Die bronzezeitliche Befestigung Bernstorf und ihr Siedlungsumfeld im Ampertal (Lkr. Freising, Oberbayern).

Förderung: DFG , Laufzeit: 2010 bis 2014

Wissenschaftliche Mitarbeiter: Vanessa Bähr M.A., Dr. Astrid Stobbe (Vegetationsgeschichte), Dr. Christoph Herbig (archäobotanische Makroreste)

Kooperationspartner: Prof. Dr. Rupert Gebhard, Direktor, Archäologische Staatssammlung München

Dr. Astrid Röpke (Bodenkunde und Mikromorphologie); weiterführendes eigenes DFG-Projekt: „Die bronzezeitliche Befestigung von Bernstorf (Oberbayern, Deutschland) – Geoarchäologisch-mikromorphologische Forschungen am Fundplatz und den prähistorischen Böden“ von 2013 bis 2014


Die bronzezeitliche Befestigung Bernstorf, Lkr. Freising wird seit dem 01. August 2010 im Rahmen eines DFG-Projektes und in Kooperation mit Herrn Prof. Dr. R. Gebhard, Archäologische Staatssammlung München, erforscht. Die Ergebnisse sollen in Form einer Dissertation nach Abschluss der aktuellen, ersten Verlängerungsphase im Juli 2014 von V. Bähr M.A. vorgelegt werden.

Die bronzezeitliche Befestigung auf dem Bernstorfer Berg wurde in den 1990er Jahren (wieder-)entdeckt und bis 2007 in Form von Notgrabungen begleitend zum Kiesabbau unter der Leitung des BLfD untersucht. Nach umfassenden geomagnetischen Untersuchungen und der Erstellung eines 3D-Gelände-Scans sowie einer ersten Grabungskampagne im Jahr 2007, wurde 2010 das DFG-Projekt bewilligt.

 
   
Bernstorf, Lkr. Freising. Höhenlinienplan des Bernstorfer Berges mit den drei Befestigungen (A = mittelbronzezeitliche
Befestigung; B = hallstattzeitliche Befestigung; C = mittelalterliche Abschnittsbefestigung) sowie die durch den Kiesabbau zerstörte
Fläche (rot umrandet ohne Höhenlinien) und vier ausgewählten Höhenangaben in Metern ü. NN. – Grabungsschnitte bzw. -flächen der
Kampagnen zwischen 1995 und 2011: 1 Grabungen Moosauer/Bachmaier 1995 bis1997; 2 Grabungen des Bayerischen Landesamtes f.
Denkmalpflege 1999–2005; 3-1 Grabung Goethe-Universität Frankfurt 2007; 3-2 Grabung Goethe-Universität Frankfurt 2010;
3-3 Grabung Goethe-Universität Frankfurt 2011.
 

Zu den wichtigsten Ergebnisse der ersten Grabungen seit 1995 zählt die Erkenntnis, dass die Befestigung aus einer Holz-Erde-Mauer bestand, die dendrochronologisch um 1340 v. Chr. datiert und auf ihrer gesamten Länge komplett verbrannt ist. Die Befestigungsmauer war ca. 1,65km lang und umschloss eine Fläche von ungefähr 12,8ha. Bernstorf ist somit die größte Befestigung dieser Art nördlich der Alpen während der mittleren Bronzezeit. Die Bedeutung des Fundplatzes wird durch die einzigartigen Gold- und Bernsteinfunde, die im Jahr 1999 bzw. 2000 entdeckt wurden, unterstrichen.

Da die Echtheit dieser spektakulären Fundstücke trotz der Analysen R. Gebhards noch immer umstritten ist, werden im Rahmen des DFG-Projektes weitere Untersuchungen durchgeführt. So z. B bestätigen neue Analysen an Teilen des Goldblechschmuckes, dass es sich um ein hochreines Material mit einem Goldgehalt von 99,7% handelt. Die in geringen Mengen vorhandenen Spurenelemente belegen, dass es sich nicht um modernes Gold handelt. Neue geoarchäologisch-mikromorphologische Untersuchungen von Frau Dr. A. Röpke (s.u.) widmen sich unter anderem der Analyse der Sedimentummantelungen, mit welchen die verzierten Bernsteine und die sorgfältig gefalteten Goldbleche vor ihrer Deponierung umschlossen wurden. Vorhandene pedogene Merkmale können dabei Hinweise auf ein (ggf.) hohes Alter der Ummantelungen und somit einen weiteren Beitrag zur Echtheit der Fundstücke liefern.

 
   

Während die einzigartigen Fundstücke seit ihrer Auffindung im Mittelpunkt des Interesses standen, fehlten bislang die Grundlagen zur Rekonstruktion der Besiedlungsgeschichte des Fundplatzes und zur Einordnung der besonderen Funde. Die Aufarbeitung und Auswertung der Altgrabungen und Altfunde sowie die Durchführung neuer Ausgrabungen sowohl im Bereich der Befestigungsmauer als auch vor allem im möglichen Siedlungsbereich bilden eine wichtige Aufgabe innerhalb des Projektes. Es gilt zu klären, zu welchen Zeiten, wie lange und wie intensiv der Bernstorfer Berg besiedelt war. Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Siedlung und Befestigung ist genauer zu betrachten. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass sich bronzezeitliche Siedlungsbefunde nur in geringer Zahl erhalten haben und eine starke hallstattzeitlichen Überprägung vorliegt. Die bestimmbare bronzezeitliche Keramik weist Verzierungen und Formen der Stufe BzB2 bis BzC2 auf. Einige Scherben lassen sich an den Übergang von der späten Früh- zur frühen Mittelbronzezeit einordnen und belegen somit eine längerfristige (mittel)bronzezeitliche Nutzung des Berges, an deren Ende die Errichtung der Befestigungsmauer stand. In Bezug auf den Brand der Holz-Erde-Mauer gilt es zu untersuchen, wann das Brandereignis stattfand und ob es sich um eine absichtliche Brandlegung handelte. Künftige und laufende Untersuchungen von Frau Dr. A. Röpke an dem Brandschutt der Mauer und weiterer verbrannter Strukturen sollen über Brenntemperatur und Art der Feuerquelle Auskunft geben können. Ebenso wichtig ist die Untersuchung des (zeitlichen) Zusammenhangs zwischen dem Brandereignis und der Deponierung der Gold- und Bernsteinfunde sowie mehrerer Keramikgefäße, die in geringem Abstand zu der Befestigung niedergelegt wurden. Die Klärung dieses Sachverhaltes könnte, besonders im Hinblick auf die scheinbar spärliche bronzezeitliche Besiedlung des Berges, wichtige Hinweise auf die Funktion der gesamten Anlage geben.

 
   

Die Frage nach der Funktion der bronzezeitlichen Befestigung bildet einen zentralen Punkt der neueren Forschungen. Die Funde von Gold und Bernstein (verziert und unverziert) legen die Vermutung nahe, dass Bernstorf in Bezug auf Güteraustausch und Ideentransfer eine wichtige Rolle spielte. Die Exzeptionalität der Gold- und Bernsteinfunde könnte die Anwesenheit lokaler Eliten wahrscheinlich machen. Ein Vergleich mit ähnlichen Schmuckformen im ägäischen Raum und der dort belegten Verwendung von Diademen sowie die sorgfältige Behandlung der Stücke vor Ort legen auch eine kultische Bedeutung des Fundplatzes nahe. In Anbetracht der Grabungsergebnisse ist zur Klärung der Funktion Bernstorfs ein Blick in das Siedlungsumfeld des Fundplatzes ebenfalls unerlässlich. Hier müssen besonders die Beziehungen zum Freisinger Domberg, dessen Besiedlung am Beginn der Mittelbronzezeit abbricht, genauer betrachtet werden. Doch auch die Erfassung zeitgleicher Siedlungen im unmittelbaren Umfeld Bernstorfs und die Rekonstruktion der Siedlungslandschaft werden unter dem Verdacht, dass die Befestigung selbst nicht umfangreich besiedelt war, immer wichtiger. Eng damit verknüpft sind Fragen nach dem wirtschaftlichen Hintergrund der Siedlungen sowie die Rekonstruktion der Landschaft. In diesem Zusammenhang wurden im Rahmen des Projektes archäobotanische Untersuchungen von Frau Dr. A. Stobbe durchgeführt. Aufgrund starker menschlicher Eingriffe (z.B. Abtorfung und Erntwässerung der Moose), konnten bislang jedoch noch keine intakten spät- und mittelholozänen Moorablagerungen erschlossen werden.

Ziel des Projektes ist die grundlegende Aufarbeitung der Befestigung Bernstorf und ihrer Besiedlungsgeschichte sowie die Einbettung des Fundplatzes in die Siedlungslandschaft im Ampertal und die Klärung der Stellung und Funktion in diesem Siedlungsgefüge. Auch die Bedeutung Bernstorfs in einem überregionalen bronzezeitlichen Austauschnetz von Gütern, Vorstellungen und Ideen, besonders im Hinblick auf die Kontakte in den ägäischen Raum, soll untersucht werden. Diese Fragen sollen mit archäologischen Mitteln sowie mithilfe vielfältiger naturwissenschaftlicher Ansätze und Methoden beantwortet werden.

 

Im Juni 2013 wurde das von Frau Dr. A. Röpke beantragte geoarchäologische Projekt zur Erforschung der Befestigung Bernstorf von der DFG bewilligt. Im Mittelpunkt des Projektes steht zunächst die geoarchäologische und mikromorphologische Untersuchung hitzebedingt veränderter Strukturen und Böden. Es sollen Kenntnisse zum Hitzegrad, dem Verlauf und zur Brandursache gewonnen werden. Einen zweiten Schwerpunkt bildet die Erforschung der Struktur und Genese des prähistorischen Siedlungsareals und seines Umfelds. Dabei sollen unter anderem Laufhorizonte, Paläooberflächen und bestimmte Nutzungsbereiche identifiziert werden, um die Siedlungsintensität und Nutzungsschwerpunkte festzustellen.

 

 

Literatur:

Bähr u.a. 2012:

V. Bähr / R. Krause / R. Gebhard, Neue Forschungen zu den Befestigungen auf dem Bernstorfer Berg bei Kranzberg, Landkreis Freising, Oberbayern. Bayer. Vorgesch.bl., 77, 2012, 5–41.

Gebhard 1999:

R. Gebhard, Der Goldfund von Bernstorf. Mit einem Beitrag von Manfred Moosauer. Bayer. Vorgesch.bl. 64, 1999, 1–18.

Gebhard/Rieder 2002:

R. Gebhard/ K. H. Rieder, Zwei bronzezeitliche Bernsteinobjekte mit Bild- und Schriftzeichen aus Bernstorf (Lkr. Freising). Germania, 80, 2002, 115–133.

Gebhard u.a. 2004:

R. Gebhard/W. Häusler/M. Moosauer/U. Wagner, Remnants of a Bronze Age Rampart in Upper Bavaria: A Mössbauer Study. Hyperfine Interactions 154, 2004, 181-197.

Herzig/Seim 2011:

F. Herzig/A. Seim, Dendrochronologische Untersuchungen an Holzkohlen der mittelbronzezeitlichen Wallanlage von Bernstorf. Ber. Bayer. Bodendenkmalpflege 52, 2011, 111–123.

Krause 2007:

R. Krause, Mediterrane Einflüsse in der Früh- und Mittelbronzezeit Mitteleuropas – Interaktionsraume und Kulturwandel. Ber. Bayer. Bodendenkmalpflege 47/48, 2007, 53–64.

Krause 2010:

R. Krause, Bronzezeitliche Kupfergewinnung in den Alpen – Überlegungen zur Organisation des Metallkreislaufs. In: H. Meller/F. Bertemes (Hrsg.), Der Griff nach den Sternen. Wie E ropas Eliten zu Macht und Reichtum kamen. Internationales Symposium in Halle (Saale) 16.–21. Februar 2005. Tagungen des Landesmus. fur Vorgesch. Halle (Saale), Band 05/II 2010 (Halle [Saale] 2010) 845–864.

Krause 2013:

R. Krause/R. Gebhard/V. Bähr, Gold, Bernstein und viele Rätsel. Verbrannte Befestigung von Bernstorf. Arch. in Deutschl. 3, 2013, 8-13.

Moosauer, u. a. 1998:

M. Moosauer/G. Bachmaier/R. Gebhard/F. Schubert, Die befestigte Siedlung der Bronzezeit bei Bernstorf, Ldkr. Freising. Vorbericht zur Grabung 1995–1997. In: H. Küster/A. Lang/P. Schauer (Hrsg.), Archäologische Forschungen in urgeschichtlichen Siedlungslandschaften. Festschr für Georg Kossack zum 75. Geburtstag. Regensburger Beitr. prähist. Arch. 5 (R gensburg 1998) 269–280.

Moosauer/Bachmaier 2005:

M. Moosauer/T. Bachmaier, Bernstorf. Das Geheimnis der Bronzezeit (Stuttgart 22005).

Rieder 2000:

K. H. Rieder, Neue Untersuchungen an der Bronzezeitlichen Befestigungsanlage von Bernstorf, Ldkr. Freising. Arch. Landkr. Freising, 7, 2000, 81–85.

Rieder 2002:

K. H. Rieder, zum Stand der archäologischen Untersuchungen an der bronzezeitlichen Befestigungsanlage von Bernstorf, Landkreis Freising. Arch. Landkr. Freising, 8, 2002, 137–141.

Dietl, C. & Röpke, A. 2011. Der bronzezeitliche Wall von Bernstorf (Kranzberg, Bayern) – Ergebnisse von Experimenten zur Brenntemperatur. http://www2.geog.uni-heidelberg.de/media/lehrstuehle/physio/tagung_geoarchaeologie2011_tagungsband.pdf

Röpke, A. & Dietl, C. 2012. Die verbrannte bronzezeitliche Befestigung von Bernstorf (Oberbayern): neue geoarchäologische Ergebnisse. http://geographie.physgeo.uni-leipzig.de/phygeo/files/2012/05/TagungLeipzig2012.pdf.