GEIMER, Astrid M.A.

Gefärbte Textilien im vorgeschichtlichen Europa. Untersuchungen zur Ausbreitung der Färbekunst im vorgeschichtlichen Europa unter Einbeziehung von chemischen Farbanalysen.

Bis heute gibt es keine genauen Kenntnisse darüber, wie sich die Kunst, Textilien zu färben, in Europa ausgebreitet hat. Man weiß nicht, wann die Menschen dazu übergingen, ihre Kleidung oder andere Stoffe mit Hilfe von Pflanzen, Insekten oder auch Meeresschnecken farbig zu gestalten. Ebensowenig ist bekannt, welchen Weg die Kunst der Färberei von der südlichen Levante aus, wo sie bereits im frühen 4. Jt. v. Chr. ausgeübt wurde, bis in die Mitte und den Westen Europas genommen hat. Während für den Nordkaukasus Forschungsergebnisse zeigen, dass dort bereits zwischen 3700 und 3200 v. Chr. Stoffe künstlich gefärbt wurden, konnte man erst kürzlich mithilfe naturwissenschaftlicher Untersuchungen für das mitteleuropäische Hallstatt nachweisen, dass man dort am Übergang von der Mittleren zur Späten Bronzezeit ( ca. 1480-1245 v. Chr., dendrodatiert) Gewebe bunt gefärbt hat.

Verbreitete sich die Kunst des Färbens tatsächlich von Osten – also dem Orient – nach Europa und innerhalb des Kontinents dann immer weiter in den Westen aus? Was geschah zwischen dem 4. und 2. Jahrtausend vor Christus? Und wie ging es nach dem Einzelfall Hallstatt weiter?

Diese und ähnliche Fragen werden in meinem Dissertationsvorhaben untersucht. Genauer gesagt: Ab wann wurden in Europa Textilien künstlich gefärbt, wo geschah dies zuerst und mit welchen Färbedrogen. Dabei baue ich auf meiner Magisterarbeit auf, die sich bereits mit den Funden und Befunden vom Neolithikum bis zur Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. beschäftigte. In der Doktorarbeit wird die gesamte Zeitspanne vom Paläolithikum bis Christi Geburt erfasst. Geographisch beziehe ich mich auf ganz Europa, von der Iberischen Halbinsel im Westen bis zum Ural im Osten.

Die Auswertung der diesbezüglichen Literatur wird durch die Anwendung chemischer Farbanalysen unterstützt. Dazu werden Textilien aus unterschiedlichen Perioden und verschiedenen geographischen Regionen Europas ausgewählt, die anhand bestimmter Indizien vielleicht ursprünglich künstlich eingefärbt gewesen sein könnten. Von jedem ausgewählten Textil wird eine kleine Probe genommen, an der dann eine chemische Farbanalyse durchgeführt wird. Dabei werden die Proben zuerst durch Energiedispersive Röntgenspektroskopie am Rasterelektronenmikroskop (SEM-EDX) auf Verunreinigungen überprüft. Danach kann man durch die Anwendung von Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) bestimmen, welche Farbstoffe in den einzelnen Proben enthalten sind. Bestimmte Farbstoffkombinationen lassen dann auf ganz bestimmte Färbedrogen – z.B. Färberwaid, Krapp oder Kermes – schließen. Diese naturwissenschaftlichen Untersuchungen sollen einen zusätzlichen Beitrag liefern, die Ausbreitung der Färbekunst in Europa nachzuzeichnen.