesekultur deutschsprachiger Juden*Jüdinnen in den 1920er und 1930er Jahren
Forschungsprojekt von Judith Müller
Die Rezeption hebräischer Literatur unter deutschsprachigen Juden*Jüdinnen in den 1920er und 1930er Jahren ist geprägt vom Bruch im Jahr 1933 und der sich anschließenden Verdrängung deutscher Juden*Jüdinnen aus Verlagen, Presse sowie Räumen des Kultur- und Literaturkonsums. Der abrupte Ausschluss deutschsprachiger-jüdischer Schriftsteller*innen aus dem Publikationswesen sowie die öffentliche Verbrennung ihrer Werke hinterließ auch bei der jüdischen Leserschaft ein Verlangen nach Neuorientierung. Der Konsum der viel geschätzten deutschen Literatur wurde zumindest teilweise in Frage gestellt und die Möglichkeit, ohne sich Schmähungen auszusetzen Rezensionen etc. in der nicht-jüdischen Presse au konsultieren, war kaum noch möglich. So fand eine Hinwendung zur jüdischen Presse einerseits sowie zu jüdischen Schreibenden andererseits statt. Hierzu gehört auch das wachsende Interesse an hebräischer Literatur.
An dieser Stelle sei bemerkt, dass hebräische Literatur im deutschsprachigen Raum durchaus schon früher präsent war: In den 1910er Jahren war Wien, in den 1920er Jahren Berlin wichtiges Zentrum für hebräische Schriftsteller*innen, nachdem sich die moderne hebräische Literatur im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte und sich ihre Zentren von Odessa über Warschau und Lemberg kontinuierlich nach Westen verlagerten. Indem sowohl die 1920er als auch die 1930er Jahre zum Untersuchungszeitraum gehören, ermöglicht das Projekt die Gegenüberstellung dieser beiden Entwicklungen, hinterfragt aber auch die anfänglich gezogene scharfe Trennung zwischen der Produktion hebräischer Literatur im deutschsprachigen Raum in den 1920er Jahren und dem Konsum durch vor allem Juden*Jüdinnen in Deutschland und später Österreich in den 1930er Jahren.
In einem ersten Schritt werden folglich mögliche Berührungspunkte zwischen Hebräisch Schreibenden und deutschsprachigen Juden*Jüdinnen in den 1920er Jahren herausgearbeitet. Diese Berührungspunkte beziehen sich auf Begegnungen zum Beispiel in Cafés, auf die Besprechung hebräischer Publikationen in der jüdischen Presse, aber auch auf die Sprachdiskussionen unter deutschsprachig-jüdischen Intellektuellen vor allem unter dem Einfluss der Etablierung des Hebräischen als Alltagssprache im Yishuv. In einem Exkurs werden außerdem die Aufenthalte von Shmuel Yosef Agnon und Hai5m Nahman Bialik in Bad Homburg beleuchtet. Im zweiten Schritt liegt der Fokus auf Publikationen hebräischer Literatur und auch auf deren Übersetzung. Dieser Projektteil dient auch der Verdeutlichung, dass es zwar einen starken Umbruch ab 1933 gab, der vor allem aufgrund von Zwangsmaßnahmen von Seiten des NS-Regimes herbeigeführt wurde, dass aber vereinzelt bereits zuvor eine Lesekultur hebräischer Texte unter deutschsprachigen Juden*Jüdinnen bestand.
Im darauffolgenden Schritt geht es schließlich um die Zeit ab 1933. Zuerst soll wiederum die Analyse der jüdischen Presse verdeutlichen, welche Veränderungen sich tatsächlich nachweisen lassen, sei es die Menge, Länge und Tiefe von zum Beispiel Rezensionstexten moderner hebräischer Literatur. Viertens werden die Texte von Hebräisch Schreibenden betrachtet, die 1933 tatsächlich noch in Deutschland lebten und arbeiteten, um die Begegnung und das neu erfragen des Jüdischen vor dem Hintergrund der Verfolgung auch hier nachvollziehbar zu machen. Der fünfte Schritt zielt darauf ab, das Eindringen des Hebräischen jenseits von in deutschsprachiger Übersetzung vorliegender Literatur im kulturellen Raum deutschsprachiger Juden*Jüdinnen zu verorten; der Spracherwerb wird plötzlich zu einem beherrschenden Thema. Abschließend wird, sechstens, vergleichend die schweizerische jüdische Presse genauer betrachtet, um nachvollziehbar zu machen, welche Prozesse, die in der Lesekultur von deutschsprachigen Juden*Jüdinnen bisher festgestellt wurden auch außerhalb des zunehmend vom NS kontrollierten Raum zu finden oder nicht zu finden sind.
Somit ist das Projekt in der Thematik des deutsch-hebräischen Dialogs zu verorten und stellt eine Ausweitung von bisherigen Studien zur hebräischen Literatur in Berlin dar, indem es deren Rezeption analysiert und diese mit der Geistes- und Kulturgeschichte des deutschen Judentums verbindet.