Neues zur Evolution der Pflanzen

Chloroplasten und Cyanobakterien stärker verwandt als gedacht

Veröffentlicht am: Freitag, 13. Juli 2012, 12:28 Uhr (037)

Zum Vergrößern klicken. Chloroplasten sind vermutlich aus den Cyanobakterien hervorgegangen. Ihre genetische Information liegt heute im Zellkern der Pflanzenzelle (links). Das Kanalprotein Tic 22 ist in Chloroplasten und Cyanobakterien eng verwandt (Mitte). Struktur des Kanalproteins Tic 22 (rechts).


Prof. Enrico Schleiff und seine Arbeitsgruppe haben ein weiteres Puzzleteil gefunden, das erklärt, wie die komplexen Zellen der Pflanzen im Laufe der Evolution entstanden sind und wie sie heute funktionieren. Sein Forschungsgebiet  sind die Chloroplasten, in denen aus dem Sonnenlicht Energie für den Stoffwechsel der Pflanze gewonnen wird.

 Vor 2,5 bis 2 Milliarden Jahren waren die Vorläufer der Chloroplasten gängigen Theorien zufolge noch selbstständige Bakterien, die den heutigen Cyanobakterien ähnelten. Sie wurden zufällig von primitiven eukaryotischen (einen Kern enthaltenden) Zellen  „verschluckt“ und gingen mit ihnen eine fruchtbare Symbiose ein. Die genetische Information wurde in der Folge im Kern der Wirtszelle „zentralisiert“. Das bedeutet, dass die Chloroplasten die meisten Proteine nicht mehr selbst herstellten, sondern von ihrer Wirtszelle beliefert werden. Um herauszufinden, zu welchem Zeitpunkt in der Evolution das geschah, untersucht und vergleicht Schleiff Kanal- und andere Transportproteine in der Membran der Chloroplasten und der heute lebenden Cyanobakterien . Sie transportieren die Proteine dorthin, wo sie benötigt werden.

„Lange Zeit glaubte man, dass die Kanalproteine erst nach der Endosymbiose entstanden sind, aber jetzt wissen wir, dass sie auch schon in Cyanobakterien vorhanden sind“, erklärt Schleiff. Vor einiger Zeit konnte seine Gruppe zeigen, dass das Kanal bildende Protein in der äußeren Hülle auch in den Bakterien existiert. Jetzt  hat er mit seinem Team ein Protein identifiziert, welches den Transport zwischen der äußeren und inneren Membran vermittelt. Und das existiert sowohl in den Cyanobakterien als auch in den Chloroplasten.

Die Funktion des Transportproteins ist essentiell, da Cyanobakterien ohne dieses Eiweiß nicht überleben können. Wie nah die Cyanobakterien noch immer mit den Chloroplasten verwandt sind, zeigte sich, als die Forscher das pflanzliche Protein in den Bakterien produzierten. Es übernahm dann die Transportfunktion auch  in dem fremden Wirt. „Außerdem  konnten wir anhand der Struktur, die wir durch  Kristallisation des Proteins ermittelten, schlussfolgern, dass das es zu einer großen Familie von Chaperonen gehört. Diese sind am Transport von Eiweißen beteiligt, und zwar sowohl in Bakterien als auch in Eukarionten“, ergänzt Schleiff.

Zur Publikation im Journal of Biological Chemistry