Wie kam das Ende des Neandertalers?

Nicht Vulkane, sondern unsere Vorfahren bedrohten ihn

Veröffentlicht am: Mittwoch, 25. Juli 2012, 14:32 Uhr (040)

von Anne Hardy

Was den Untergang des Neandertalers verursacht hat, ist in der Forschung immer noch ein heiß diskutiertes Thema. Das zeigt sich an den vielen Reaktionen auf ein gerade in PNAS veröffentlichtes Paper, an dem auch der Paläontologe Prof. Jörg Pross von der Goethe-Uni beteiligt war. Demnach waren nicht extreme Naturereignisse  für das Aussterben unseres Verwandten der Gattung Homo verantwortlich, sondern die Vorfahren des modernen Menschen.

Ein internationales Forscherteam unter britischer Leitung untersuchte Vulkanaschen, die sich nach Eruptionen in Italien während der letzten Eiszeit über weite Teile Europas verteilten. Die Proben stammten aus Griechenland, Libyen und vier zentral-europäischen Höhlen. Der Nachweis jeweils der gleichen Vulkan-Aschenlage an allen Fundstellen erlaubte es, archäologische Befunde mit Klimadaten, wie sie aus Pollenprofilen gewonnen wurden, zu synchronisieren.

Zuerst die bisher bekannten Fakten: Während der letzten Eiszeit, vor rund 50.000 Jahren, wanderten die Vorfahren des modernen Menschen von Afrika nach Europa ein und kamen dort mit dem Neandertaler in Kontakt. Vor etwa 40.000 Jahren nahm die Populationsdichte der Neandertaler merklich ab, bis ihre Spuren vor circa 30.000 Jahren endgültig verschwanden. Klimatisch fiel diese Zeit mit teilweise abrupten Wechseln zwischen Warm- und Kaltphasen zusammen, die sowohl den Neandertaler als auch den Vorfahren des modernen Menschen zu Wanderungen und den damit verbundenen Anpassungsleistungen zwangen.

Die Theorie: Lange hatte man massive  Vulkanausbrüche vor  40.000 Jahren als Ursache für das Aussterben des Neandertalers betrachtet. Aschewolken in der Atmosphäre verdunkelten damals die Sonne, so dass die Erde sich abkühlte. Dieser „vulkanische Winter“  machte dem Neandertaler der Theorie zufolge stärker zu schaffen als dem modernen Menschen.

Das internationale Forscherteam untersuchte nun mit bloßem Auge unsichtbare Vulkanasche aus einer Eruption, die mit einer Phase extrem kalten und trockenen Klimas zusammenfiel. Korreliert man diesen zuverlässigen zeitlichen Marker mit den archäologischen Befunden aus Höhlen, wo die Asche ebenfalls dokumentiert ist, so zeigt sich, dass sowohl die Neandertaler als auch die Vorfahren des modernen Menschen widerstandsfähiger gegenüber der Kälte waren als bisher angenommen. In anderen Worten: Das Szenario, wonach Vulkanausbrüche zum Untergang des Neandertalers beitrugen, lässt sich ausschließen.

 Auch kulturelle Fortschritte beider Populationen setzten vor den Vulkanausbrüchen ein und sind damit nicht als Anpassungsleistung an die gleichzeitig registrierten, extremen klimatischen Veränderungen zu verstehen.

Was also verursachte den Niedergang der Neandertaler? Die Forscher gehen davon aus, dass ihre Zahl schon vor den massiven Vulkanausbrüchen dezimiert wurde – und zwar durch die Konkurrenz mit dem modernen Menschen.

Zur Publikation in PNAS

Das Thema in der internationalen Presse Aufsehen erregt. Hier eine kleine Übersicht: